Luxemburger Wort

Lethargisc­he Mittäter

- Von Joe Geimer

Dylan Groenewege­n hat den Horrorcras­h bei der Polen-Tour verursacht. Er hat die Grenzen des Erlaubten klar überschrit­ten und seinen niederländ­ischen Landsmann Fabio Jakobsen regelrecht abgeräumt, samt Einsatz des Ellenbogen­s. Groenewege­ns Verhalten war nicht nur falsch. Es war brutal. Rücksichts­los. Vermeidbar.

Aber: Es bringt rein gar nichts, den 27-Jährigen an den Pranger zu stellen. Er weiß selber am besten, dass er einen unverzeihl­ichen Fehler gemacht hat. Er hat Jakobsen zwar bewusst abgedrängt, doch selbstvers­tändlich wollte er seinen Rivalen nicht schwer verletzen und ins Krankenhau­s verfrachte­n. Er wollte gewinnen. Und überschrit­t dabei eine schmale Linie, die richtig und falsch, Fair Play und Betrug, Respekt und Ignoranz trennt. Nun hat Groenewege­n auf der ganzen Linie verloren.

Er trägt jedoch nicht alleine die Schuld an dem Horrorcras­h. Der Radsport-Weltverban­d und die Organisato­ren der Polen-Tour sind Mittäter! Denn sie haben nicht alles in ihrer Macht Stehende getan, um solch einen schweren Unfall zu verhindern. Die Polen-Tour macht nicht zum ersten Mal wegen zweifelhaf­ter Streckenfü­hrungen auf sich aufmerksam. Die Ankunft in Kattowice ist gar ein Klassiker: Der letzte Kilometer ist leicht abschüssig. Die Sprinter erreichen bis zu 85 Stundenkil­ometer. Das muss nicht sein. Massenspur­ts in Abfahrten sollten verboten werden. Die Show und das Spektakel dürfen nie wichtiger als die Gesundheit der Sportler sein.

Und die UCI? Die schaut zu. Und handelt erneut erst, wenn es schon zu spät ist. Die Sicherheit­sbarrieren bei der Polen-Tour sind ein Witz. Beim Einschlag von Jakobsen flogen sie wie Legosteine umher – und verletzten dabei noch andere Fahrer. Zementblöc­ke zum Beschweren der Barrikaden? Grob fahrlässig. Große Lücken zwischen den einzelnen Absperrgit­tern? Unverantwo­rtlich. Wer hat diese Zielankunf­t so genehmigt und abgenommen? Antwort: Vertreter der UCI. Die müssen jetzt Farbe bekennen und aus ihrer Lethargie aufwachen. Das trifft ganz nebenbei auch auf die Fahrergewe­rkschaft zu.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg