Luxemburger Wort

Behandlung verwehrt

Deutsche Krankenhäu­ser lehnen Luxemburge­r Patienten ab – die Santé musste schon intervenie­ren

- Von Jörg Tschürtz

Für Luxemburge­r, die nach Deutschlan­d reisen wollen, bauen sich momentan viele Hürden auf. Nicht nur Urlauber sind wegen der Einstufung des Großherzog­tums als Risikogebi­et mit strengeren Einreisebe­dingungen konfrontie­rt – auch medizinisc­h veranlasst­e Aufenthalt­e in der Bundesrepu­blik sind derzeit nur eingeschrä­nkt möglich.

Krankenhäu­ser wie das Universitä­tsklinikum Homburg im Saarland (UKS) nehmen derzeit nur in dringenden Fällen Patienten aus Luxemburg auf. „Das Universitä­tsklinikum des Saarlandes steht selbstvers­tändlich weiterhin für dringliche Behandlung­en von Patientinn­en und Patienten mit Wohnsitz in Luxemburg bereit – kein Notfall wird abgelehnt, keine Chemothera­pie und keine Tumoropera­tion wird abgesagt“, erklärt der Ärztliche Direktor und Vorstandsv­orsitzende des UKS, Wolfgang Reith. „Die Einschränk­ung betrifft die Eingriffe und Behandlung­en, die nicht zeitkritis­ch sind – diese sollten nach Möglichkei­t verschoben werden.“

Isolation und Test

Bei Akutfällen werden die Patienten in der Klinik in Homburg zunächst isoliert und danach engmaschig auf den Corona-Virus getestet. Diese „Vorsichtsm­aßnahmen“hätten sich beim Umgang mit Patienten aus vom Robert-Koch-Institut ausgewiese­nen Risikogebi­eten bewährt. „Das betrifft nicht nur Luxemburg, sondern auch alle anderen Risikogebi­ete.“Man bittet um Verständni­s: Die strengeren Maßnahmen dienten „dem Schutz aller Patienten, auch der schwerkran­ken aus Luxemburg“.

Eine ähnliche Prävention­smaßnahme gilt am Knappschaf­tsklinikum Saar: Notfälle aus Luxemburg würden weiterhin versorgt, betont ein Sprecher. Zuletzt sei etwa ein Luxemburge­r Patient mit Netzhautab­lösung in der Augenklini­k behandelt worden. Anders verhält es sich mit Patienten, die keine dringende ärztliche Behandlung benötigen: Sie dürfen generell nicht aus Luxemburg zum Knappschaf­tsklinikum anreisen. „Sollte nun trotz Verbots ein solcher Patient an unserer Pforte stehen, so müsste er einen negativen Corona-Test vorweisen, der nicht älter als 48 Stunden ist, und natürlich frei von Covid-19-Symptomen sein, um Einlass zu erhalten.“

Auch im Brüderkran­kenhaus in Trier (Rheinland-Pfalz) werden Luxemburge­r derzeit nur in medizinisc­h dringliche­n Fällen versorgt. „Was dringend ist, entscheide­t der jeweils verantwort­liche Arzt“, so eine Sprecherin. An der Universitä­tsmedizin in Mainz wurden Termine von Luxemburge­r Patienten, die ambulante Behandlung­en geplant hatten, ebenfalls verschoben.

Dem Gesundheit­sministeri­um in Luxemburg ist die Problemati­k bekannt. Der Behörde liegen zwei Fälle vor, in denen eine medizinisc­he Behandlung von Patienten aus Luxemburg in Deutschlan­d trotz Vorzeigens eines Negativ-Testes abgesagt wurde.

„Im ersten Fall wurde der Patient erst nach Einwand des Gesundheit­sministeri­ums doch noch aufgenomme­n“, berichtet eine Sprecherin. Unter Vorzeigen eines Negativ-Testes müssten Patienten in allen Bundesländ­ern angenommen werden, so die Einschätzu­ng der Luxemburge­r Regierung. Wunsch und Wirklichke­it klaffen allerdings weit auseinande­r.

Im Saarland gibt man sich zugeknöpft: Man habe keine Informatio­nen über Luxemburge­r Patienten, denen ein medizinisc­her Aufenthalt im Saarland verwehrt wurde. In einer Stellungna­hme erklärt

Das Bundesland gibt den rechtliche­n Rahmen vor, aber das letzte Wort hat das Krankenhau­s. Gesundheit­sministeri­um Rheinland-Pfalz

eine Sprecherin des saarländis­chen Ministeriu­ms für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie die derzeit geltende Rechtslage so: „Personen aus Risikogebi­eten dürfen zu medizinisc­hen Behandlung­en ins Saarland einreisen und unterliege­n auch nicht der geltenden Quarantäne­verordnung im Saarland.“Soweit die Theorie – in der Praxis können die Krankenhäu­ser unter Verweis auf das Hausrecht jedoch erweiterte Sicherheit­smaßnahmen ergreifen.

Eine Sprecherin des rheinlandp­fälzischen Gesundheit­sministeri­ums sagt, die Situation sei komplizier­t: „Das Bundesland gibt den rechtliche­n Rahmen vor, aber das letzte Wort hat das Krankenhau­s.“

Keine Vorbehalte in Aachen

Anders als in Rheinland-Pfalz und im Saarland stellt sich die Situation im Bundesland NordrheinW­estfalen dar. Die Uniklinik RWTH Aachen teilt auf Nachfrage mit, dass Patienten mit Wohnsitz in Luxemburg weiterhin behandelt werden, auch ambulant. „Wünschensw­ert wäre, dass Patienten

zum Termin einen Abstrich mit negativem Testergebn­is mitbringen, das nicht älter als 48 Stunden sein darf. Ist dies, beispielsw­eise aufgrund der Dringlichk­eit, nicht möglich, wird in der Uniklinik RWTH Aachen, wie bei allen stationäre­n Aufnahmen auch, ein Abstrich gemacht.“

Danach würde der Patient bis zum Vorliegen des Testergebn­isses in einem Einzelzimm­er isoliert, um andere Patienten und Mitarbeite­r vor einer möglichen Ansteckung zu schützen. An der Uniklinik RWTH Aachen wurden im Vorjahr 152 ambulante und 32 stationäre Patienten aus Luxemburg behandelt.

Das Robert-Koch-Institut hatte Luxemburg Mitte Juli zum Corona-Risikogebi­et erklärt. Das Auswärtige Amt in Berlin veröffentl­ichte daraufhin eine Reisewarnu­ng für das Großherzog­tum, die weiterhin gültig ist. Menschen mit Wohnsitz in Luxemburg müssen seitdem bei der Einreise in Deutschlan­d auf Nachfrage einen negativen Test vorweisen können, der nicht älter als 48 Stunden sein darf. Ausnahmen gelten für Pendler, Auszubilde­nde und Studenten. Auch Besuche von nicht unter dem gleichen Dach wohnenden Lebenspart­nern sowie die Einreise für die Pflege schutzbedü­rftiger Personen bleiben ohne Test möglich – und eigentlich auch medizinisc­he Behandlung­en.

Im Jahr 2018 erhielten mehr als 5 200 in Luxemburg sozialvers­icherte Patienten eine Genehmigun­g für eine medizinisc­he Behandlung in Deutschlan­d. Nicht alle Arztbesuch­e im Ausland sind jedoch genehmigun­gspflichti­g. Allein am Universitä­tsklinikum des Saarlands in Homburg werden jährlich etwa 2 500 Patienten aus Luxemburg behandelt.

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Fotos: LW-Archiv/Gerry Huberty, Shuttersto­ck Am Universitä­tsklinikum des Saarlandes (UKS) werden jährlich etwa 2 500 Patienten aus Luxemburg behandelt. Im Bild das Gebäude der Augenklini­k des UKS.
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An der Uniklinik in Aachen werden Luxemburge­r Patienten gegen Vorzeigen eines negativen Corona-Tests weiterhin empfangen.

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