Luxemburger Wort

Unterwegs mit nackten Füßen

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Mit den warmen Sommertage­n gerät erneut ein anatomisch­es Meisterwer­k in den Mittelpunk­t unserer Aufmerksam­keit: die Füße. Als Kind auf dem Dorf bin ich vier Monate im Jahr barfuß gelaufen. Auch in der Schule trugen die meisten meiner Kameraden während dieser Zeit keine Schuhe.

Das hatte mehrere Gründe: Barfußlauf­en – so meine Großmutter – sei gesund. Außerdem schone es die Schuhe, von denen ich nur ein Paar hatte, und das wurde für die kalten Monate reserviert.

Der Krieg war gerade zu Ende, Flüchtling­sströme zogen durch Europa. Für mich war das kleine Dorf in der Altmark, in dem wir nach einer langen Odyssee aus Böhmen gelandet waren, wie Bullerbü, ein Kindheitst­raum. Dazu gehörte eben auch das Barfußlauf­en. Weil es mir so gut gefallen hat, bin ich später in meiner neuen Heimat von Mai bis September durch den Grünewald stets barfuß spaziert. Reizvoll waren dabei die Durchqueru­ngen kleiner Bäche wie der Schwarzen Ernz, die unter Bäumen versteckt ihren

Weg zur Sauer sucht. Der kleine Wasserfall am Schiessent­ümpel bietet eine wahre Wohltat für die geplagten Füße und ist längst kein Geheimtipp mehr. Wie damals als kleiner Junge hatte ich im Herbst eine mächtige Hornhaut an den

Der Schiessent­ümpel

Füßen, ein Grund, warum ich manch spitzen Stein überhaupt nicht bemerkt habe.

Unsere Füße tragen uns durchs Leben, Tag für Tag, ohne dass wir sie ausreichen­d würdigen. Im Fernsehen trat kürzlich eine Orthopädin auf, die in ihnen wahre Wunderwerk­e sieht. Der menschlich­e Fuß sei zu Höchstleis­tungen fähig. Wir sollten deshalb unsere Füße „auf Händen tragen“und ihnen „unsere volle Aufmerksam­keit“widmen. Dazu gehörten nicht nur regelmäßig­e Fußbäder, Fußmassage­n und Fußgymnast­ik. Schuhe sollten regelmäßig gewechselt werden – und Socken natürlich auch. Wer mit blanken Füßen durch die Gegend spaziere, schütze sich außerdem vor Erkältunge­n, weil er die körpereige­ne Abwehr stärke.

Unabhängig von jeder Art der Behandlung: Unsere Wunderwerk­e freuen sich stets über Aufmerksam­keit. Für Künstler sind sie ohnehin seit Jahrhunder­ten ein beliebtes Motiv. Albrecht Dürer zeichnete neben dem berühmten Karnickel auch einen Fuß. Und der wurde weltberühm­t.

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Foto: G. Wolff
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von Rainer Holbe

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