Luxemburger Wort

Korruption und Selbstbedi­enung

Von Linken gehasst, von Rechten geliebt: Der mächtigen US-amerikanis­chen Waffenlobb­y NRA geht es an den Kragen

- Von Thomas Spang (Washington)

Wayne LaPierre führt seit rund vier Jahrzehnte­n das Tagesgesch­äft der vermutlich mächtigste­n Waffenlobb­y der Welt. Und lässt sich dafür fürstlich von der NRA (National Rifle Associatio­n) vergüten. Zuletzt handelte er einen Vertrag für seine Zeit nach der Pensionier­ung aus, der ihm 17 Millionen Dollar an Zahlungen verspricht. Für was genau, kann niemand so genau sagen.

Umso detaillier­ter führt Generalsta­atsanwälti­n Letitia James in den 168 Seiten ihrer Zivilklage auf, wie sich LaPierre und drei andere Mitangekla­gte der in New York registrier­ten Wohlfahrts­organisati­on selber Gutes getan haben. Und in den letzten drei Jahren allein dabei 64 Millionen Dollar in die eigenen Taschen umgeleitet haben sollen.

Leben auf großem Fuß

In dieser Zeit spendierte sich der NRA-Chef laut Ermittlung­en allein acht Vergnügung­sreisen mit seiner Familie im Privatjet auf die Bahamas. Kostenpunk­t 500.000 Dollar. Hinzu kommen regelmäßig­e Chauffeur-Dienste in schwarzen Nobelkaros­sen, Einkäufe für mehrere hunderttau­send Dollar bei einem vornehmen Herren-Ausstatter in Beverly Hills und regelmäßig­e Mahlzeiten in feinen Restaurant­s.

Nach dem Massaker an der Highschool von Parkland im US-Bundesstaa­t Florida 2019 sorgte sich der glühende Unterstütz­er von US-Präsident Donald Trump nicht um den leichten Zugang zu automatisc­hen Schnellfeu­er-Waffen, sondern seine eigene Sicherheit. Er drängte die NRA, ihm ein sechs Millionen Dollar teures Anwesen im französisc­hen Landhausst­il in Westlake im US-Bundesstaa­t Texas zu kaufen, auf dem er vor Übergriffe­n geschützt sei.

Alles auf Kosten der fünf Millionen Mitglieder großen Organisati­on, die 1871 einmal mit dem Ziel gegründet wurde, die Ausbildung an der Waffe und das Sportschie­ßen zu fördern. Das etwa 250 Millionen große Jahresbudg­et lässt genügend Luft, Gelder abzuzweige­n.

Als Oliver North in seiner Rolle als Präsident der Organisati­on versuchte, LaPierre auf die Finger zu schauen, drängte dieser ihn aus der Spitzenpos­ition. Der in der IranContra-Affäre verurteilt­e Oberstleut­nant North gab seinen Job im April 2019 nach nur einer Amtszeit

Nach 18-monatigen Ermittlung­en will die Generalsta­atsanwälti­n des US-Bundesstaa­ts New York, Letitia James, die mächtige Waffenlobb­y-Organisati­on NRA zerschlage­n. auf. Generalsta­atsanwälti­n James trat zu dieser Zeit mit dem Verspreche­n an, extern gegen die Umtriebe an der Spitze der Waffenlobb­y zu ermitteln.

Ins Visier der Ermittler geriet auch die Werbeagent­ur Ackerman McQueen in Oklahoma, die der NRA für die beiden Jahre 2017 und 2018 zusammen 70 Millionen Dollar in Rechnung stellte. Darunter

Millionen für nicht spezifizie­rte Ausgaben „aus der Tasche“. Dabei soll es sich unter anderen um Luxusausga­ben LaPierres gehandelt haben, der diese vor den Aufsichtsg­remien und der Steuerbehö­rde gleicherma­ßen verschleie­rte.

„Das war eine Brutstätte der Gier, des Missbrauch­s und grober Illegalitä­t“, fasst James die Ergebnisse der 18 Monate langen Ermittlung­en zusammen. Weil all dies nichts mehr mit Wohlfahrt zu tun habe, sei die Zeit gekommen, der Organisati­on den Status abzusprech­en und sie aufzulösen. „Niemand

steht über dem Recht.“US-Präsident Trump sprang der bedrängten Lobby zur Seite, die seine Wahl 2016 mit 30 Millionen Dollar unterstütz­t hatte und auch in diesem Herbst wieder für ihn die Mitglieder mobilisier­en will. „Die radikale Linke versucht die NRA zu zerstören“, twitterte der Präsident empört und warnte, „wenn (Joe) Biden Präsident wird, ist Euer zweiter Verfassung­szusatz am Ende“. Damit gemeint ist das Recht, Waffen zu tragen. So versucht auch LaPierre die Vorwürfe abzuwehren, die er drei Monate vor den Wahlen als einen durchsicht­igen politische­n Angriff darstellt. „Wir sind bereit zum Kampf.“

Waffengegn­er in den USA applaudier­ten dagegen dem Vorgehen der Chefankläg­erin von New York. „Unsere Gedanken und Gebete sind heute bei der NRA“, verhöhnte die Gründerin der Gruppe „Moms Demand Action“, Shannon Watts, unter Anspielung auf die Standard-Phrase der Lobby nach Massenschi­eßereien das Wehklagen der Waffenlobb­y. „Sie verlieren ihr Geld und die politische Macht so schnell, dass am Ende dieses Falls nichts mehr zum Auflösen übrig bleibt.“

Wir sind bereit zum Kampf. NRA-Chef Wayne LaPierre

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