Hü, hott, Hansen
Die CSV-Fraktionschefin äußert sich im Pferdekutschen-Interview über Mobilität und die Verfassung der Christsozialen
In eine andere Zeit zurückversetzt fühlt man sich schon, wenn in Munshausen die Pferdekutschen des Tourismuszentrums Robbesscheier an einem vorbei fahren. Während einer Fahrt mit den zwei PS-starken Gefährten ist die Gegenwart allerdings schnell wieder präsent, denn ein bisschen holperig ist die ganze Angelegenheit schon. Dafür wird man aber mit tollen Landschaftseindrücken entschädigt. Das spielte vielleicht auch eine Rolle bei der Entscheidung von CSV-Fraktionschefin Martine Hansen, das Angebot zur Teilnahme an der Interviewserie „Unterwegs mit ...“anzunehmen.
Während es in einem Gefährt aus der Vergangenheit durch die Ortschaft und die nahe Umgebung geht, redet Hansen über die Mobilität der Gegenwart und der Zukunft. So müssten die Kapazitäten des öffentlichen Transports ausgebaut werden, beispielsweise ein zweites Bahngleis in Richtung Norden. Nur eine höhere Zuverlässigkeit könne die Menschen zum Umstieg bewegen. Hier setzt sie ihre Hoffnungen vor allem in den Umbau des Ettelbrücker Bahnhofs.
Mobilitätsmix als Lösung
Trotzdem werde das Auto, vor allem im ländlichen Raum, seinen Platz behalten, Hansen plädiert für einen Mobilitätsmix. Beim Auto setzt sie neben Elektro und Wasserstoff auch auf umweltfreundlichere Verbrennungsmotoren, denn: „Ganz können wir darauf nicht verzichten“. Doch auch bei der Elektromobilität sieht sie noch Nachholbedarf, vor allem mit Blick auf die Arbeitsbedingungen von Kindern, die in Afrika Kobalt, der
Elektromobilität muss nachhaltiger werden.
für den Bau von Batterien benötigt wird, abbauen. „Elektromobilität muss nachhaltiger werden, wir können nicht sagen, was im Rest der Welt passiert, ist uns egal.“Generell fordert sie mehr Tempo, insbesondere beim Bau des Netzes von Schnellladestationen.
Auch wenn die Politik die Menschen in die richtige Richtung lenken müsse, lehnt Hansen die Erhöhung der Akzisen auf Benzin und Diesel als Lenkmittel ab. „Wir können nicht jetzt schon die Menschen bestrafen, die kein Elektroauto haben, wenn es für sie noch keine Alternative zum klassischen Motor gibt.“Natur- und Umweltschutz müssten mit den Menschen und nicht mit dem mahnenden Zeigefinger betrieben werden.
Beim Verkehr sieht Hansen den ländlichen Raum, besonders den Norden des Großherzogtums, benachteiligt. Dies sowohl beim öffentlichen wie beim Individualverkehr. „Bei der N 7 fehlt der Wille, die Strecke trotz hohen Verkehrsaufkommens auszubauen.“Zu diesem Ausbau zählt unter anderem auch die Umgehungsstraße von Hosingen. Hier hatten Transportminister
François Bausch und sein damaliger Staatssekretär Claude Turmes (beide Déi Gréng) vor zwei Jahren einen Beginn der Arbeiten in der zweiten Jahreshälfte 2020 angekündigt, was derzeit jedoch wenig realistisch erscheine, so Hansen. Die CSV spreche sich zudem für einen vierspurigen Ausbau der gesamten N 7 aus.
Wenn der Bau von Infrastrukturprojekten an den Besitzverhältnissen zu scheitern droht, kann sich Hansen durchaus Enteignungen vorstellen, allerdings zu einem fairen Preis. „Der Staat besitzt mittlerweile viel Land, so dass auch viel über Tausch möglich ist, denn es ist für einen landwirtschaftlichen Betrieb nicht einfach, wenn er zehn Hektar verliert.“
Beim Fahrrad müsse man zwischen Beruf und Freizeit unterscheiden. Sie fordert einen Ausbau des Radwegenetzes und die Schaffung von Auffangparkplätzen rund um die Hauptstadt. Um den Bau von Radpisten zu beschleunigen, müssten die Prozeduren vereinfacht werden. Hansen stellt zudem die Frage in den
Raum, ob es bei den Radwegen immer „Luxusversionen“brauche. Auch im touristischen Bereich sieht sie noch Luft nach oben, beispielsweise rund um den Stausee.
Manchmal verläuft die Kutschfahrt etwas holperig, was einen Übergang zur CSV darstellt. Die Partei schafft es nämlich nicht, mit einer Stimme zu sprechen. Beispielsweise bei der Frage, ob in der Corona-Krise Kontrollen zur Einhaltung der sanitären Maßnahmen im privaten Bereich durchgeführt werden sollen. Während Parteipräsident Frank Engel im „Wort“Interview
dafür plädiert, lehnt der ehemalige Spitzenkandidat Claude Wiseler dies in der Chamber strikt ab. Da stellt sich die Frage: Was ist denn nun die Position der CSV?
Fraktion ist nicht Partei
„Wir haben in einer Fraktionssitzung, bei der auch der Parteipräsident dabei war, darüber diskutiert und uns darauf geeinigt, dass wir nicht wollen, dass die Polizei einfach ins Wohnzimmer oder Schlafzimmer der Menschen gehen kann.“Es bedürfe aber dennoch klarer Regeln, die an Strafen gekoppelt sind. Auch bei der Sperrstunde für Cafés gehen die Meinungen zwischen Fraktion und Partei auseinander. Während Engel darüber diskutieren möchte, diese von 24 auf 22 Uhr nach vorne zu verlegen, lehnt Hansen dies ab. „Wenn ich mich im Café an die Regeln halte, ist es zwischen 22 und 24 Uhr nicht gefährlicher als zwischen 20 und 22 Uhr.“
Warum ihre Partei im jüngsten Politmonitor weiter an Zustimmung verloren hat, darüber rätselt Hansen. „Wir weisen Alternativen auf, letztes Jahr ein Familien- und dieses Jahr ein Wohnungsmarktpaket, im Herbst kommen Vorschläge zur Gesundheitspolitik. Bringen wir diese Vorschläge falsch unter die Leute, sind sie an sich falsch, oder sind es die falschen Themenbereiche? Letzteres glaube ich jedenfalls nicht.“Doch diese Fragen konnten nicht einmal in der frischen Luft des Öslings abschließend beantwortet werden.