Luxemburger Wort

Paradies in Gefahr

Flora und Fauna sind bedroht – Tonnen von Schweröl fließen derzeit in das Meer vor der Insel Mauritius

- Von Johannes Dieterich (Johannesbu­rg)

Im Urlaubspar­adies Mauritius bahnt sich eine womöglich katastroph­ale Ölpest an, nachdem an der Ostküste der Insel im Indischen Ozean ein Tanker auf eine Korallenba­nk aufgelaufe­n ist und nun auseinande­r zu brechen droht. Das unter der Flagge Panamas fahrende japanische Schiff „MV Wakashio“war bereits am 25. Juli bei schwerem Wetter auf Grund gelaufen, hatte jedoch zunächst kein Öl verloren.

Am vergangene­n Donnerstag brach jedoch der Brennstoff­tank des 300 Meter langen Schiffes auf und setzte in unmittelba­rer Nähe zu einem geschützte­n Feuchtgebi­et und einem Meeresschu­tzgebiet Tonnen von Schweröl frei. Die „MV Wakashio“war auf ihrer Fahrt von China nach Brasilien mit einem Treibstoff­vorrat von 3 800 Tonnen Schweröl sowie 200 Tonnen Diesel beladen – ihre Frachttank­s, die mehr als 200 000 Tonnen Rohöl fassen, sind glückliche­rweise jedoch leer.

Raue See erschwert erste Rettungsak­tionen

Versuche, den Treibstoff­tank des Schiffes leer zu pumpen, mussten angesichts der rauen See abgebroche­n werden. Auch die 20-köpfige Crew der Wakashio wurde inzwischen evakuiert. Seit Donnerstag ergießt sich aus dem Tanker allerdings ein breiter Strom an Schweröl, der sowohl das Feuchtgebi­et Pointe d’Esny wie auch ein weltberühm­tes Schnorchel-Paradies, die „Blaue Bucht“, bedroht. Dort sind zahllose Fische, Pflanzen und Insekten beheimatet, die es teilweise nur auf Mauritius gibt.

„Ich bin so zornig!“, zitiert die Washington Post den ehemaligen

Parlamenta­rier Sunil Dowarkasin­g, der sich inzwischen dem Naturschut­z verschrieb­en hat: „Zwölf Tage lang hat die Regierung untätig zugeschaut, wie sich hier eine Umweltkata­strophe anbahnte.“Dem Ökologen zufolge handelt es sich bei den Korallenbä­nken vor der mauritisch­en Küste um einzigarti­ge, bis zu 100 Jahre alten Gebilde von Steinkoral­len. Außerdem seien Mangrovenh­aine und nirgendwo anders beheimatet­e Chamäleons bedroht.

Die Regierung von Mauritius rief inzwischen den Notstand über den 1,3 Millionen Einwohner zählenden Inselstaat aus. „Eine vergleichb­are Katastroph­e hat es hier noch nie gegeben“, sagte Fischerei-Minister Sudheer Maudhoo: „Wir sind nicht ausreichen­d ausgerüste­t, um einem derartigen Problem begegnen zu können.“

Premiermin­ister Pravin Jugnauth bat sowohl die Vereinten Nationen wie auch die französisc­he Regierung um Hilfe: Die zu Frankreich gehörende Insel Réunion ist nur gut 100 Kilometer von Mauritius entfernt. Von dort wurde am Wochenende ein Flugzeug mit Experten sowie ein Schiff mit Geräten zur Eindämmung des Ölteppichs auf den Weg gebracht. „Wenn die Artenvielf­alt gefährdet wird, ist Eile geboten“, textete Staatschef Emmanuel Macron am Samstag auf Twitter: „Frankreich ist da. Wir stehen an der Seite der Mauritier.“

Japanische Reederei verspricht Verantwort­ung zu tragen

Nagashiki Shipping, die japanische Reederei der Wakashio, meldete sich unterdesse­n mit der Versicheru­ng zu Wort, ihre ökologisch­e Verantwort­ung „außerorden­tlich ernst“zu nehmen. Sie werde alles unternehme­n, um gemeinsam mit beauftragt­en Partnerfir­men das Öl-Leck zu schließen und die genaue Ursache des Unglücks an den Tag zu bringen. Allerdings konnten wegen des Wellengang­s bisher am Schiff selber keine Arbeiten verrichtet werden: Das Wetter soll sich sogar noch verschlech­tern. Ein völliges Auseinande­rbrechen der „WV Wakashio“hätte katastroph­ale Folgen, sagen Experten.

Die mauritisch­e Bevölkerun­g sucht den Ölteppich derzeit mit von Zuckerrohr­blättern gefüllten Säcken einzudämme­n. Friseure der Insel boten den Bewohnern kostenlose­s Haare-Schneiden an, weil Haare ebenfalls das Schweröl an sich binden. Mauritius ist sowohl auf den Fischfang angewiesen wie auf die Einnahmen aus dem Tourismus: Im vergangene­n Jahr besuchten insgesamt 1,4 Millionen Urlauber das Insel-Paradies.

Wegen der Corona-Pandemie kam diese Einnahmequ­elle seit April dieses Jahres bereits völlig zum Erliegen: Obwohl Mauritius die Ausbreitun­g des Virus schnell unter Kontrolle bringen konnte.

Greenpeace sieht nun „Tausende an Tierarten“in Gefahr, „mit schrecklic­hen Folgen für die Wirtschaft von Mauritius, seine Ernährungs­sicherheit und das Gesundheit­swesen“, heißt es in einer Mitteilung der Umweltschu­tzorganisa­tion. „Einmal mehr sehen wir die Risiken des Erdölhande­ls: Die Verschlimm­erung der Klimakrise, die Zerstörung der Ozeane und der Artenvielf­alt, sowie die Gefährdung der Lebensgrun­dlage der Bevölkerun­g“.

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Fotos: AFP Die „MV Wakashio“, die unter panamaisch­er Flagge unterwegs ist, lief bereits Ende Juli in der Nähe des Blue Bay Marine Park auf Grund.
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Dort, wo das Öl bereits die Küste erreicht hat, versuchen die Einheimisc­hen, mit Kräften zur Säuberung beizutrage­n.
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Aus der Vogelpersp­ektive sind die bisherigen Verschmutz­ungen durch auslaufend­es Öl bereits deutlich zu erkennen.

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