Maßgeschneidert
In der Hauptstadt greifen immer mehr Touristen auf individualisierte Führungen zurück
Luxemburg. ,,Coronabedingt war der eigentliche Saisonauftakt erst am Pfingstwochenende mit knapp 300 Besuchern. Das ist nur ein Sechstel von dem, was wir vergangenes Jahr noch hatten“, sagt Tanja Bollendorf vom Luxembourg City Tourist Office (LCTO). Das macht deutlich, wie schleppend der Tourismus wieder anläuft. Die Tendenz ist aber insgesamt steigend. Denn: „Jetzt sind Schulferien, da merkt man schon, dass die Leute noch mal raus und was erleben wollen.“
Im Lockdown war natürlich auch das LCTO-Informationsbüro am Knuedler geschlossen, die Angestellten im Home-Office. „Wir haben die Zeit genutzt, um an den aktuellen Projekten weiterzuarbeiten, haben diskutiert, wie man die Touristen auch in Corona-Zeiten erreichen kann und uns auch viel an Online-Aktivitäten einfallen lassen“, so Bollendorf.
Die Instanz, die die ganze Stadt mit vermarktet
Und: „Wir haben sehr schnell im Internet Frequently Asked Questions von Touristen und Besuchern der Stadt zusammengetragen. Die Lage war zu Anfang für viele alles andere als klar. Die Situation hat sich fast wöchentlich verändert, so dass wir viel recherchieren mussten, um adäquat informieren zu können.“
Das Angebot hat sich in dieser Zeit verändert: Viele Museen haben sich virtuelle Besuche einfallen lassen, welche das LCTO auf seiner Internetseite komprimiert und zu den einzelnen Partnern verlinkt hat. Denn: „Wir sind ja die Instanz, die die ganze Stadt mit vermarktet. In diesem Sinne war auch ,Luxembourg City is always at your fingertips´ angelegt“, berichtet die junge Frau.
Laut Tanja Bollendorf setzt das LCTO aktuell auf Einheimische und Bewohner der Großregion.
Dass Luxemburg vom Nachbarland Deutschland zum Risikogebiet erklärt worden ist, hat natürlich auch Auswirkungen auf die Arbeit des LCTO. „Die Deutschen stellen bei uns mit einem Viertel der Besucher die größte Gruppe dar. Sie waren auch die ersten, die nach dem Lockdown wiedergekommen sind und zwar recht zahlreich. Die Zahlen sind dann aber von einem Tag auf den anderen eingebrochen, nachdem das Auswärtige Amt in Berlin die Reisewarnung für Luxemburg ausgesprochen hatte. Das ist sehr schade. Es kommen aber trotzdem immer noch einige deutsche Touristen und es rufen Besucher aus Deutschland an und fragen, ob es in Luxemburg tatsächlich so dramatisch ist, wie es in den Medien dargestellt wird. Das gibt uns die Möglichkeit, zu erklären, warum Luxemburg die hohen Infektionszahlen hat und wie die Behörden beim Testen vorgehen. Das hilft stark, das Bild im Ausland noch mal zu relativieren und zurechtzurücken“, erklärt Bollendorf.
„Wir haben natürlich viele Maßnahmen ergriffen, um den Besuchern ein gutes Gefühl zu geben, wenn sie zu uns kommen. Wir zeigen sehr deutlich, wie wichtig es uns ist, die sanitären Maßnahmen einzuhalten. Das Empfangsbüro haben wir entsprechend umgebaut, wir stellen Desinfektionsmittel zur Verfügung, die Zahl der Personen, die sich gleichzeitig im Büro aufhalten, ist stark begrenzt, wir haben Maskenpflicht. Bei den geführten Stadtbesichtigungen tragen der Gästeführer und alle Teilnehmer Maske. Die Gruppengröße ist auf zehn Personen, einschließlich Guide, begrenzt, so dass man mit einem sicheren und guten Gefühl an unseren Aktivitäten teilnehmen kann“, so Bollendorf weiter.
Die vielen Facetten der Stadt auf eigene Faust entdecken
Apropos Stadtführungen: Viele bevorzugen im Moment, die Stadt auf eigene Faust zu entdecken und genießen diese Touren, weil die Straßen und Wege nicht überfüllt sind. Was am meisten interessiert, sind die Broschüren über thematische Rundgänge, mit denen man selbst bestimmte Facetten der Stadt entdecken kann, zum Beispiel die Geschichte der Stadt Luxemburg.
„Wir haben Rundgänge, die wir sehr empfehlen, mit einem privaten Gästeführer beispielsweise. Da bemerken wir eine gewisse Nachfrage momentan, für Familien oder Gruppen von Freunden, die gerne unter sich bleiben möchten in Corona-Zeiten. Für Kinder haben wir speziell die City Promenade for Kids und die City Safari“, erläutert Tanja Bollendorf.
„Die rund 30 Thementouren sind eigentlich nur Ideen, die sich frei kombinieren lassen. Am liebsten haben kleine Gruppen ein individuell zusammengestelltes Programm, das gemäß den Interessengebieten – zum Beispiel Kunst im Stadtbild, Architektur, Stadtund Festungsgeschichte, sakrales Erbe – maßgeschneidert wird. Wir haben Gästeführer, die auf den unterschiedlichsten Gebieten Experte sind. Deshalb ist es auch eine so tolle Option, die jetzt in Zeiten von Corona gefragter ist. Weil wenn man sich zu neunt die Kosten für einen Gästeführer teilt, sind diese überschaubar. Man zahlt pro Kopf dann weniger als für eine City Promenade oder den WenzelRundgang“, erklärt Tanja Bollendorf.
Die am meisten gefragte Tour ist und bleibt aber die durch den großherzoglichen Palais. Angeboten werden bis zu acht Besichtigungen pro Tag in unterschiedlichen Sprachen. Ein weiterer Verkaufsschlager, die Besichtigung der Bock-Kasematten, kann in Corona-Zeiten wegen der Enge der Gänge nicht angeboten werden.
Neue Situation mit anderen Zielgruppen
Wie lange die coronabedingte Situation anhält, weiß aktuell niemand. „Wir gehen davon aus, dass uns dieses Virus noch länger beschäftigen wird, als wir uns das wünschen. Mit Sicherheit müssen wir darüber nachdenken, wie wir uns in Zukunft anders aufstellen, und da sind wir nicht allein. Die ganze Tourismusbranche wird diese Überlegungen führen müssen und wird sie auch zusammen führen. Die regionalen Tourismusbüros genauso wie die nationale Vermarktungsstruktur Luxembourg for Tourism. Aber natürlich ist uns bewusst, dass viele Fernreisende momentan Luxemburg nicht besuchen, dass viele eher auf den regionalen Tourismus setzen werden. Das bedeutet, dass wir auf Touristen aus dem eigenen Land, Expats und Menschen aus der Großregion setzen. Das sind aktuell unsere Zielgruppen. Und ich glaube, dass sie auch noch eine ganze Weile wichtig sein werden“, betont Tanja Bollendorf.