Luxemburger Wort

Maßgeschne­idert

In der Hauptstadt greifen immer mehr Touristen auf individual­isierte Führungen zurück

- Von Rita Ruppert

Luxemburg. ,,Coronabedi­ngt war der eigentlich­e Saisonauft­akt erst am Pfingstwoc­henende mit knapp 300 Besuchern. Das ist nur ein Sechstel von dem, was wir vergangene­s Jahr noch hatten“, sagt Tanja Bollendorf vom Luxembourg City Tourist Office (LCTO). Das macht deutlich, wie schleppend der Tourismus wieder anläuft. Die Tendenz ist aber insgesamt steigend. Denn: „Jetzt sind Schulferie­n, da merkt man schon, dass die Leute noch mal raus und was erleben wollen.“

Im Lockdown war natürlich auch das LCTO-Informatio­nsbüro am Knuedler geschlosse­n, die Angestellt­en im Home-Office. „Wir haben die Zeit genutzt, um an den aktuellen Projekten weiterzuar­beiten, haben diskutiert, wie man die Touristen auch in Corona-Zeiten erreichen kann und uns auch viel an Online-Aktivitäte­n einfallen lassen“, so Bollendorf.

Die Instanz, die die ganze Stadt mit vermarktet

Und: „Wir haben sehr schnell im Internet Frequently Asked Questions von Touristen und Besuchern der Stadt zusammenge­tragen. Die Lage war zu Anfang für viele alles andere als klar. Die Situation hat sich fast wöchentlic­h verändert, so dass wir viel recherchie­ren mussten, um adäquat informiere­n zu können.“

Das Angebot hat sich in dieser Zeit verändert: Viele Museen haben sich virtuelle Besuche einfallen lassen, welche das LCTO auf seiner Internetse­ite komprimier­t und zu den einzelnen Partnern verlinkt hat. Denn: „Wir sind ja die Instanz, die die ganze Stadt mit vermarktet. In diesem Sinne war auch ,Luxembourg City is always at your fingertips´ angelegt“, berichtet die junge Frau.

Laut Tanja Bollendorf setzt das LCTO aktuell auf Einheimisc­he und Bewohner der Großregion.

Dass Luxemburg vom Nachbarlan­d Deutschlan­d zum Risikogebi­et erklärt worden ist, hat natürlich auch Auswirkung­en auf die Arbeit des LCTO. „Die Deutschen stellen bei uns mit einem Viertel der Besucher die größte Gruppe dar. Sie waren auch die ersten, die nach dem Lockdown wiedergeko­mmen sind und zwar recht zahlreich. Die Zahlen sind dann aber von einem Tag auf den anderen eingebroch­en, nachdem das Auswärtige Amt in Berlin die Reisewarnu­ng für Luxemburg ausgesproc­hen hatte. Das ist sehr schade. Es kommen aber trotzdem immer noch einige deutsche Touristen und es rufen Besucher aus Deutschlan­d an und fragen, ob es in Luxemburg tatsächlic­h so dramatisch ist, wie es in den Medien dargestell­t wird. Das gibt uns die Möglichkei­t, zu erklären, warum Luxemburg die hohen Infektions­zahlen hat und wie die Behörden beim Testen vorgehen. Das hilft stark, das Bild im Ausland noch mal zu relativier­en und zurechtzur­ücken“, erklärt Bollendorf.

„Wir haben natürlich viele Maßnahmen ergriffen, um den Besuchern ein gutes Gefühl zu geben, wenn sie zu uns kommen. Wir zeigen sehr deutlich, wie wichtig es uns ist, die sanitären Maßnahmen einzuhalte­n. Das Empfangsbü­ro haben wir entspreche­nd umgebaut, wir stellen Desinfekti­onsmittel zur Verfügung, die Zahl der Personen, die sich gleichzeit­ig im Büro aufhalten, ist stark begrenzt, wir haben Maskenpfli­cht. Bei den geführten Stadtbesic­htigungen tragen der Gästeführe­r und alle Teilnehmer Maske. Die Gruppengrö­ße ist auf zehn Personen, einschließ­lich Guide, begrenzt, so dass man mit einem sicheren und guten Gefühl an unseren Aktivitäte­n teilnehmen kann“, so Bollendorf weiter.

Die vielen Facetten der Stadt auf eigene Faust entdecken

Apropos Stadtführu­ngen: Viele bevorzugen im Moment, die Stadt auf eigene Faust zu entdecken und genießen diese Touren, weil die Straßen und Wege nicht überfüllt sind. Was am meisten interessie­rt, sind die Broschüren über thematisch­e Rundgänge, mit denen man selbst bestimmte Facetten der Stadt entdecken kann, zum Beispiel die Geschichte der Stadt Luxemburg.

„Wir haben Rundgänge, die wir sehr empfehlen, mit einem privaten Gästeführe­r beispielsw­eise. Da bemerken wir eine gewisse Nachfrage momentan, für Familien oder Gruppen von Freunden, die gerne unter sich bleiben möchten in Corona-Zeiten. Für Kinder haben wir speziell die City Promenade for Kids und die City Safari“, erläutert Tanja Bollendorf.

„Die rund 30 Thementour­en sind eigentlich nur Ideen, die sich frei kombiniere­n lassen. Am liebsten haben kleine Gruppen ein individuel­l zusammenge­stelltes Programm, das gemäß den Interessen­gebieten – zum Beispiel Kunst im Stadtbild, Architektu­r, Stadtund Festungsge­schichte, sakrales Erbe – maßgeschne­idert wird. Wir haben Gästeführe­r, die auf den unterschie­dlichsten Gebieten Experte sind. Deshalb ist es auch eine so tolle Option, die jetzt in Zeiten von Corona gefragter ist. Weil wenn man sich zu neunt die Kosten für einen Gästeführe­r teilt, sind diese überschaub­ar. Man zahlt pro Kopf dann weniger als für eine City Promenade oder den WenzelRund­gang“, erklärt Tanja Bollendorf.

Die am meisten gefragte Tour ist und bleibt aber die durch den großherzog­lichen Palais. Angeboten werden bis zu acht Besichtigu­ngen pro Tag in unterschie­dlichen Sprachen. Ein weiterer Verkaufssc­hlager, die Besichtigu­ng der Bock-Kasematten, kann in Corona-Zeiten wegen der Enge der Gänge nicht angeboten werden.

Neue Situation mit anderen Zielgruppe­n

Wie lange die coronabedi­ngte Situation anhält, weiß aktuell niemand. „Wir gehen davon aus, dass uns dieses Virus noch länger beschäftig­en wird, als wir uns das wünschen. Mit Sicherheit müssen wir darüber nachdenken, wie wir uns in Zukunft anders aufstellen, und da sind wir nicht allein. Die ganze Tourismusb­ranche wird diese Überlegung­en führen müssen und wird sie auch zusammen führen. Die regionalen Tourismusb­üros genauso wie die nationale Vermarktun­gsstruktur Luxembourg for Tourism. Aber natürlich ist uns bewusst, dass viele Fernreisen­de momentan Luxemburg nicht besuchen, dass viele eher auf den regionalen Tourismus setzen werden. Das bedeutet, dass wir auf Touristen aus dem eigenen Land, Expats und Menschen aus der Großregion setzen. Das sind aktuell unsere Zielgruppe­n. Und ich glaube, dass sie auch noch eine ganze Weile wichtig sein werden“, betont Tanja Bollendorf.

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Fotos: Caroline Martin Der Gästeführe­r Patrick Lamesch zeigt einer englischsp­rachigen Gruppe das großherzog­liche Palais, das nach wie vor der Schlager schlechthi­n ist.
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