Luxemburger Wort

Vertrauen in die Zukunft

Das Weingut Schumacher-Knepper blickt auf eine Geschichte von mehr als 300 Jahren zurück

- Von Mara Bilo (Text) und Gerry Huberty (Fotos)

Wintringen. Weißwein, Crémant und mittlerwei­le auch Rotwein: Für das Weingut Schumacher-Knepper aus Wintringen ist die Weinherste­llung eine langjährig­e Tradition. „Wir sind ein klassische­r Familienbe­trieb“, sagt Frank Schumacher. Im Jahr 2003 hat er (Jahrgang 1978) mit seiner Schwester Martine (1971) die Führung des Weinguts an der Mosel neben dem Felsberg übernommen. Der Betrieb, 1714 gegründet, wird in zehnter Generation geführt. „Wir sind die erste Generation, die eigenständ­ig die Entscheidu­ng getroffen hat, die Firma zu übernehmen“, schmunzeln die beiden. Vorher war

Tradition, dass der älteste Sohn das Geschäft weiterführ­t. „Unser Vater hat uns eher davon abgeraten“, sagt Frank Schumacher, „er hätte es bevorzugt, wenn unsere Arbeit nicht derartig von den klimatisch­en Bedingunge­n – wie es für Winzer der Fall ist – abhängig wäre.“Ihr Vater, Gaston Schumacher, hätte sich eine Karriere als Lehrer vorstellen können, wie die Geschwiste­r erzählen. Ihm wurde damals aber nicht die Möglichkei­t gegeben zu studieren – stattdesse­n lernte er alles, was es über Wein zu wissen gibt.

Doch mittlerwei­le hat sich vieles geändert. Martine und Frank Schumacher haben beide studiert und nutzen heute ihre erlernten Kenntnisse für die Verwaltung des Familienbe­triebs. So beschäftig­t sich die Schwester mit Buchhaltun­g, Marketing und Verkauf, der Bruder mit der Herstellun­g des Weins. „So kommt es nicht zu Streitigke­iten!“, lacht Martine Schumacher. „Ich erkläre ihm nicht, wie man guten Wein macht, und er sagt mir nicht, wie ich unsere Produkte verkaufen soll.“

Die Frage ihrer Nachfolge stellt sich derzeit noch nicht. Beide haben zwar Kinder, aber noch in jungem Alter. „Wir wollen niemanden zwingen“, heißt es einstimmig. „Es soll ihre Entscheidu­ng sein, wenn es so weit ist.“Es gebe heute viele Möglichkei­ten, einen Familienbe­trieb weiter zu erhalten, auch wenn ein Familienmi­tglied nicht das Tagesgesch­äft führt, so Martine Schumacher. „Früher war es ja auch so, dass unsere Familie im Gebäude gelebt hat, wo der Wein hergestell­t und verkauft wurde. Das ist heute nicht der Fall; damit ist die Verflechtu­ng zwischen Familie und Betrieb nicht mehr so eng.“

Die jährliche Produktion des Familienbe­triebs liegt bei rund 80 000 Flaschen, davon gehen 90 Prozent in den heimischen Markt, zehn Prozent werden in der Großregion verkauft. Das Unternehme­n beschäftig­t fünf Mitarbeite­r; für die anstehende Weinlese kommen dann noch Saisonarbe­iter aus den Nachbarlän­dern und aus

Polen. „Angesichts der aktuellen Corona-Situation bereitet uns diese Weinlese einige Sorgen“, sagt Frank Schumacher. „Alle unsere Mitarbeite­r werden vor Anfang der Arbeit auf das Virus getestet“, so auch Martine Schumacher.

Resilient in der Krise

Mit Blick auf die Corona-Krise sagen die Geschwiste­r, dass die wirtschaft­lichen Folgen der Pandemie noch überschaub­ar sind. „Wir habe eine große private Kundschaft, die es uns ermöglicht hat, die weggefalle­nen Einnahmen durch die temporäre Schließung der Betriebe in der Horeca-Branche wettzumach­en“, sagt Frank Schumacher. Unter normalen Umständen werden etwa 30 Prozent der jährlichen Produktion an Hotels, Restaurant­s und Cafés verkauft. „Wir sind gut durch die Krise gekommen.“Auch seien durch die Umstände Produkte aus Luxemburg wieder beliebter bei den Verbrauche­rn des Großherzog­tums geworden – das merke man an den steigenden Verkaufsza­hlen der vergangene­n Monate.

Dennoch bleiben beide vorsichtig, denn: Niemand weiß, wie sich die aktuelle Situation weiterentw­ickeln wird. Der Tourismus tut sich immer noch schwer – Urlauber aus Deutschlan­d, die in der Regel gerne ihren Kofferraum mit Weinflasch­en aus der Region füllen, sind durch die Reisebesch­ränkungen ferngeblie­ben. Auch steht im Herbst womöglich eine Pleitewell­e an. „Ich befürchte, dass nicht alle Restaurant­s, Caterer und Co. die Corona-Krise überstehen werden“, sagt Martine Schumacher. Das habe dann auch Auswirkung­en auf das eigene Geschäft.

„Ich glaube aber, dass man als Leiter eines Familienbe­triebs ein gewisses Vertrauen in die Zukunft entwickelt“, erklärt sie. „Wenn unsere Vorgänger den Betrieb durch verschiede­ne Krisen gesteuert haben, dann schaffen wir das auch.“Beispiel dafür seien natürlich die zwei Weltkriege – die Familie musste 1940 und 1944 umgesiedel­t werden –, aber auch klimatisch­e Extremerei­gnisse. „Zwischen 1978 bis 1981 hatten wir sehr schlechte Erntejahre. Wir hatten keine Reserven mehr, die Fässer waren leer. Dann wurde es finanziell sehr eng.“Trotzdem habe sich die Familie zu diesem Zeitpunkt dafür entschiede­n, die Keller zu renovieren und das Gebäude auszubauen.

Neue Perspektiv­en

Ähnlich machen es auch heute noch die beiden Geschwiste­r – während der Finanzkris­e wurde in eine nagelneue Probierstu­be investiert; in der aktuellen CoronaKris­e wollen sie eine neue Halle bauen lassen. Der Grund: Anfang des Jahres hat die Domaine Schumacher-Knepper ein anderes Weingut übernommen. Damit kommen sieben Hektar Weinberge dazu; die jährliche Produktion dürfte voraussich­tlich auf etwa 120 000 Flaschen im Jahr steigen. „Dafür brauchen wir mehr Platz“, sagt Frank Schumacher.

Das Familienun­ternehmen ist sogar in einer Krise entstanden, sagt Martine Schumacher und blickt dabei auf mehr als 300 Jahre Geschichte zurück. Kurz vor der offizielle­n Gründung des Betriebs, im Winter 1708-1709, wurden tatsächlic­h alle Rebstöcke in der Moselregio­n durch extreme Wetterbedi­ngungen zerstört – viele Weinberge in der Umgebung mussten aufgegeben werden. Anders erging es den Weinbergen, die heute der Familie Schumacher gehören: 1714 wurde der Weinkeller der heutigen Domaine Schumacher­Knepper gebaut – das Datum ist immer noch am Eingang des original erhaltenen Kellers zu sehen.

In unserer Serie „Family Business“stellen wir Luxemburge­r Unternehme­n vor, die schon seit Generation­en von der Inhaberfam­ilie geführt werden.

Der Familienbe­trieb wurde offiziell im Jahr 1714 gegründet.

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Prost! 2010 haben die Geschwiste­r die neue Probierstu­be geöffnet.
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