Heimatkunde in Puzzleteilen
Ahnen- und Lokalgeschichtsforscherverein Luxroots will lebendiges Bild der Luxemburger Kantone zusammenfügen
Vianden. Als territoriale Verwaltungseinheiten mögen sie sich bis in die Gegenwart gerettet haben, doch muten die Luxemburger Kantone aus heutiger Sicht irgendwie schon wie Relikte aus der Postkutschenära an. Dass die historische Beschäftigung mit ihnen dennoch alles andere als öde und verstaubt sein muss, das stellt zurzeit der Ahnen- und Lokalgeschichtsforscherverein Luxroots um seinen Gründer Georges Eicher unter Beweis.
Reiseziel Vergangenheit in Zeiten von Corona
Die veranstaltungsarme CoronaZeit und die jahrelange Vorarbeit der Mitglieder nutzend, widmet sich dieser nämlich gerade einem neuen Langzeitprojekt, das über die kommenden Jahre ein lebendiges und erhellendes Bild der Entwicklungsgeschichte der zwölf Kantone zeichnen will. Eine teils verblüffend spannende Historie, die durchaus manch Unterhaltsames und Wissenswertes ans Licht zu fördern vermag.
Das beginnt schon bei ihren Anfängen, zählte das 1795 von den Franzosen zum Département des Forêts umgewandelte Herzogtum Luxemburg zunächst doch nicht weniger als 27 Kantone mit ganzen 383 Gemeinden. Darunter solche wie Bitburg, Arzfeld, Arlon oder Bastogne, die im weiteren Verlauf an Preußen oder Belgien fielen, aber auch solche, die später ganz oder zumindest zwischenzeitlich verschwanden, wie etwa der Kanton Ospern, Betzdorf oder auch Vianden.
Letzterer, dem sich Georges Eicher nun zum Auftakt der Luxroots-Beitragsreihe gewidmet hat, war nach seiner Gründung nämlich auf königlichen Erlass hin am 12. Oktober 1841 wieder abgeschafft worden – nur, um nach längeren politischen Diskussionen am 4. April 1851 neu hergestellt zu werden.
Georges Eicher ist der Gründervater von Luxroots.
„Ist Vianden heute der kleinste der zwölf verbliebenen Kantone, so war er zunächst zudem deutlich größer“, erklärt Georges Eicher. „So hatten ihm bis zum Verlust der östlichen Teile an Preußen – im Zuge des Wiener
Kongresses 1815 – neben den damaligen Gemeinden Consthum, Fouhren, Hosingen, Hoscheid, Landscheid und Stolzemburg auch noch die Kommunen Geichlingen, Körperich, Kruchten, Nusbaum, Roth und Wallendorf angehört.“
Fusionen und Verschiebungen am laufenden Band
Im Laufe der folgenden Jahre änderte der Kanton durch Fusionen und anderweitige Verschiebungen allerdings noch mehr als einmal sein Gesicht. Ehe er über 150 Jahre später mit der Fusion von Fouhren und Bastendorf zum vorerst letzten Mal neu geordnet wurde, um seither mit den Gemeinden Vianden, Pütscheid und Tandel eben den kleinsten Kanton des Großherzogtums zu bilden. Ein fortwährendes Hin- und Herjonglieren von Ortschaften und
Gemeindegrenzen, welches das oft zähe Ringen um heutige Fusionspläne fast schon als kleinliches Possenspiel erscheinen lässt ...
Ergänzt werden diese Fakten zur administrativen Entwicklung des Kantons in der Folge durch die Forschungsergebnisse der Vereinigung Luxroots, die seit mittlerweile mehr als 15 Jahren aus Pfarrbüchern und Zivilstandsregistern und dank rund 60 freiwilliger Mitarbeiter systematisch die Einträge aus Tauf-, Heirats- und Sterbeakten erfasst und in einer zentralen Datenbank zusammenführt.
Eine echte Benediktinerarbeit, deren Wert für die Ahnen- und Familienforschung aber ebenso wertvoll ist wie für Lokalgeschichtsschreibung. Immerhin lassen sich aus den Angaben auch interessante Erkenntnisse zur Bevölkerungs- und Gemeindeentwicklung
herauslesen. Mit Blick auf den Kanton Vianden wurden so allein für den Zeitraum von 1798 bis 1923 inzwischen 16 125 Geburten, 3 388 Heiraten und 11 108 Sterbeakte erfasst. Hinzu kommen Tausende weitere Einträge aus den bis ins 17. Jahrhundert zurückreichenden Pfarrbüchern.
„An den daraus resultierenden Statistiken lassen sich die Auswirkungen einschneidender Umbrüche, wie Pandemien oder Kriege, ablesen, oder auch interessante Erkenntnisse für die Namensforschung gewinnen. Etwa, wie oft die Namen verschiedener Ortschaften sich zu Familiennamen weiterentwickelten – von Feynen über Bastendorf bis Bettel“, erklärt Georges Eicher. „Und natürlich kann man auch die Abstammung und Verzweigung einzelner Personen und Familien nachzeichnen.“
Vom Leben des Einzelnen zum Gesellschaftsporträt
Neben der Entzifferung uralter Dokumente und der Mitarbeit an einem riesigen Ahnenforschungspuzzle machen die individuellen Familiengeschichten und -schicksale, die aus den Akten hervorgehen, denn auch den besonderen Reiz des Luxroots-Projekts aus, wie Eicher meint. „Und natürlich diese jenen zugänglich zu machen, die sich für ihre eigenen Vorfahren interessieren.“
Nach der Veröffentlichung des Beitrags zum Kanton Vianden, den man über die eigene Newsletter, die Regionalzeitschrift „De Cliärrwer Kanton“und im besten Falle noch über weitere Medien verbreiten will, soll im Herbst dann auch eine Übersicht zur Entwicklung des Kantons Clerf folgen. Über die kommenden Jahre hinweg sollen die weiteren Kantone alsdann folgen, sagt Georges Eicher. Dies je nach Vorankommen und einer nach dem anderen. So, wie auch im Stammbaum ein Zweig auf den anderen folgt.