Die Kunst des Comebacks
Leichtathlet Bob Bertemes kommt zweimal stärker als zuvor aus einer Zwangspause heraus
Mittelstreckenläufer Bob Bertemes musste schon einige Rückschläge einstecken. Aus diesen Phasen kam er immer wieder stärker zurück.
Sieben Monate Verletzungspause nach einem Ermüdungsbruch im Schienbein und dann auf Anhieb Luxemburger Meister im Halbmarathon, das war die 2018er-Saison von Leichtathlet Bertemes. Nun hat der CelticMittelstreckler coronabedingt fast fünf Monate Rennabstinenz hinter sich. Auf Anhieb lief er vor einer Woche in Rehlingen (D) die 3 000 m in 8'08''12 und ist mit diesem Chrono drittbester Luxemburger der Geschichte.
Wenn es eine Kunst des Comebacks gibt, dann beherrscht Bertemes dieses Metier nahezu perfekt. Der drahtige 26-Jährige spricht von einem „Umswitchen“, das mit dem Lockdown Mitte März notwendig geworden sei. Vorbei war das Üben unter der direkten strengen Aufsicht von Maria Paczos, die Trainerin übermittelte die Vorgaben nunmehr digital. Nach den Einheiten nahm man sich beim Feedback Zeit zum Analysieren.
„Als im März feststand, dass dies keine normale Bahnsaison werden würde, haben wir uns anders orientiert. Maria hat das optimal hingekriegt. Wir wollten die Phase nutzen, um verstärkt die Ausdauer zu trainieren“, erklärt Bertemes, der darin durchaus Vorteile sieht: „Ausdauertraining ist wichtig, aber man hat in der Regel kaum genügend Zeit dafür. Kurz nach dem Ende der Bahnsaison und den Straßenläufen im Herbst wird schon Cross gelaufen und dann von Dezember an ebenfalls in der Halle. Kaum ist die Indoorsaison vorüber, stehen die Rennen auf der Bahn an.“
Fitness- und Ausdauertraining
Diesmal war es anders. Um die Langeweile der einsamen langen Läufe zu unterbrechen, hat Bertemes, der Celtic-Athlet aus Überzeugung ist („Ein anderer Verein kommt für mich überhaupt nicht infrage“), versucht, zu denselben Uhrzeiten zu trainieren wie seine Freundin Vera Hoffmann. „Wir sind dann zwar nicht zusammen gelaufen. Ich absolviere meine Einheiten in der Regel schneller als Vera, aber wir haben uns beim Trainieren gesehen.“
Leicht ausgebremst wurde Bertemes im Juni durch eine Entzündung im rechten Fußgelenk, während drei Wochen ersetzte er das Laufen durch Radfahren und Aquajogging. Dehnungsübungen und die allgemeine Körperertüchtigung wurden ebenfalls nicht vernachlässigt. Celtic stellte Übungsmaterial (Hanteln, Hürden) zur Verfügung, die Scheune des elterlichen Hofes in Kapweiler diente als Sporthalle.
Trotzdem war die Form gut, als in Deutschland wieder erste Rennen angesetzt wurden. Am 25. Juli sprang in Regensburg eine neue persönliche Bestzeit über 5 000 m (14'29''47) heraus, bei einem Rennverlauf, der alles andere als optimal verlief: „Mir fehlte das Selbstvertrauen, um mit der zweiten Gruppe mitzuhalten, die eine Zeit um 14'30'' anpeilte. In der dritten Gruppe habe ich dann das Tempo vorgeben müssen.“
Vor einer Woche erreichte er in Rehlingen 8'08''12 über 3 000 m, drittbestes Luxemburger Chrono der Geschichte hinter Rekordhalter Justin Gloden (Spora, 7'54''2) und René Kilburg (CAD, 8'04''4). „Vorgesehen war, dass Richard Ringer im Hinblick auf ein Chrono unter 8'10'' während zwei Kilometern das Tempo bestimmen würde. Vom Kopf her hatte ich mir gesagt, dass dieses Tempo zu hoch für mich sei. Maria (Paczos) hat mich aber motiviert, mitzugehen, ich hätte nichts zu verlieren. Das Rennen war dann richtig gut. Ich bin gerannt, ohne nachzudenken.“
Bertemes ist überzeugt, die 5 000 m unter 14'10'' laufen zu können. „Das Problem ist die Umsetzung.“In dieser Saison ist definitiv vieles anders: „Viele Athleten, die ihre nationalen Meisterschaften hinter sich haben, legen nun eine Pause ein. Die neue Qualifikationsperiode für die Olympischen
Spiele 2021 in Tokio beginnt im Dezember und man will entsprechend früh in Form sein.“
EM-Qualifikation als Ziel
Olympia ist ohnehin keine Option für Bertemes, die Norm ist definitiv zu hoch. Eine Qualifikation für die Hallen-EM Anfang März in Torun (PL) über 3 000 m fasst er aber durchaus ins Auge. „Eine Zeit von 8'05'' in der Halle traue ich mir zu.“
Der leichtgewichtige Athlet (54 kg Körpergewicht bei einer Größe von 1,74 m) will sich nach und nach auf die längeren Strecken hin orientieren: „Momentan sind die 3 000 m meine beste Disziplin, sie sind eigentlich eine gute Zwischenetappe im Hinblick auf die 5 000 m.“
Den Spaß am Laufen habe ihm sein Vater vermittelt, als er drei, vier Jahre alt gewesen sei: „Mein Vater startete bei den Straßenläufen, auch bei den Triathlons. Ich nahm damals an den Kinderläufen teil.“Das ultimative Ziel heißt Marathon, aber erst in „drei, vier
Jahren“, bis dahin müsse die Basis stimmen, mit schnellen Chronos über die langen Strecken auf der Bahn.
Im Herbst auf Jobsuche
Unlängst hat Bertemes seine dreijährige Ausbildung zum Physiotherapeuten an der Lunex in Differdingen abgeschlossen und seine Bachelorarbeit abgegeben, übrigens zum Thema Taping der Achillessehne. Es geht um die Wirkung eines Tapes bei Entzündungen der Achillessehne.
Coronabedingt hat Bertemes für seine Arbeit vor allem in der einschlägigen Literatur recherchiert. Im Herbst geht es auf Jobsuche, entweder in einer Klinik, in einer Praxis oder bei einem Sportverband. Der Sport wird Bob Bertemes also noch lange nicht loslassen.
Das Rennen war richtig gut. Ich bin gerannt, ohne nachzudenken.