Alles klar, Frau Kommissar
In den beliebten Krimireihen „Tatort“und „Polizeiruf 110“übernehmen immer mehr weibliche Ermittler das Ruder
München. Die deutschsprachige Krimilandschaft wird weiblicher: Im „Tatort“und beim „Polizeiruf 110“sind Frauen weiter auf dem Vormarsch. Waren Kommissarinnen früher die Ausnahme, sind mittlerweile sogar rein weibliche Teams und Solo-Ermittlerinnen alles andere als eine Seltenheit. Demnächst kommen zwei weitere reine Frauenteams dazu: In Bremen und in der Schweiz, wo bislang gemischte Doppel im Einsatz waren, nehmen bald Frauenduos die Ermittlungen auf.
Starke Teams und Einzelkämpferinnen
In Göttingen arbeitet die von Maria Furtwängler gespielte Charlotte Lindholm seit 2019 mit Anaïs Schmitz (Florence Kasumba) zusammen, in Ludwigshafen lösen die altgediente Ulrike Folkerts und ihre junge Kollegin Lisa Bitter als Lena Odenthal und Johanna Stern Fälle und in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden tun das Karin Hanczewski (Karin Gorniak) und Cornelia Gröschel (Leonie Winkler). Im „Polizeiruf 110“schlagen sich mit Claudia Michelsen als Doreen Brasch in Magdeburg und Verena Altenberger als Elisabeth Eykhoff in München seit Kurzem sogar Solo-Ermittlerinnen ganz ausgezeichnet.
Alte weiße Männer sind im „Tatort“kein Auslaufmodell, wie etwa die Beliebtheit der Herrenduos in Münster (Liefers und Prahl) oder München (Nemec und Wachtveitl) zeigt. Zudem ging im vergangenen Jahr mit den beiden Jungmimen Vladimir Burlakov und Daniel Sträßer in Saarbrücken ein neues Männerteam an den Start. Doch der Trend geht eindeutig zur
Gleichberechtigung – von Kiel bis zum Schwarzwald, von Dortmund bis Berlin und von Frankfurt bis Wien sind vielerorts auch gemischte Teams im Einsatz.
Das war jedoch nicht immer so: Im 1970 gestarteten „Tatort“war Emanzipation anfangs ein Fremdwort. Frauen tauchten allenfalls als
Sekretärinnen auf, Publikumslieblinge wie Gustl Bayrhammer und Hansjörg Felmy hatten als Kommissare die Hosen an.
Erste Kommissarin im Jahr 1978
Während im „Polizeiruf 110“der DDR schon seit 1971 Sigrid Göhler als Leutnant Vera Arndt ermittelte, mussten im „Tatort“acht Jahre vergehen, bis Nicole Heesters in der 84. Folge als erste Frau einen Mörder jagte. Die Mainzer Kommissarin Marianne Buchmüller war ein forscher Typ, eine kämpferische Emanze war sie jedoch nicht: Die Fahnderin war stets feminin gestylt, setzte sich gerne eine flotte Baskenmütze auf, trug Kleider und Röcke. Beim Friseurbesuch sinnierte sie unter der Trockenhaube über ihre Fälle, und ihre Wohnung war mit Porzellanpüppchen dekoriert.
Das Debüt von Nicole Heesters im Jahr 1978 war mit einem rekordverdächtigen Marktanteil von 66 Prozent ein durchschlagender Erfolg. Doch bei ihren weiteren Einsätzen sanken die Quoten – die
Emanzipation war anfangs ein Fremdwort. Frauen tauchten allenfalls als Sekretärinnen auf.
Krimis sind bis heute als unterirdisch langweilig verschrien. Dass Nicole Heesters die Flinte ins Korn warf, lag jedoch nicht an schlechten Drehbüchern. Sie mochte es einfach nicht, dass die Zuschauer sie, die ausgebildete Theaterschauspielerin, in die Schublade als „Tatort“-Kommissarin steckten. „Schon nach der ersten Folge haben mich die Leute mit Frau Buchmüller angesprochen.“
1981 folgte im „Tatort“die zweite Kommissarin, Karin Anselm ermittelte als Hanne Wiegand bis 1988 in Baden-Baden. 1989 schrieb dann Ulrike Folkerts, die in der Folge „Die Neue“ihr Debüt gab, Fernsehgeschichte: Mit der burschikosen Ermittlerin mit Lederjacke und Kurzhaarfrisur hielt endgültig ein neues Frauenbild Einzug in der Krimireihe. Danach folgte der Boom an Ermittlerinnen – der bis heute anhält.