Filmkritik
Betsey Trotwood (Tilda Swinton mit grandioser Esel-Phobie) und ihrem skurrilen Mitbewohner Mr. Dick (ein wunderbar abgehobener „Dr. House“-Hugh Laurie), die ihn auf eine heruntergekommene Schule schicken, damit aus ihm doch noch ein respektabler Gentleman wird. Dort lernt er nicht nur den verzogenen James Steerforth (Aneurin Barnard) kennen, sondern auch Uriah Heep (Ben Whishaw, herrlich hinterhältig). Und Davids Leben verläuft auch, als er auf den eigenen Füßen steht, alles andere als in ruhigen Bahnen ...
Die Geschichte von „The Personal History of David Copperfield“von Armando Iannucci – der britische Wes Anderson –, der seine Premiere beim Toronto International Film Festival am 5. September 2019 feierte, klingt vertraut. Kein Wunder, begleitet sie Kinogänger doch seit 1911, als sie in einem Kurzfilm erstmals von Theodore Marston auf die große Leinwand gebracht wurde.
Wie viele von Charles Dickens Romanen, ist auch dieser perfektes Kinomaterial, denn er vereint episches Erzählmaterial, große Gefühle und existenzielle Fragen mit liebenswerten oder abscheulichen und stets skurrilen Charakteren.
Hier ist aber dann auch Schluss mit den Gemeinsamkeiten zwischen Roman und Film.
Denn nur in einem sind sich „The Personal History of David Copperfield“und seine literarische Vorlage ganz nah: der Ambition, Großes zu schaffen.
Denn, wo der Schriftsteller Dickens Gesellschaftskritik übt und Missstände anprangert, tischt der Filmemacher Iannucci, der den herrlich abgehobenen „The Death of Stalin“inszenierte, scheinbar ein farbenfrohes Hochglanzmärchen auf, das auf den ersten Blick wie ein kunterbunter Cupcake daherkommt und einem das Wasser im Munde zusammenlaufen lässt.
Unter dem visuellen Zuckerguss verbirgt sich Gesellschaftskritik
Macht dies „The Personal History of David Copperfield“zu einem schlechten Film? Nein, denn was als augenwischerische Unterhaltungsüberdosis
daherkommt, entpuppt sich als raffinierte Falle.
Unter der recht dick aufgetragenen visuellen ZuckergussSchicht, die dem Ganzen eine Art Kinderbuch-Pop-up-Optik gibt, verbirgt sich eine überraschende Vielschichtigkeit, die durchaus ernste Fragestellungen beinhaltet und gleichzeitig durch den „Erzähler“David die gesellschaftliche Rolle, Macht und demnach Verantwortung kultureller Akteure an sich thematisiert.
Vor allem zeigt „The Personal History of David Copperfield“dabei, wie kreativ und eben auch losgelöst eine moderne Neuinterpretation