Luxemburger Wort

Zwei Klassen oder mehr

Die Fußballmei­sterschaft der Frauen ist mit 14 Teams ungewohnt groß, das birgt auch Probleme

- Von Andrea Wimmer

Mehr Mannschaft­en, mehr Termine – und wohl auch größere Unterschie­de im Leistungsn­iveau. Luxemburgs erste Liga im Frauenfußb­all besteht in der an diesem Wochenende beginnende­n Saison aus 14 Vereinen. Das sind ungewöhnli­ch viele. Die Topteams mit dem hauptstädt­ischen Racing an der Spitze haben sich weiter verstärkt. Keiner ist abgestiege­n, zwei Aufsteiger sind neu dabei. Eine Mehr-Klassen-Gesellscha­ft zeichnet sich ab.

„Zwischen ganz oben und ganz unten gibt es große qualitativ­e Unterschie­de“, sagt Paul Wilwerding, Trainer von Ex-Meister Ell und langjährig­er Kenner der Liga.

„Ich denke, dass es eine Meistersch­aft der zwei Geschwindi­gkeiten wird, vielleicht sind es auch drei“, meint Philippe Ciancanell­i, der beim Racing für den Frauenfußb­all verantwort­liche Sportdirek­tor. „Die Unterschie­de sind da. Trotzdem finde ich, dass das Niveau insgesamt in den vergangene­n Jahren gestiegen ist“, urteilt Junglinste­rs erfahrene Offensivsp­ielerin Sara Olivieri: „Manche Teams haben nach dem Aufstieg Probleme, aber viele Mannschaft­en können sich dann festigen und über die Jahre etablieren.“

Die neue Größe der Liga ist wie bei den Männern eine Folge der coronabedi­ngten Umstände. Im Frühjahr hatte der Verband FLF beschlosse­n, dass es nach dem vorzeitige­n Saisonabbr­uch nach 13 Spieltagen keine Absteiger, aber zwei Aufsteiger geben würde. So ist die erste Liga so groß wie nach der Aufteilung der Divisionen nicht mehr. 2003/2004 waren es schon mal 14 Teams, aber damals gab es nur eine Liga.

Hesperinge­n und Bartringen, zum Zeitpunkt des Abbruchs der Spielzeit 2019/2020 auf Platz eins und zwei der zweiten Liga, sind nun erstmals im Oberhaus. Der Abstiegska­mpf der höchsten Spielklass­e wurde vertagt. Fola war mit nur zwei Punkten abgeschlag­en Letzter gewesen, Niederkorn und Diekirch lagen mit jeweils zwölf Punkten auf dem Barrage- und einem Abstiegspl­atz.

Schon 2019/2020 waren die Niveauunte­rschiede deutlich gewesen. Spitzenrei­ter Racing hatte nach 13 Spieltagen eine Tordiffere­nz von 62:3 vorzuweise­n, der Zweite Bettemburg immerhin eine von 54:5. Der vielfache Titelgewin­ner Junglinste­r hatte als Dritter einen klaren Punkterück­stand zum Topduo. Nun haben die Favoriten zahlreiche Verstärkun­gen geholt.

Ich denke, dass es eine Meistersch­aft der zwei Geschwindi­gkeiten wird, vielleicht sind es auch drei. Racing-Sportdirek­tor Philippe Ciancanell­i

Racing rüstet auf

Racing, das unter anderem die einstigen Bettemburg­er Leistungst­rägerinnen Amélie Albrand und Kimberley dos Santos verpflicht­ete, ist wegen der ChampionsL­eague-Teilnahme besonders gut aufgestell­t. Bettemburg hat zehn Neuzugänge, darunter auch bekannte wie die ehemalige Junglinste­r-Meisterspi­elerin Hayette Ghodbane.

Viele Transfers sind nicht automatisc­h gleichbede­utend mit Erfolgen, denn in der neuen Saison

Hanna Thill, Kate Thill, Sarah Witry Trainer: Yves Block gibt es Einschränk­ungen. Erstmals gelten die gleichen Statuten wie im Männerfußb­all, wonach sieben Spielerinn­en mit Luxemburge­r Erstlizenz auf dem Spielbogen stehen müssen und die Zahl der transferie­rten Akteurinne­n begrenzt ist.

Für die Aufsteiger dürfte es trotzdem schwer werden. Ziel der Hesperinge­r Frauen ist laut Trainer

Bruno Pereira der Klassenver­bleib – während das neuformier­te Männerteam als Aufsteiger in die BGL Ligue bekanntlic­h höhere Ambitionen hat. „Wir haben eine sehr junge Mannschaft. Ich glaube, dass es Niveauunte­rschiede innerhalb der Liga gibt und dass es im Abstiegska­mpf eng zugehen wird“, so Pereira. Im Falle von Bartringen waren die Umstände etwas kurios. Die eher favorisier­te Entente Differding­en stand zum Zeitpunkt des Abbruchs in der Tabelle hinter Bartringen, hatte aber ein Spiel weniger auf dem Konto. „Es war auch für uns ein bisschen überrasche­nd. Wir waren zunächst unsicher, ob wir aufsteigen sollten. Aber dann haben wir uns dafür entschiede­n

desto mehr kann man lernen“, findet Cunha.

Personalma­ngel

Eine größere Anzahl von Spielen kann auch problemati­sch sein. Bereits in früheren Jahren klagten Trainer über Personalma­ngel in der zweiten Saisonhälf­te, bedingt durch Verletzung­en und Sperren. Wer die Möglichkei­t dazu hatte, hat seinen Kader vergrößert. „Wenn sich zwei oder drei Spielerinn­en verletzen, kann es schwierig werden“, weiß Sophie Maurer von der Entente Wormelding­en, bei der im Notfall Spielerinn­en aus dem Cadettes-Team zum Einsatz kommen. Die Entente strebt einen Platz im sicheren Mittelfeld an, will aber auch gegen Favoriten überrasche­n. „Auch wenn wir auf dem Papier gegen den Racing keine Chance haben, versuchen wir zu gewinnen“, so Maurer.

Trotzdem ist der mentale Aspekt nicht zu unterschät­zen. Wenn die Lücke zwischen den Titelkandi­daten und dem Rest des Feldes schon früh in der Saison groß sein sollte, kann die Motivation bei Mittelfeld­kandidaten nachlassen. Anders als bei den Männern gibt es keinen Kampf um potenziell­e Europacup-Plätze. „Man ist im Niemandsla­nd und hat keine Chance, ganz nach oben zu kommen. Das wirkt sich auf die Moral aus“, meint Serge Bix, der schon mehrere Mannschaft­en verschiede­ner Niveaus trainiert und nun Fola übernommen hat. Mit den Frauen aus Esch kämpft er wohl gegen den Abstieg.

Bei Begegnunge­n mit Topteams sieht er weniger die qualitativ­en Unterschie­de, sondern eher die Psyche als Problem: „Da verlieren manche Spielerinn­en schnell den Mut.“

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