Zwei Klassen oder mehr
Die Fußballmeisterschaft der Frauen ist mit 14 Teams ungewohnt groß, das birgt auch Probleme
Mehr Mannschaften, mehr Termine – und wohl auch größere Unterschiede im Leistungsniveau. Luxemburgs erste Liga im Frauenfußball besteht in der an diesem Wochenende beginnenden Saison aus 14 Vereinen. Das sind ungewöhnlich viele. Die Topteams mit dem hauptstädtischen Racing an der Spitze haben sich weiter verstärkt. Keiner ist abgestiegen, zwei Aufsteiger sind neu dabei. Eine Mehr-Klassen-Gesellschaft zeichnet sich ab.
„Zwischen ganz oben und ganz unten gibt es große qualitative Unterschiede“, sagt Paul Wilwerding, Trainer von Ex-Meister Ell und langjähriger Kenner der Liga.
„Ich denke, dass es eine Meisterschaft der zwei Geschwindigkeiten wird, vielleicht sind es auch drei“, meint Philippe Ciancanelli, der beim Racing für den Frauenfußball verantwortliche Sportdirektor. „Die Unterschiede sind da. Trotzdem finde ich, dass das Niveau insgesamt in den vergangenen Jahren gestiegen ist“, urteilt Junglinsters erfahrene Offensivspielerin Sara Olivieri: „Manche Teams haben nach dem Aufstieg Probleme, aber viele Mannschaften können sich dann festigen und über die Jahre etablieren.“
Die neue Größe der Liga ist wie bei den Männern eine Folge der coronabedingten Umstände. Im Frühjahr hatte der Verband FLF beschlossen, dass es nach dem vorzeitigen Saisonabbruch nach 13 Spieltagen keine Absteiger, aber zwei Aufsteiger geben würde. So ist die erste Liga so groß wie nach der Aufteilung der Divisionen nicht mehr. 2003/2004 waren es schon mal 14 Teams, aber damals gab es nur eine Liga.
Hesperingen und Bartringen, zum Zeitpunkt des Abbruchs der Spielzeit 2019/2020 auf Platz eins und zwei der zweiten Liga, sind nun erstmals im Oberhaus. Der Abstiegskampf der höchsten Spielklasse wurde vertagt. Fola war mit nur zwei Punkten abgeschlagen Letzter gewesen, Niederkorn und Diekirch lagen mit jeweils zwölf Punkten auf dem Barrage- und einem Abstiegsplatz.
Schon 2019/2020 waren die Niveauunterschiede deutlich gewesen. Spitzenreiter Racing hatte nach 13 Spieltagen eine Tordifferenz von 62:3 vorzuweisen, der Zweite Bettemburg immerhin eine von 54:5. Der vielfache Titelgewinner Junglinster hatte als Dritter einen klaren Punkterückstand zum Topduo. Nun haben die Favoriten zahlreiche Verstärkungen geholt.
Ich denke, dass es eine Meisterschaft der zwei Geschwindigkeiten wird, vielleicht sind es auch drei. Racing-Sportdirektor Philippe Ciancanelli
Racing rüstet auf
Racing, das unter anderem die einstigen Bettemburger Leistungsträgerinnen Amélie Albrand und Kimberley dos Santos verpflichtete, ist wegen der ChampionsLeague-Teilnahme besonders gut aufgestellt. Bettemburg hat zehn Neuzugänge, darunter auch bekannte wie die ehemalige Junglinster-Meisterspielerin Hayette Ghodbane.
Viele Transfers sind nicht automatisch gleichbedeutend mit Erfolgen, denn in der neuen Saison
Hanna Thill, Kate Thill, Sarah Witry Trainer: Yves Block gibt es Einschränkungen. Erstmals gelten die gleichen Statuten wie im Männerfußball, wonach sieben Spielerinnen mit Luxemburger Erstlizenz auf dem Spielbogen stehen müssen und die Zahl der transferierten Akteurinnen begrenzt ist.
Für die Aufsteiger dürfte es trotzdem schwer werden. Ziel der Hesperinger Frauen ist laut Trainer
Bruno Pereira der Klassenverbleib – während das neuformierte Männerteam als Aufsteiger in die BGL Ligue bekanntlich höhere Ambitionen hat. „Wir haben eine sehr junge Mannschaft. Ich glaube, dass es Niveauunterschiede innerhalb der Liga gibt und dass es im Abstiegskampf eng zugehen wird“, so Pereira. Im Falle von Bartringen waren die Umstände etwas kurios. Die eher favorisierte Entente Differdingen stand zum Zeitpunkt des Abbruchs in der Tabelle hinter Bartringen, hatte aber ein Spiel weniger auf dem Konto. „Es war auch für uns ein bisschen überraschend. Wir waren zunächst unsicher, ob wir aufsteigen sollten. Aber dann haben wir uns dafür entschieden
desto mehr kann man lernen“, findet Cunha.
Personalmangel
Eine größere Anzahl von Spielen kann auch problematisch sein. Bereits in früheren Jahren klagten Trainer über Personalmangel in der zweiten Saisonhälfte, bedingt durch Verletzungen und Sperren. Wer die Möglichkeit dazu hatte, hat seinen Kader vergrößert. „Wenn sich zwei oder drei Spielerinnen verletzen, kann es schwierig werden“, weiß Sophie Maurer von der Entente Wormeldingen, bei der im Notfall Spielerinnen aus dem Cadettes-Team zum Einsatz kommen. Die Entente strebt einen Platz im sicheren Mittelfeld an, will aber auch gegen Favoriten überraschen. „Auch wenn wir auf dem Papier gegen den Racing keine Chance haben, versuchen wir zu gewinnen“, so Maurer.
Trotzdem ist der mentale Aspekt nicht zu unterschätzen. Wenn die Lücke zwischen den Titelkandidaten und dem Rest des Feldes schon früh in der Saison groß sein sollte, kann die Motivation bei Mittelfeldkandidaten nachlassen. Anders als bei den Männern gibt es keinen Kampf um potenzielle Europacup-Plätze. „Man ist im Niemandsland und hat keine Chance, ganz nach oben zu kommen. Das wirkt sich auf die Moral aus“, meint Serge Bix, der schon mehrere Mannschaften verschiedener Niveaus trainiert und nun Fola übernommen hat. Mit den Frauen aus Esch kämpft er wohl gegen den Abstieg.
Bei Begegnungen mit Topteams sieht er weniger die qualitativen Unterschiede, sondern eher die Psyche als Problem: „Da verlieren manche Spielerinnen schnell den Mut.“