Neue Nostalgie
Für die Formel 1 war Europa ein Auslaufmodell. Bernie Ecclestone sah das so. Seine Nachfolger von Liberty Media, dem aktuellen Mehrheitseigentümer der Serie, wollten zwar vieles anders machen. Neue Märkte zu erschließen, das erschien ihnen aber ebenso erstrebenswert wie dem eigenwilligen Engländer. Gerne in Asien und gerne auch da, wo sich die Einheimischen wenig mit der Königsklasse identifizieren können – oder sich die Eintrittspreise kaum leisten können.
Für 2020 waren 22 Rennen geplant, davon 13 außerhalb von Europa. Dann kamen Corona und ein großes Umdenken. Auf einmal vertraut die Formel 1 den Veranstaltern auf dem Alten Kontinent. Gleich je zwei Mal wurde in Österreich und England gefahren. Und sogar Ausgemusterte wie der Nürburgring sind wieder dabei. 2013 hatte letztmals ein Grand Prix in der Eifel stattgefunden. Zum ersten Mal seit 2006 ist die italienische Traditionsstrecke in Imola wieder im Kreis der Auserwählten.
Zumindest vor dem Fernseher können Motorsportfans nun in Nostalgie schwelgen. Die italienischen auf jeden Fall. Es gibt gleich drei Rennen im Land der derzeit so gebeutelten Ferraristi. Nach Monza ist Mugello dran, wo die Roten schon viele Testkilometer abgespult haben, ansonsten aber eher Motorradrennen stattfinden. Erstmals seit mehr als zwanzig Jahren gastiert die Formel 1 auch wieder in Portugal. Nicht in Estoril wie damals, sondern in Portimao, wo man eigens für die Premiere neuen Asphalt aufgelegt hat.
Auf einmal vertraut die Formel 1 den Veranstaltern auf dem Alten Kontinent.
Der türkische Kurs in Istanbul kommt zu einem unverhofften Comeback.
Für einen globalen Sport ist Corona ein Desaster. Doch mit dem aktuellen Notprogramm haben die Verantwortlichen gerettet, was zu retten war. Um die weltweite Reiserei so weit wie möglich zu beschränken, setzte man mehr auf Europa. Man zahlte Prämien an Veranstalter, statt nur noch dahin zu gehen, wo die Streckenbetreiber selbst zu enormen Investitionen bereit waren. Jetzt ist immerhin die für die WM-Wertung nötige Mindestzahl von acht Rennen erreicht. Wenn sich alle Beteiligten weiter brav an die Corona-Beschränkungen halten, schafft man die magische Zahl von 17 Grands Prix, mit der die Teams in den
Genuss der vertraglich zugesicherten Fernsehgelder kommen. Nostalgische Fans sollten die Europa-Renaissance jetzt genießen. Denn 2021 hat die Formel 1 wieder andere Pläne.