Harmonisch in der Krise
Tripartite der Luftfahrtbranche: Minister Bausch gibt Beschäftigungsgarantie als Ziel vor
Die Stimmung war nach der gestrigen Tripartite-Sitzung der Luftfahrtindustrie trotz der Krisensituation erstaunlich positiv, fast harmonisch. Dazu trug sicherlich das Machtwort von Mobilitätsminister François Bausch bei, der im Namen der Regierung – der luxemburgische Staat ist Mehrheitsaktionär bei Cargolux und Luxair – eine Beschäftigungsgarantie als Ziel der Verhandlungen ausgab. Es müsse eine Lösung gefunden werden, bei der keiner der Angestellten arbeitslos würde.
Am Donnerstagmorgen hatte die zweite Sitzung des Sozialdialogs nach dem letzten Treffen Mitte Juli stattgefunden. Dieser war nötig geworden durch die massive Krise, in die das Corona-Virus die Luftfahrtbranche gestoßen hatte. „Wie ich beim letzten Treffen schon gesagt habe: Es geht der Luxair schlecht. Heute geht es uns nicht besser und vor allem nicht so gut, wie wir gehofft hatten“, sagte Gilles Feith, Chef der Luxair, in der Pressekonferenz im Anschluss an die Sitzung. „Die zweite Welle und das ,Blacklisting' Luxemburgs haben Luxair zehntausende Passagiere gekostet und 20 Millionen Euro Einnahmen im Vergleich zum Vorjahr.“
Unsichere Zukunft
Die Luxair gehe durch eine schlimme Krise; die Covid-Pandemie habe strukturelle Probleme bei dem Unternehmen noch verstärkt, sagte Patrick Dury, Nationalpräsident des LCGB. „Es weiß heute noch niemand, wie die Luftfahrtbranche sich durch die Krise verändern wird und wie sich das auf die Luxair auswirkt“, so der Gewerkschaftsführer. Man sei sich einig, dass die Branche im kommenden Jahr noch längst nicht über den Berg sei, sondern noch in den nächsten zwei bis drei Jahren mit massiven Problemen konfrontiert sei, sagte Michelle Cloos, OGBL-Zentralsekretärin für den Bereich Zivile Luftfahrt. Auch Minister Bausch rechnet damit, dass die Branche frühestens 2023 wieder zur Normalität zurückfindet.
Neben der Luxair nahmen auch der CEO von Cargolux, Richard Forson, und der Chef des Flughafenbetreibers Luxairport, René Steinhaus, an den Gesprächen teil.
Im Vergleich mit der Luxair kommen die anderen beiden Unternehmen bisher relativ gut durch die Krise.
Verhaltener Optimismus
Das Frachtgeschäft von Cargolux entwickelte sich sogar gut, weil aktuell weniger Waren von Passagierfliegern mittransportiert werden. Dennoch warnte Forson vor übertriebenem Optimismus. Es sei gut möglich, dass eine gesamtwirtschaftliche Krise und geringerer Konsum mittelfristig auch das Luftfrachtaufkommen senke. „Cargolux ist bereit, ein Teil der Lösung für den luxemburgischen Luftfahrtsektor zu sein, aber nicht auf Kosten der Tragfähigkeit des Unternehmens“, so Forson.
Ähnlich vorsichtig beurteilt auch René Steinhaus die Situation bei Luxairport. „Seit wir uns das letzte Mal getroffen haben, haben alle in der Industrie ihre Voraussagen korrigiert, auch wir. Wir haben einen stabilen Betrieb, allerdings auf einem sehr geringen Niveau“, so der Flughafenchef.
Bis zur nächsten Tripartite-Sitzung am 7. Oktober soll nun ein Gesamtpaket geschnürt werden, das die Zukunftsfähigkeit des ganzen Luftfahrtsektors im Großherzogtum sichern soll, so Minister Bausch. Dazu sollen auch Beamte des Mobilitäts-, des Arbeits- und des Finanzministeriums an einer entsprechenden Arbeitsgruppe teilnehmen. Das Ziel müsse sein, die zur Verfügung stehenden sozialen Instrumente wie Vorruhestandsmodelle zu nutzen und die notwendigen Kostensenkungsmaßnahmen „auf luxemburgische Art und Weise“sozial abzufedern, so Minister Bausch.
Bis spätestens Mitte Oktober will der Minister im Rahmen der Tripartite eine Lösung gefunden haben, mit der auch die privaten Anteilseigner der beteiligten Unternehmen leben können und die über 2021 hinaus langfristig tragfähig sei. An konkreten Maßnahmen schlugen die Gewerkschaften zum Beispiel vor, dass es einen bedarfsgerechten „Austausch“von Mitarbeitern zwischen den beteiligten Unternehmen geben könnte. Da Cargolux eine ungünstige Alterspyramide bei den Mitarbeitern aufweise, könnten die älteren Piloten dort in Ruhestand gehen und nach entsprechender Weiterbildung durch Luxair-Piloten ersetzt werden.
Insgesamt lobten alle Beteiligten die konstruktive Atmosphäre, in der die Gespräche stattfanden. Er sei morgens eher pessimistisch in die Sitzung reingegangen, sei aber jetzt überzeugt, dass es gelinge, die Wirtschaftsaktivitäten der Unternehmen zu sichern, ohne dass es zu Arbeitsplatzverlusten kommt, so Dury.
Es weiß heute noch niemand, wie die Luftfahrtbranche sich verändern wird. Patrick Dury