Schwache Regierung, schwache CSV
ADR sieht ihre Chance gekommen, als Oppositionspartei stärker zur Geltung zu kommen
Es sind nur noch wenige Tage bis zur parlamentarischen Rentrée. An brisanten und spannenden politischen Themen wird es nicht mangeln. Ein zentrales Thema wird sein, wie die Regierung das tiefe Loch in der Staatskasse stopfen möchte. Die ADR befürchtet, dass es zu Steuererhöhungen kommen wird. „Wir sind strikt gegen Steuererhöhungen“, sagte gestern der ADR-Abgeordnete Fernand Kartheiser bei einer Pressekonferenz – und erinnerte an die Worte von Staatsminister Xavier Bettel und Finanzminister Pierre Gramegna (beide DP), die zu Beginn der Krise versprochen hätten, dass es nicht zu Steuererhöhungen kommen werde. „Wir sind in diesem Punkt mit der Regierung einer Meinung“, sagte Kartheiser. Er warnte angesichts einer ganzen Reihe von geplanten Steuererhöhungen (Akzisen, CO2-Steuer, Grundsteuer) zuzüglich europäische Abgaben vor einer Lawine von Steuererhöhungen.
Die ADR sei aber „für die Abschaffung von Vorteilen, die im Widerspruch zum Steuergerechtigkeitsprinzip stehen“. Einer Reform der Fonds d'investissement spécialisés (FIS) oder der Stock options steht die ADR demnach positiv gegenüber. Eine Erbschaftsoder Vermögenssteuer, wie sie CSV-Präsident Frank Engel ins Gespräch gebracht hatte, lehnt die ADR kategorisch ab.
Debatte über Industriepolitik
Bezüglich der Debatte über die Diversifizierung der Luxemburger Wirtschaft und die Luxemburger Industriepolitik hieß es gestern bei der ADR: „Wir brauchen die Industrie, um die hiesige Wirtschaft resistenzfähiger zu machen, aber wir haben ein Konkurrenzproblem.“Das habe mit dem europäischen Emissionshandelssystem zu tun und mit der CO2-Besteuerung. „Wir müssen das im Auge behalten.“Die ADR gab gestern den Grünen die Schuld oder zumindest eine Mitschuld am Rückzug des Joghurtherstellers Fage und stellte insgesamt das Vorgehen von Déi Gréng infrage. „Wir befinden uns in einer Situation, in der die Grünen riskieren durch ihre Vorgehensweise Luxemburg als Industriestandort infrage zu stellen, und sie sind dabei, der LSAP die Industriepolitik aus der Hand zu nehmen“, sagte Kartheiser.
Am 13. Oktober gibt Premierminister Xavier Bettel (DP) seine Erklärung zur Lage der Nation ab. Die ADR erwartet sich einen Premier, „der versuchen wird, eine Stärke zu vermitteln, die diese Regierung nicht mehr hat. Er wird versuchen, den Eindruck zu vermitteln, dass die Regierung die Krise gut gemeistert hat und es ihr gelingen wird, für wirtschaftlichen Aufschwung zu sorgen“. Das sei aber in der Substanz nicht glaubwürdig. „Wir werden Diskussionen über Steuererhöhungen, über Wettbewerbsfähigkeit, über Migration haben. Es werden schwierige Zeiten auf uns zukommen.“
„Politische Fragmentierung“
Die ADR sieht ihre Zeit gekommen, als Oppositionspartei stärkere politische Akzente zu setzen. Die Regierung sei intern inkohärent und unsolidarisch und deswegen schwach. Doch auch die
Xavier Bettel wird versuchen, eine Stärke zu vermitteln, die diese Regierung nicht mehr hat. Fernand Kartheiser
größte Oppositionspartei (CSV) sei schwach und unfähig, ihre Rolle effizient auszufüllen. „Wir befinden uns in einer Situation politischer Fragmentierung“, sagte Kartheiser. In diesem Umfeld wolle man als ADR Stabilität in die politische Diskussion bringen „und die Regierung an ihre Verantwortung erinnern, das zu tun, was das Land jetzt braucht, und zwar in erster Linie den Weg aus dieser Krise finden“.