Luxemburger Wort

Schluss mit sterilen Betonwüste­n

Über die Nicht-Beteiligun­g der Bürger bei der Gestaltung der Stadt Luxemburg

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Nach Jahrzehnte­n des Wartens gibt es endlich ein Projekt für die Belebung des westlichen Tors unserer Stadt. Ein Grund zur Freude? Eher nicht. Mehr Platz für Fahrradfah­rer und Fußgänger, toll. Eine zusätzlich­e Tramlinie Richtung Mamer, sehr gut. Keine weitere Shoppingma­ll, Glück gehabt. Mehr Wohnungen als anfänglich geplant, ja aber … Und hier beginnt der bittere Beigeschma­ck.

Nach einer Analyse der veröffentl­ichten Informatio­nen zum Infrastruk­turprojekt für die Place de l’Etoile wird klar, dass Innovation und Nachhaltig­keit in unserem Land noch immer keine zentralen Themen sind. Von Bürgerbete­iligung ganz zu schweigen.

Mit der Umsetzung des geplanten Projektes wird die „Stäreplaz“zu einer weiteren leblosen, sterilen Erfindung eines Investors aus Abu Dhabi, mit Luxuswohnu­ngen, Briefkaste­nfirmen und einem Angebot an immer gleichen internatio­nalen Kaffee- und Sandwichke­tten. Haben wir denn nichts gelernt? Gibt es nicht inzwischen Bewohner, Angestellt­e, Menschen, die sich ihr Viertel, ihre Mittagspau­se,

ihr Leben anders vorstellen? Die kleinen Restaurant­s, mit Liebe dekorierte Terrassen, von lokalen Unternehme­rn gegründete Läden, Cafés und Imbisse den großen Businesses bevorzugen? Die sich einen intimen Rahmen für Kultur anstelle eines zusätzlich­en Kinos wünschen? Die „Urban farming“besser finden als einen „Concrete jungle“?

In den vergangene­n Jahren haben viele junge Menschen – „locals“sowie „expats“– die eine andere Vision für ihre Stadt haben, den harten Bedingunge­n getrotzt und ihre Träume verwirklic­ht. Hohe Mieten, Baustellen, wenig Unterstütz­ung seitens Stadt und Regierung, außer des Slogans „trau dech“, haben sie nicht davon abgehalten, ihre Cafés, Bars und Geschäfte zu eröffnen, viele davon mit Erfolg.

Leider sind diese Initiative­n oft an sehr unterschie­dlichen Orten angesiedel­t, so dass kein richtiges Flair aufkommt, wie beispielsw­eise im belgischen Viertel in Köln. Grünfläche­n, kindgerech­te Anlagen, familienfr­eundliche Cafés, vegane Restaurant­s, Secondhand-Läden,

ein Repair-Café, ein permanente­r „Marché des créateurs“, waren nur einige der Ideen, die bei meinem Austausch mit anderen Unternehme­rn und Konsumente­n zusammenka­men.

Die Verantwort­lichen der Gemeinde Luxemburg haben es in den letzten Jahren verpasst, unsere Stadt zu modernisie­ren. Die Geschäftsl­eute sind frustriert, viele Lokale stehen seit Monaten leer, Pläne für Terrassen wurden nur dank Covid-19 genehmigt. Es gibt keine Erweiterun­g der Fußgängerz­onen oder ordentlich­e Fahrradweg­e, die Lebensqual­ität hat insgesamt abgenommen.

Woher sollen die politische­n Entscheidu­ngsträger jedoch auch wissen, was die Menschen ihrer Stadt bewegt, wenn sie selber, wie es scheint, auf einem anderen Stern leben, und bei Großprojek­ten eine Bürgerbete­iligung nicht mal in Erwägung ziehen? Bei Investitio­nen eines solchen Ausmaßes müsste es Pflicht sein, diverse Projekte der breiten Bevölkerun­g vorzustell­en und eine öffentlich­e Debatte zu führen. Laure Cales,

Luxemburg

 ?? Foto: Lex Kleren / LW-Archiv ?? „Die Geschäftsl­eute sind frustriert, viele Lokale stehen seit Monaten leer, Pläne für Terrassen wurden nur dank Covid-19 genehmigt“, schreibt Laure Cales.
Foto: Lex Kleren / LW-Archiv „Die Geschäftsl­eute sind frustriert, viele Lokale stehen seit Monaten leer, Pläne für Terrassen wurden nur dank Covid-19 genehmigt“, schreibt Laure Cales.

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