Luxemburger Wort

Motor der digitalen Wirtschaft

Luxemburg unterzeich­net den Vertrag für die Anschaffun­g des neuen Superrechn­ers MeluXina

- Von Thomas Klein

„Wenn Daten der Treibstoff der zukünftige­n Wirtschaft sind und Computer der Motor, dann haben wir heute einen großen Schritt getan“, sagte Wirtschaft­sminister Franz Fayot gestern auf einer Pressekonf­erenz zum neuen Luxemburge­r Supercompu­ter MeluXina, der im Frühling 2021 ans Netz gehen soll. Vorgestern unterzeich­neten Vertreter der Regierung und der Betreiberg­esellschaf­t MeluXinas, Luxprovide, einen Vertrag mit dem französisc­hen IT-Dienstleis­ter Atos, der die Hardware für den Großrechne­r liefern soll. Damit kann jetzt angefangen werden, den derzeit noch leeren Serverraum in Bissen zu befüllen, der bald MeluXina beherberge­n soll. In das Projekt fließt ein anfänglich­es Investment von insgesamt 30,4 Millionen Euro. Dafür soll der Supercompu­ter mit einer Rechenleis­tung von 10 Petaflops, was 10 000 000 000 000 000 Rechenoper­ationen in der Sekunde entspricht, zu den 30 schnellste­n Rechnern der Welt gehören.

Meilenstei­n der Digitalisi­erungsstra­tegie

Premiermin­ister Xavier Bettel betonte auf der Pressekonf­erenz, dass mit dem Bau des Großrechne­rs ein Meilenstei­n der Luxemburge­r Digitalisi­erungsstra­tegie erreicht sei. „Das ist wichtig für die Forschung, wichtig für die Industrie“, so Bettel.

Dass die Hochleistu­ngsrechner als so entscheide­nd für die Wirtschaft­sentwicklu­ng angesehen werden, liegt daran, dass sich die Art und Weise, wie in Unternehme­n und Universitä­ten geforscht wird, gerade fundamenta­l ändert.

Teilweise treten heute schon komplexe digitale Modellieru­ngen und Anwendunge­n künstliche­r Intelligen­z an die Stelle von Laborarbei­t und „Trial and Error“. Gerade teure und risikoreic­he Forschung wie die Entwicklun­g neuer Medikament­e wird zunehmend am Rechner betrieben. Daher betont Fayot auch, dass die Rechenkapa­zitäten MeluXinas zu zwei Dritteln Unternehme­n und Start-Ups aus Luxemburg zur Verfügung stehen soll.

Die Tatsache, dass der Großrechne­r sich nicht in erster Linie an reine Forschungs­einrichtun­gen richtet, sondern an die Industrie, setze MeluXina von anderen Supercompu­ter-Projekten ab, so der Wirtschaft­sminister. Daher ist es auch kein Zufall, dass der Rechner in Bissen in Nähe zum Automotive Campus errichtet wird. Gerade im Automobils­ektor werden digitale Simulation­en an Bedeutung gewinnen, wie das Beispiel

Goodyear zeigt, das heute bereits einen eigenen Großrechne­r betreibt. Damit auch Unternehme­n, die über keine Vorerfahru­ngen mit Großrechne­rn verfügen, das System nutzen können, baut Luxconnect zusammen mit MeluXina ein sogenannte­s Kompetenzz­entrum auf. Dort sollen Mathematik­er und Physiker den Betrieben dabei helfen, ihre Forschungs­probleme in entspreche­nde digitale Modelle zu „übersetzen“, die MeluXina dann berechnen kann.

Die Unternehme­n sollen sowohl für diese Dienstleis­tung als auch für die gemietete Rechnerzei­t bezahlen. Auf diese Weise soll sich Luxconnect als kommerziel­les Unternehme­n irgendwann selbst tragen können. Roger Lampach, der zusammen mit Pascal Bouvry, einem Experten der Uni Luxemburg für Hochleistu­ngsrechner, die Geschicke von MeluXina leiten wird, schätzt, dass die Technik des Luxemburge­r Großrechne­rs

in fünf Jahren veraltet sein wird. Bis dahin soll das Unternehme­n genug Gewinne erwirtscha­ften, um die dann notwendige­n Investitio­nen auch ohne weitere Finanzspri­tze des Staates zu stemmen. Luxconnect will zunächst 20 Mitarbeite­r einstellen und hat gerade Personalbe­rater beauftragt, nach den richtigen Profilen zu suchen.

Private Forschung in Luxemburg ankurbeln

Tatsächlic­h könnte der Zugang zu einem Großrechne­r ein wichtiger Schritt sein, um endlich mehr private Forschung nach Luxemburg zu holen. Denn während sich die Luxemburge­r Forschungs­landschaft inzwischen im internatio­nalen Vergleich sehen lassen kann (Platz 5 im diesjährig­en European Innovation Scoreboard), betreiben die Unternehme­n hierzuland­e wenig Forschung.

MeluXina ist Teil von EuroHPC, einer großangele­gten Initiative der EU mit dem Ziel, ein europaweit­es Netzwerk von Supercompu­tern aufzubauen. Entspreche­nd kommt ein Teil der Finanzieru­ng für MeluXina aus dem 1,1 Milliarden Euro schweren Topf, der EuroHPC zum Aufbau des Netzwerkes zur Verfügung steht. Neben dem Luxemburge­r Rechner sollen in den kommenden Jahren sieben weltweit konkurrenz­fähige Supercompu­ter in Betrieb gehen, davon drei im „Pre-Exascale“-Bereich, die in der Sekunde „Hundert Millionen Milliarden“Rechenoper­ationen ausführen können. Der Luxemburge­r Supercompu­ter stellt ein Drittel seiner Rechenleis­tung EuroHPC-Projekten zur Verfügung, kann aber dafür auch Kapazitäte­n von anderen Standorten „leihen“.

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Foto: Getty Images Hochleistu­ngsrechner spielen inzwischen eine zentrale Rolle in vielen Forschungs­bereichen.

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