Motor der digitalen Wirtschaft
Luxemburg unterzeichnet den Vertrag für die Anschaffung des neuen Superrechners MeluXina
„Wenn Daten der Treibstoff der zukünftigen Wirtschaft sind und Computer der Motor, dann haben wir heute einen großen Schritt getan“, sagte Wirtschaftsminister Franz Fayot gestern auf einer Pressekonferenz zum neuen Luxemburger Supercomputer MeluXina, der im Frühling 2021 ans Netz gehen soll. Vorgestern unterzeichneten Vertreter der Regierung und der Betreibergesellschaft MeluXinas, Luxprovide, einen Vertrag mit dem französischen IT-Dienstleister Atos, der die Hardware für den Großrechner liefern soll. Damit kann jetzt angefangen werden, den derzeit noch leeren Serverraum in Bissen zu befüllen, der bald MeluXina beherbergen soll. In das Projekt fließt ein anfängliches Investment von insgesamt 30,4 Millionen Euro. Dafür soll der Supercomputer mit einer Rechenleistung von 10 Petaflops, was 10 000 000 000 000 000 Rechenoperationen in der Sekunde entspricht, zu den 30 schnellsten Rechnern der Welt gehören.
Meilenstein der Digitalisierungsstrategie
Premierminister Xavier Bettel betonte auf der Pressekonferenz, dass mit dem Bau des Großrechners ein Meilenstein der Luxemburger Digitalisierungsstrategie erreicht sei. „Das ist wichtig für die Forschung, wichtig für die Industrie“, so Bettel.
Dass die Hochleistungsrechner als so entscheidend für die Wirtschaftsentwicklung angesehen werden, liegt daran, dass sich die Art und Weise, wie in Unternehmen und Universitäten geforscht wird, gerade fundamental ändert.
Teilweise treten heute schon komplexe digitale Modellierungen und Anwendungen künstlicher Intelligenz an die Stelle von Laborarbeit und „Trial and Error“. Gerade teure und risikoreiche Forschung wie die Entwicklung neuer Medikamente wird zunehmend am Rechner betrieben. Daher betont Fayot auch, dass die Rechenkapazitäten MeluXinas zu zwei Dritteln Unternehmen und Start-Ups aus Luxemburg zur Verfügung stehen soll.
Die Tatsache, dass der Großrechner sich nicht in erster Linie an reine Forschungseinrichtungen richtet, sondern an die Industrie, setze MeluXina von anderen Supercomputer-Projekten ab, so der Wirtschaftsminister. Daher ist es auch kein Zufall, dass der Rechner in Bissen in Nähe zum Automotive Campus errichtet wird. Gerade im Automobilsektor werden digitale Simulationen an Bedeutung gewinnen, wie das Beispiel
Goodyear zeigt, das heute bereits einen eigenen Großrechner betreibt. Damit auch Unternehmen, die über keine Vorerfahrungen mit Großrechnern verfügen, das System nutzen können, baut Luxconnect zusammen mit MeluXina ein sogenanntes Kompetenzzentrum auf. Dort sollen Mathematiker und Physiker den Betrieben dabei helfen, ihre Forschungsprobleme in entsprechende digitale Modelle zu „übersetzen“, die MeluXina dann berechnen kann.
Die Unternehmen sollen sowohl für diese Dienstleistung als auch für die gemietete Rechnerzeit bezahlen. Auf diese Weise soll sich Luxconnect als kommerzielles Unternehmen irgendwann selbst tragen können. Roger Lampach, der zusammen mit Pascal Bouvry, einem Experten der Uni Luxemburg für Hochleistungsrechner, die Geschicke von MeluXina leiten wird, schätzt, dass die Technik des Luxemburger Großrechners
in fünf Jahren veraltet sein wird. Bis dahin soll das Unternehmen genug Gewinne erwirtschaften, um die dann notwendigen Investitionen auch ohne weitere Finanzspritze des Staates zu stemmen. Luxconnect will zunächst 20 Mitarbeiter einstellen und hat gerade Personalberater beauftragt, nach den richtigen Profilen zu suchen.
Private Forschung in Luxemburg ankurbeln
Tatsächlich könnte der Zugang zu einem Großrechner ein wichtiger Schritt sein, um endlich mehr private Forschung nach Luxemburg zu holen. Denn während sich die Luxemburger Forschungslandschaft inzwischen im internationalen Vergleich sehen lassen kann (Platz 5 im diesjährigen European Innovation Scoreboard), betreiben die Unternehmen hierzulande wenig Forschung.
MeluXina ist Teil von EuroHPC, einer großangelegten Initiative der EU mit dem Ziel, ein europaweites Netzwerk von Supercomputern aufzubauen. Entsprechend kommt ein Teil der Finanzierung für MeluXina aus dem 1,1 Milliarden Euro schweren Topf, der EuroHPC zum Aufbau des Netzwerkes zur Verfügung steht. Neben dem Luxemburger Rechner sollen in den kommenden Jahren sieben weltweit konkurrenzfähige Supercomputer in Betrieb gehen, davon drei im „Pre-Exascale“-Bereich, die in der Sekunde „Hundert Millionen Milliarden“Rechenoperationen ausführen können. Der Luxemburger Supercomputer stellt ein Drittel seiner Rechenleistung EuroHPC-Projekten zur Verfügung, kann aber dafür auch Kapazitäten von anderen Standorten „leihen“.