Erste Adresse auf Kirchberg
50 Jahre in Luxemburg: Die Deutsche Bank
Gleich zwei Jubiläen feiert Deutschlands größtes Geldinstitut: Das Mutterhaus wird 150, die Tochtergesellschaft in Luxemburg 50 Jahre alt.
Hundert Jahre nach der Gründung der Deutschen Bank am 10. März in Berlin durch „Allerhöchsten Erlass Sr. Majestät des Königs von Preußen“und auf Initiative des Privatbankiers Adelbert Delbrück und des Politikers und Währungsfachmanns Ludwig Bamberger war Luxemburg 1970 das erste Land, in dem die Deutsche Bank nach dem Zweiten Weltkrieg eine Auslandstochter gründete. Insgesamt zählte das Land damals keine 40 Geldinstitute.
Dass der deutsche Bankkonzern von Beginn an ein international ausgerichtetes Institut sein sollte, zeigt übrigens schon der Name, den die Gründer ihr gaben: Deutsche Bank – ein Jahr noch vor der Gründung des Deutschen Reiches. Diese internationale Ausrichtung war auch der Grund dafür, ins Großherzogtum zu kommen: die Bank auf dem wachsenden Markt nicht der Konkurrenz zu überlassen, wie beispielsweise der Dresdner Bank, die schon drei Jahre zuvor in Luxemburg eine Tochtergesellschaft gegründet hatte. Luxemburg wurde damals zur globalen Drehscheibe für den Euromarkt.
Ekkehard Storck, der langjährige erste Chef der Deutschen Bank in Luxemburg, hat nicht nur wesentlich zum Gedeihen des Finanzplatzes und des Euromarkts beigetragen, sondern mit „Globale Drehscheibe Euromarkt“auch ein Standardwerk dazu verfasst.
Zuerst hatte die „Compagnie Financière de la Deutsche Bank“genannte Bank mit elf Mitarbeitern ihren Sitz in der Rue de Strasbourg nahe dem hauptstädtischen Hauptbahnhof, zog dann 1977 – mit nun 50 Mitarbeitern war der Platz knapp geworden – in ein Bürohochhaus am Boulevard Royal und von dort, nach der Umfirmierung in „Deutsche Bank Luxembourg SA“und dem Einstieg ins Privatkundengeschäft, als erste Bank in das damals neue Hauptstadtviertel Kirchberg, das bis dahin nur EU-Behörden beherbergte.
Dort bezog sie 1991 das seit 1989 vom berühmten Kirchenbauer Gottfried Böhm errichtete Gebäude, das heute nicht nur wegen seiner Architektur, sondern auch wegen seiner Akustik geschätzt ist. Es heißt, es biete nach der Philharmonie den zweitbesten Raumklang im Großherzogtum, was die Bank auch jährlich für ihr Neujahrskonzert, das dieses Jahr pandemiebedingt ausfallen wird, nutzt. Als Teilnehmer der Private Art Kirchberg öffnet die Bank alle zwei Jahre der interessierten Öffentlichkeit ihre Türen, um ihre Kunstsammlung und spezielle Ausstellungen zu zeigen.
Die Immobilie selbst hat der Mutterkonzern vor Jahren an den US-Finanzinvestor Blackstone verkauft. Rund 50 Millionen Euro soll der Bau damals gekostet haben. Über den Verkaufspreis des quadratischen Baukörpers mit seiner offenen Bürolandschaft und der auffälligen Glaskuppel am Boulevard Konrad Adenauer wurde Stillschweigen vereinbart. Durch ihren Umzug Anfang der 1990er Jahre hatte die Deutsche Bank großen Anteil daran, auf Kirchberg ein Finanzzentrum zu schaffen.
Nur vier Geschäftsführer in einem halben Jahrhundert
Ekkehard Storck, geschäftsführendes Verwaltungsratsmitglied der
Deutschen Bank Luxembourg, hat die Geschicke der Luxemburger Deutsche-Bank-Tochter seit ihrer Gründung im Jahre 1970 geleitet.
Im Juni 1998, nach 28 Jahren, wurde Ernst Wilhelm Contzen sein Nachfolger als Chef der Deutschen Bank Luxembourg; der Rheinländer wurde auch – als erster Nicht-Luxemburger – Präsident der Luxemburger Bankenvereinigung ABBL, die er während seiner zweimaligen Amtszeit von 2010 bis 2014 mitprägte. Nach Contzens Renteneintritt übernahm Boris Liedtke, der allerdings nur zwei Jahre blieb. Dann wurde Frank Krings im April 2016 Chief Country Officer der Deutschen Bank Luxembourg. Contzen selbst blieb als Rentner nach seinem Karriereende bei der Deutschen Bank nicht nur im Grossherzogtum, sondern ist mittlerweile auch Luxemburger Staatsbürger.
Im Laufe der Zeit vergrößerte sich die Deutsche Bank Luxembourg durch Übernahmen, wie zum Beispiel von Bankers Trust; andere Zukäufe, wie den der Bank Sal. Oppenheim stieß sie unterdessen wieder ab. Von Randbereichen wie Versicherungen trennte sich die Deutsche Bank Luxembourg ebenfalls wieder, während die Deutsche Postbank in Munsbach ins Unternehmen integriert wurde.
Auch zur positiven Entwicklung der kollektiven Vermögensverwaltung mit Investmentfonds, die seit Mitte der 1980er Jahre zu einem Pfeiler des Finanzplatzes Luxemburg wurde, trug die Deutsche
Bank Luxembourg im Laufe ihrer Geschichte bei. Die zur Deutschen Bank gehörende DWS zählt zu den weltweit größten Vermögensverwaltern und hat in Luxemburg mehr als tausend Fonds. Intern, innerhalb des Deutsche-BankKonzerns, hat die Deutsche Bank Luxembourg zuletzt zwar ihren Anteil am Fondsgeschäft „Deutsche Asset Management“(seit 2019 „DWS Investment S.A.“) übertragen, deren Geschäftssitz allerdings nach wie vor Luxemburg ist und die unverändert zum Deutsche-Bank-Konzern gehört. So kommt es, dass der Bankkonzern in Luxemburg insgesamt 570 Mitarbeiter beschäftigt; die Deutsche Bank Luxembourg selbst zählt rund 300 Mitarbeiter aus 22 Nationen, etwa 75 Prozent davon sind Grenzgänger.
2010 stiftete die Deutsche Bank der 2003 gegründeten Luxembourg School of Finance an der Universität Luxemburg einen Lehrstuhl für „Finanzen“, der Forschungsfragen im Bereich Banking and Finance mit Anwendungen für den Bankenplatz Luxemburg behandeln sollte. Er hatte allerdings nur von 2012 bis 2016 Bestand.
Laut Geschäftsführer Krings, der inzwischen auch zum Verantwortlichen der Deutsche-BankGruppe für Westeuropa ernannt wurde einschließlich Belgiens, Frankreichs, Luxemburgs und der Schweiz, fokussiert sich das Institut wieder auf seine Hauptstandbeine Investmentbanking, Unternehmensfinanzierungen – Kredite im dreistelligen Bereich sind die
Regel – sowie Vermögensverwaltung von mehr als zweitausend vermögenden Privatkunden in der EU und ausgewählte Märkte. Ende 2019 hatte die Deutsche Bank Luxemburg Darlehen über 12,3 Milliarden Euro vergeben, darunter Lombard-Darlehen und Hypothekendarlehen an Privatkunden sowie Kredite an Unternehmen und institutionelle Kunden.
Wichtiger Standort innerhalbdes Konzerns
Der Bankkonzern bündelt in Luxemburg das Wealth Management innerhalb der Europäischen Union, wobei auch das AAA-Rating Luxemburgs wichtig ist. „Steuern sind kein Grund mehr für Kunden, nach Luxemburg zu kommen“, sagt Krings. Das Argument „Bankgeheimnis“, mit dem viele Auslandsbanken seit den 1980er Jahren aktiv Geld nach Luxemburg holten – die Deutsche Bank in Luxemburg war 1987 ins Privatkundengeschäft eingestiegen –, ist seit 2015 passé. Manche andere Tochtergesellschaft von einst zahlreich am Luxemburger Finanzplatz vertretenen deutschen Kreditinstituten wurde seitdem deswegen abgewickelt.
Die Deutsche Bank Luxembourg verbuchte für das Jahr 2019 einen Überschuss von 88 Millionen Euro. Bei einem Eigenkapital von rund sechs Milliarden Euro belief sich die Bilanzsumme des Luxemburger Hauses zum 31. Dezember 2019 auf 30 Milliarden Euro. Damit ist sie die größte Auslandsbank in Luxemburg.
Ekkehard Storck (v.l.), dann Ernst Wilhelm Contzen gefolgt von Boris Liedtke leiteten die Deutsche Bank Luxembourg. 2016 bezog Frank Krings das Chefbüro im Komplex am Boulevard Konrad Adenauer.