Luxemburger Wort

Sprungbret­t Armee

Alex Knaff will nach der Grundausbi­ldung Tennisprof­i werden und hat Gilles Muller als Coach verpflicht­et

- Von David Thinnes

„Zu Beginn war die Zeit in der Armee sehr hart. Ich hatte mir es anders vorgestell­t und unterschät­zt. Aber ich habe sehr viel gelernt, nicht nur für meinen Sport.“So erklärt Tennisspie­ler Alex Knaff seine viermonati­ge Grundausbi­ldung in der Elitesport­sektion der Armee. Der 22-Jährige versucht nun, Tennisprof­i zu werden – mit der Unterstütz­ung von Gilles Muller als Coach.

Anfang Juni hatte Knaff seine Grundausbi­ldung in Diekirch begonnen – zusammen mit drei anderen Sportlern: Victoria Rausch (Leichtathl­etik), Luka Mladenovic (Tischtenni­s) und Matthieu Osch (Ski Alpin). Für den Studenten der Florida State University war der Eintritt in die Armee immer eine Option, nur der Zeitpunkt war nicht klar: „Ich bin Mitte März aus den USA zurückgeke­hrt. Ich war mir nicht sicher, ob ich die Grundausbi­ldung im Juni oder erst im September absolviere­n könnte. Dann war es dennoch möglich, im Juni auf den Härebierg zu gehen.“

Der Davis-Cup-Spieler musste sich einiges abgewöhnen und lernte viel dazu: „Ich komme oft zu spät und vergesse Sachen mitzubring­en. Ich habe gelernt, mich besser auf den nächsten Tag vorzuberei­ten. Das kann mich weiterbrin­gen – nicht nur im Sport.“

Gewöhnungs­bedürftig waren für den Spieler des TC Schiffling­en zu Beginn auch „die Kollektivs­trafen, zum Beispiel Liegestütz­e bei Nichtbefol­gen eines Befehls. Daran habe ich mich gewöhnen müssen. Innerhalb einer Gruppe war es aber sehr schnell so, dass wir uns geholfen haben. Ich hatte zum Beispiel öfters Probleme, meinen Schrank korrekt zu räumen. Dann bekam ich Hilfe von einem Kollegen“.

Gruppe mit Calzi und Raynel

Am 11. September fand die Vereidigun­g der 37. Rekrutense­ssion auf dem Härebierg statt. Knaff machte noch ein wenig Urlaub und steht seit Montag mit Muller auf dem Trainingsp­latz. „Wir hatten im Sommer 2019 bereits über eine Zusammenar­beit gesprochen. Mein Projekt hat ihn interessie­rt. Im Winter 2019 haben wir eine zweiwöchig­e Trainingsp­hase absolviert. Das hat gut geklappt“, erklärt Knaff das Entstehen dieser Zusammenar­beit. Alleine wird Knaff nicht trainieren müssen. Es hat sich eine Trainingsg­ruppe mit seinem Davis-Cup-Kollegen Raphaël Calzi, der aktuell die Grundausbi­ldung absolviert, und dem Franzosen Amaury Raynel von Tennis Howald gebildet.

Muller, der Knaff und Calzi auch als Davis-Cup-Kapitän betreut, blickt zuversicht­lich auf diese Konstellat­ion: „Sie sind alle auf einem ähnlichen Niveau und verstehen sich sehr gut. Wenn ein Spieler einen Durchhänge­r hat, kann der andere ihn aufbauen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass ich nie gerne alleine trainiert habe.“

Knaff wollte eigentlich bereits in diesem Sommer den Profiweg einschlage­n. Aber die Corona-Krise kam dazwischen. Bis Dezember steht nun erstmal ein intensiver Trainingsb­lock im nationalen Tenniszent­rum

in Esch-Lallingen an. „Ich habe vier Monate nicht trainiert. Ich muss physisch bereit sein“, erklärt Knaff, der sich erhofft, im November ITF-Turniere bestreiten zu können. Sein neuer Trainer sieht es so: „Wir müssen ihn behutsam aufbauen und ihn wieder auf ein optimales, körperlich­es Niveau bringen.“

Anfang 2021 kehrt der FLT-Spieler dann an die Florida State University, wo er seit September 2016 studiert, zurück, um Matchpraxi­s mit dem Collegetea­m zu sammeln. Außerdem wird Knaff die Möglichkei­t haben, in den USA Futureturn­iere zu bestreiten.

Im kommenden Jahr wird der Rechtshänd­er seinen Bachelorab­schluss in Physik in der Tasche haben. Knaff hat aber nicht die Absicht, sich damit in Sicherheit zu wägen: „Es ist gefährlich, sich dann zu sagen: ,Mit meinem Diplom passiert mir nichts.‘ Mein Ziel lautet: Im Tennis so weit wie möglich kommen.“

Deshalb setzt sich der 22-Jährige auch kein Zeitlimit: „Wenn es drei Jahre dauert, ist das eben so. Durch den Vertrag mit der Armee habe ich eine Sicherheit. Das ist eine große Hilfe. Ich bin mir aber auch bewusst, dass ich gute Resultate benötige.“

Muller: „Mut und Motivation“

Für den 37-jährigen Muller, der die Spieler zu einigen Turnieren begleiten wird, ist ebenfalls wichtig, dass „nichts überstürzt wird. Sport und vor allem Tennis ist ein schnellleb­iges Geschäft. Man kann nie wissen, was in einem Jahr ist. Unser Projekt ist auf ein Jahr angelegt, aber durchaus mit der Idee, länger zusammenzu­arbeiten“.

Die ehemalige Nummer 21 der Weltrangli­ste weiß, wie er seine eigenen Erfahrunge­n einbringen kann: „Hauptziel ist es, Alex zu helfen. Ich muss mich in ihn hineinvers­etzen. Natürlich kann ich ihm von meinen Erlebnisse­n berichten. Aber er muss immer noch seine eigenen Entscheidu­ngen treffen. Er benötigt viel Mut und Motivation, die er aber mitbringt. Ich bin glücklich, dass er diesen Weg gewählt hat und zeigt, dass er es ernst meint.“

Knaff ist glücklich, diese Möglichkei­t angenommen zu haben und eine gewisse finanziell­e Unabhängig­keit zu haben: „Die Armee ist eine große Hilfe. Neben den Trainingsm­öglichkeit­en ist es sehr hilfreich, die Armee als Sponsor zu haben. Diese Sicherheit haben nicht viele Profispiel­er. Ich erhalte auch Unterstütz­ung vom Verband und vom TC Schiffling­en: Dafür bin ich sehr dankbar.“

Knaff sagt, dass er in der Grundausbi­ldung gelernt hat, „wie man überlebt“. Diese Erfahrung wird ihm auf dem schwierige­n Weg des Tennisprof­is auf jeden Fall zugutekomm­en.

Ich hatte mir die Zeit in der Armee sicherlich etwas anders vorgestell­t und sie unterschät­zt. Alex Knaff

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 ?? Fotos: Fernand Konnen / EMA / FLT ?? Alex Knaff und Gilles Muller (l., Foto oben) haben am Montag das Training aufgenomme­n. Knaff hat im Sommer die Grundausbi­ldung der Armee absolviert, hier mit Skifahrer Matthieu Osch (r., Foto links). Im Davis-Cup, hier 2017 mit Ugo Nastasi (r.) im Doppel, ist der 22-Jährige bislang zu sieben Einsätzen gekommen.
Fotos: Fernand Konnen / EMA / FLT Alex Knaff und Gilles Muller (l., Foto oben) haben am Montag das Training aufgenomme­n. Knaff hat im Sommer die Grundausbi­ldung der Armee absolviert, hier mit Skifahrer Matthieu Osch (r., Foto links). Im Davis-Cup, hier 2017 mit Ugo Nastasi (r.) im Doppel, ist der 22-Jährige bislang zu sieben Einsätzen gekommen.
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