Sprungbrett Armee
Alex Knaff will nach der Grundausbildung Tennisprofi werden und hat Gilles Muller als Coach verpflichtet
„Zu Beginn war die Zeit in der Armee sehr hart. Ich hatte mir es anders vorgestellt und unterschätzt. Aber ich habe sehr viel gelernt, nicht nur für meinen Sport.“So erklärt Tennisspieler Alex Knaff seine viermonatige Grundausbildung in der Elitesportsektion der Armee. Der 22-Jährige versucht nun, Tennisprofi zu werden – mit der Unterstützung von Gilles Muller als Coach.
Anfang Juni hatte Knaff seine Grundausbildung in Diekirch begonnen – zusammen mit drei anderen Sportlern: Victoria Rausch (Leichtathletik), Luka Mladenovic (Tischtennis) und Matthieu Osch (Ski Alpin). Für den Studenten der Florida State University war der Eintritt in die Armee immer eine Option, nur der Zeitpunkt war nicht klar: „Ich bin Mitte März aus den USA zurückgekehrt. Ich war mir nicht sicher, ob ich die Grundausbildung im Juni oder erst im September absolvieren könnte. Dann war es dennoch möglich, im Juni auf den Härebierg zu gehen.“
Der Davis-Cup-Spieler musste sich einiges abgewöhnen und lernte viel dazu: „Ich komme oft zu spät und vergesse Sachen mitzubringen. Ich habe gelernt, mich besser auf den nächsten Tag vorzubereiten. Das kann mich weiterbringen – nicht nur im Sport.“
Gewöhnungsbedürftig waren für den Spieler des TC Schifflingen zu Beginn auch „die Kollektivstrafen, zum Beispiel Liegestütze bei Nichtbefolgen eines Befehls. Daran habe ich mich gewöhnen müssen. Innerhalb einer Gruppe war es aber sehr schnell so, dass wir uns geholfen haben. Ich hatte zum Beispiel öfters Probleme, meinen Schrank korrekt zu räumen. Dann bekam ich Hilfe von einem Kollegen“.
Gruppe mit Calzi und Raynel
Am 11. September fand die Vereidigung der 37. Rekrutensession auf dem Härebierg statt. Knaff machte noch ein wenig Urlaub und steht seit Montag mit Muller auf dem Trainingsplatz. „Wir hatten im Sommer 2019 bereits über eine Zusammenarbeit gesprochen. Mein Projekt hat ihn interessiert. Im Winter 2019 haben wir eine zweiwöchige Trainingsphase absolviert. Das hat gut geklappt“, erklärt Knaff das Entstehen dieser Zusammenarbeit. Alleine wird Knaff nicht trainieren müssen. Es hat sich eine Trainingsgruppe mit seinem Davis-Cup-Kollegen Raphaël Calzi, der aktuell die Grundausbildung absolviert, und dem Franzosen Amaury Raynel von Tennis Howald gebildet.
Muller, der Knaff und Calzi auch als Davis-Cup-Kapitän betreut, blickt zuversichtlich auf diese Konstellation: „Sie sind alle auf einem ähnlichen Niveau und verstehen sich sehr gut. Wenn ein Spieler einen Durchhänger hat, kann der andere ihn aufbauen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass ich nie gerne alleine trainiert habe.“
Knaff wollte eigentlich bereits in diesem Sommer den Profiweg einschlagen. Aber die Corona-Krise kam dazwischen. Bis Dezember steht nun erstmal ein intensiver Trainingsblock im nationalen Tenniszentrum
in Esch-Lallingen an. „Ich habe vier Monate nicht trainiert. Ich muss physisch bereit sein“, erklärt Knaff, der sich erhofft, im November ITF-Turniere bestreiten zu können. Sein neuer Trainer sieht es so: „Wir müssen ihn behutsam aufbauen und ihn wieder auf ein optimales, körperliches Niveau bringen.“
Anfang 2021 kehrt der FLT-Spieler dann an die Florida State University, wo er seit September 2016 studiert, zurück, um Matchpraxis mit dem Collegeteam zu sammeln. Außerdem wird Knaff die Möglichkeit haben, in den USA Futureturniere zu bestreiten.
Im kommenden Jahr wird der Rechtshänder seinen Bachelorabschluss in Physik in der Tasche haben. Knaff hat aber nicht die Absicht, sich damit in Sicherheit zu wägen: „Es ist gefährlich, sich dann zu sagen: ,Mit meinem Diplom passiert mir nichts.‘ Mein Ziel lautet: Im Tennis so weit wie möglich kommen.“
Deshalb setzt sich der 22-Jährige auch kein Zeitlimit: „Wenn es drei Jahre dauert, ist das eben so. Durch den Vertrag mit der Armee habe ich eine Sicherheit. Das ist eine große Hilfe. Ich bin mir aber auch bewusst, dass ich gute Resultate benötige.“
Muller: „Mut und Motivation“
Für den 37-jährigen Muller, der die Spieler zu einigen Turnieren begleiten wird, ist ebenfalls wichtig, dass „nichts überstürzt wird. Sport und vor allem Tennis ist ein schnelllebiges Geschäft. Man kann nie wissen, was in einem Jahr ist. Unser Projekt ist auf ein Jahr angelegt, aber durchaus mit der Idee, länger zusammenzuarbeiten“.
Die ehemalige Nummer 21 der Weltrangliste weiß, wie er seine eigenen Erfahrungen einbringen kann: „Hauptziel ist es, Alex zu helfen. Ich muss mich in ihn hineinversetzen. Natürlich kann ich ihm von meinen Erlebnissen berichten. Aber er muss immer noch seine eigenen Entscheidungen treffen. Er benötigt viel Mut und Motivation, die er aber mitbringt. Ich bin glücklich, dass er diesen Weg gewählt hat und zeigt, dass er es ernst meint.“
Knaff ist glücklich, diese Möglichkeit angenommen zu haben und eine gewisse finanzielle Unabhängigkeit zu haben: „Die Armee ist eine große Hilfe. Neben den Trainingsmöglichkeiten ist es sehr hilfreich, die Armee als Sponsor zu haben. Diese Sicherheit haben nicht viele Profispieler. Ich erhalte auch Unterstützung vom Verband und vom TC Schifflingen: Dafür bin ich sehr dankbar.“
Knaff sagt, dass er in der Grundausbildung gelernt hat, „wie man überlebt“. Diese Erfahrung wird ihm auf dem schwierigen Weg des Tennisprofis auf jeden Fall zugutekommen.
Ich hatte mir die Zeit in der Armee sicherlich etwas anders vorgestellt und sie unterschätzt. Alex Knaff