Lernen mit Misa
Olympiateilnehmerin Michaela Stejskalova will Basket Esch mit ihrer Erfahrung helfen
Michaela Stejskalova hat in ihrer Basketballkarriere viel erlebt, doch an einen olympischen Moment erinnert sie sich besonders gern. „Bei der Eröffnungsfeier in London habe ich LeBron James getroffen. Ich bat ihn um ein gemeinsames Foto. Es war großartig“, erzählt die Sportlerin begeistert. Die Begegnung mit dem Star der nordamerikanischen Profiliga NBA hatte Stejskalova 2012 bei den Olympischen Spielen in England, wo sie mit Tschechiens Nationalmannschaft antrat. Die blonde Frau ist außerdem WM- und EM-Teilnehmerin, sie spielte häufig in der EuroLeague. Und jetzt trägt sie das Trikot von Basket Esch.
Der Wechsel nach Luxemburg in die Total League erscheint ungewöhnlich. In der Escher Frauenmannschaft ist sie aber neben Tatsiana Likhtarovich aus Weißrussland bereits die zweite Profispielerin mit WM- und Olympia-Erfahrung. Beide kannten sich vorher. „Wir haben oft mit unseren Nationalmannschaften gegeneinander gespielt“, so Stejskalova. Beide haben im Escher Team niedliche Spitznamen: Tatsi und Misa.
Dass die 33-jährige Tschechin hierher kam, hat nichts mit der Bekanntschaft der Zwei zu tun, sondern eher mit coronabedingten Umständen. „Ich hatte eigentlich geplant, meine Karriere nach der Saison 2019/20 zu beenden. Aber so wollte ich nicht aufhören. Mein Agent bot mir diese Möglichkeit in Luxemburg an. Es schien mir eine gute Option zu sein, meine Erfahrung weiterzugeben“, so Stejskalova.
Das Land ist sehr schön, auch weil es viele Bäume und Grünflächen gibt. Michaela Stejskalova
Der Escher Trainer Vincent Gevrey hatte im Sommer zu diesem Spielervermittler, mit dem er früher bereits gearbeitet hatte, Kontakt aufgenommen. Eigentlich hatte er Adama Coulibaly aus Mali, die sich in der Vorsaison in Esch bewährt hatte, wieder verpflichten wollen. „Doch es gab Probleme mit dem Visum. Wegen der CoronaPandemie waren alle administrativen Vorgänge kompliziert. Wir hatten schon zwei Wochen verloren und brauchten jemanden, der schnell anreisen konnte“, sagt er.
Zuletzt in Italien aktiv
Stejskalova hatte zuletzt beim italienischen Erstligisten Iren Fixi Turin gespielt. In Norditalien war Corona im Frühjahr besonders schlimm gewesen. „Tschechien hatte die Grenzen geschlossen. Ich musste einen Monat länger in Turin bleiben als geplant. Meine Familie in Tschechien hatte große Angst um mich“, erzählt sie. Auch Ehemann Radek, mit dem die Spielerin seit sieben Jahren verheiratet ist, lebt und arbeitet in ihrem Heimatland. Momentan sehen sie sich nur selten.
Ihn hatte Stejskalova bei ihrer ersten Profistation, dem tschechischen Erstligaclub Valosun Brno, kennengelernt. Sie spielte dort bis 2011, ehe sie zu USK Prag wechselte. In der Hauptstadt hatte sie ihre größten Erfolge. Prag wurde mit ihr bis 2014 drei Mal Landesmeister und war Stammgast in der
EuroLeague. In der Nationalmannschaft spielte Stejskalova sieben Jahre. Ein vierter Platz bei der Europameisterschaft 2011 war ihr bestes Ergebnis, bei der Weltmeisterschaft 2014 belegte die Mannschaft Rang neun. Bei den Olympischen Spielen 2012 landete sie mit ihrem Team auf Platz sieben.
Stejskalova liebt Basketball ebenso wie die Möglichkeit, durch den Sport andere Länder kennenzulernen. So wählte sie 2015 den auf der Kanareninsel Gran Canaria ansässigen spanischen Erstligaclub für zwei Saisons aus. „Ich liebe Spanien. Ich habe die Zeit auf Gran Canaria genossen.“
Einziger Minuspunkt waren die häufigen Flüge, Stejskalova verträgt Flugreisen gesundheitlich nicht gut. Sie spielte anschließend noch in Madrid, im polnischen Poznan sowie in Nantes in Frankreich. Turin sollte die letzte Profistation sein, ehe sie sich in Tschechien beruflich neu orientieren wollte. Stejskalova hat Lehramt studiert.
Nun will sie ihre Karriere bei Basket Esch mit einer erfolgreichen Saison beenden. „Ich möchte der Mannschaft helfen und ich möchte gewinnen.“Beim Auftakt klappte das noch nicht wie gewünscht. Esch verlor das erste Heimspiel am vergangenen Wochenende mit 72:79 gegen Résidence, Stejskalova erzielte zehn Punkte. „Wir müssen besser im Kollektiv spielen. Das wird wohl noch etwas dauern, weil wir mehrere junge Spielerinnen integrieren müssen“, so Trainer Gevrey.
Nervosität
Die jüngeren Spielerinnen sollen von den erfahrenen Profis lernen.
Stejskalova werde eine Führungsrolle übernehmen, brauche jedoch noch ein bisschen Zeit. Der Coach freut sich, dass er Spielerinnen im Team hat, die bei internationalen Großereignissen um Medaillen gekämpft haben: „Das spornt mich besonders an, gutes Training anzubieten. Ich hoffe, dass es auch die jungen Luxemburgerinnen zusätzlich motiviert. Für sie ist es wichtig, mit solchen Spielerinnen zu arbeiten.“
Stejskalova selbst erklärt, dass sie in Esch eine andere Aufgabe habe und sich etwas umstellen müsse. Und auch die eigene Nervosität hat ihr mehr als erwartet zu schaffen gemacht. „Ich habe mich selbst nicht wiedererkannt. Ich konnte am Abend vor dem Spiel vor Aufregung nicht einschlafen. Ich habe mich selbst sehr unter Druck gesetzt“, berichtet sie nach der Partie.
Sie wird sich eingewöhnen, denn der Verein und das Land gefallen ihr sehr gut. Zusammen mit Likhtarovich hat sie sich gleich nach ihrer Ankunft in Luxemburg umgesehen. „Das Land ist sehr schön, auch weil es viele Bäume und Grünflächen gibt“, schwärmt sie. Positiv überrascht sei sie auch von Esch und dem Basketballclub gewesen: „Es ist wie eine große Familie. Alle versuchen, mir zu helfen. Ich hoffe, ich kann ihnen etwas zurückgeben.“