Wall Street setzt auf Biden-Wahlsieg
Demokraten versprechen höhere Konjunkturhilfen – Bilanzsaison schürt Anleger-Hoffnungen
Demokraten und Republikaner haben sich nicht auf ein neues Konjunkturpaket einigen können, und ein Deal noch vor den Wahlen am 3. November gilt als unwahrscheinlich. Zudem erwarten Analysten bei den Unternehmensgewinnen im dritten Quartal einen Einbruch. Dennoch zogen die Aktienindizes deutlich an. Was steckt dahinter? Dass die Investoren eine neue milliardenschwere Konjunkturhilfe begrüßen würden, steht außer Zweifel. Auch die US-Notenbank Federal Reserve ruft dazu auf. Der Dow-Jones-Index stieg in der Wochenbilanz um 3,3 Prozent auf 28 587 Punkte, der S&P-500 legte 3,8 Prozent zu, der Nasdaq 4,6 Prozent und der Russell 2000 sogar 6,4 Prozent.
Billionen für die Konjunktur
Die Demokraten pochen auf ein Paket im Volumen von mehr als zwei Billionen Dollar, um der Pandemie-bedingten Wirtschaftskrise zu begegnen. Präsident Trumps Republikaner wollen aber nur 1,8 Billionen Dollar zusagen. Die Rally an der Wall Street hat also andere Ursachen, darunter die Erwartung einer „blauen Welle“, die nicht nur Trumps Herausforderer Joe Biden an die Macht spülen würde, sondern auch die Demokraten im Senat, wo sie in der Minderheit sind. Sollte die Wahl mit einem totalen Sieg der „Blauen“enden, wäre es möglich, dass ein noch viel größeres Konjunkturpaket verabschiedet wird, spekulieren Experten. Im Mai hatten die Demokraten den „Heroes Act“im Umfang von 3,4 Trillionen Dollar vorgeschlagen. Das würde dem Wachstum in 2021 starken Auftrieb geben, so Jeffries-Volkswirtin Alena Markowska. Ein überwältigender Wahlsieg der Demokraten wäre auch insofern positiv für die Börse als die Republikaner von einer im Raum stehenden Anfechtung des Ergebnisses absehen müssten. Damit wäre ein Unsicherheitsfaktor beseitigt. Nicht zuletzt lässt sich die Rally mit der Entwicklung wirksamer Impfstoffe gegen das Coronavirus erklären. So gibt es Hinweise, dass Remedesivir von Gilead Sciences bei der Behandlung von Covid-19 hilft.
Unternehmen legen Bilanzen vor
Mit der neuen Handelswoche beginnt auch die Berichtssaison zum dritten Quartal. Sie dürfte zeigen, wie stark sich die Unternehmen vom Lockdown erholt haben. Im zweiten Quartal waren die Gewinne der 500 im Standard & Poor’s500-Index erfassten Unternehmen um ein Drittel gesunken. Analysten zufolge wird der Rückgang im dritten Quartal nur noch knapp ein Fünftel betragen. Die Banken JPMorgan Chase und Citigroup markieren den inoffiziellen Beginn der Berichtssaison. Es folgen Bank of America und Wells Fargo am Dienstag, Black Rock, Delta Air Lines, Johnson & Johnson ebenfalls Dienstag, Goldman Sachs, PNC Financial, United Airlines, United HealthGroup am Mittwoch, gefolgt von Morgan Stanley am Donnerstag und Schlumberger am Freitag.
Analystenschätzungen zufolge sind die Gewinne besser ausgefallen als gedacht. Laut RefinitivDaten haben etwa drei Viertel der 500 S&P-Unternehmen in den vergangenen vier Quartalen die Gewinnprognosen übertroffen. Das dritte Quartal sollte ähnlich verlaufen sein, heißt es. Hinweise über die weiteren Aussichten für die US-Wirtschaft dürften am Donnerstag die Konjunkturindizes Empire State und am Freitag die Einzelhandelsumsätze und das Verbrauchervertrauen, das die Uni Michigan veröffentlicht, geben.