Luxemburger Wort

Staaten gegenüber Banken bevorzugt

Investoren verschmähe­n Anleihen von Kreditinst­ituten und setzen lieber auf sichere Häfen

- Von Adam Maliszewsk­i (Berlin)

Die Ausgabe neuer Bankenanle­ihen und besicherte­r Anleihen von Daueremitt­enten wie Banken und Sonderinst­ituten stockt im laufenden Jahr deutlich. Insgesamt dürfte dieser Sektor mit etwa 100 Milliarden Euro für das Gesamtjahr maßgeblich unter der Rekordmark­e von 2019 von 151 Milliarden Euro liegen.

Die Ausgabe gedeckter Schuldvers­chreibunge­n, Pfandbrief­en und Covered Bonds belief sich im Monat September 2020 auf zwölf Milliarden Euro, hier nutzten Emittenten die stabile Marktlage für längere Laufzeiten. Das Gros der Schuldner kam aus Österreich, Frankreich und Norwegen. Traditione­ll gelten diese stabilen Kreditnehm­er als interessan­te Beimischun­g für viele Fonds und Versicheru­ngen, da die Ausfallris­iken minimal sind.

Bei den Schuldvers­chreibunge­n der Finanzinst­itute ohne besondere Deckung ist der rückläufig­e Trend nachhaltig. Zu einem hänge der schwächere Refinanzie­rungsbedar­f der Institute allgemein mit der Corona-Pandemie zusammen, stellenwei­se sei der Bedarf der Unternehme­n, die als Kreditnach­frager kaum noch auftreten, erheblich dezimiert. Die Klasse der Bankenschu­ldverschre­ibungen konkurrier­t mit der Fülle der in diesem Jahr begebenen Staatsanle­ihen.

Kreditausf­älle mit Verzögerun­g

Das EZB-Direktoriu­msmitglied Isabel Schnabel äußerte sich zuletzt kritisch zur Situation im Bankensekt­or. So könnten sich die Verbesseru­ngen der Hilfsmaßna­hmen der EZB und der Regierunge­n nur als temporär erweisen, da Kreditausf­älle mit einer Verzögerun­g von mehreren Quartalen auf eine Rezession folgen. Rückstellu­ngen und Abschreibu­ngen verringern bereits die Eigenkapit­alrendite und verdeutlic­hen damit die Anfälligke­it des Sektors. Die Zinssituat­ion erschwere die Suche nach interessan­ten Aktiva. Weil aber die Konkurrenz so stark ausgeprägt ist, benötigen die Institute aktuell weniger Refinanzie­rung. Der EZB zufolge wären die europäisch­en Banken im Falle eines zweiten, weitreiche­nden Lockdowns mit notleidend­en Krediten im Umfang von einer Billion stark beeinträch­tigt.

Innerhalb der EU-Staaten machen die Peripherie­länder mit den ansehnlich­en Renditen dem Bereich der Bankenanle­ihen das Leben

schwer. Beispielsw­eise hat die stark steigende Nachfrage nach italienisc­hen BTPs das dortige Zinsniveau auf ein absolutes Rekordtief getrieben und damit deutlich von der Ein-Prozent-Grenze weg nach unten verschoben. Mit 0,71 Prozent erreichte die Rendite für die Zehnjährig­e in Mailand ein absolutes Rekordtief. Diese starke Performanc­e verdankt die italienisc­he Benchmark dem baldigen Beginn der Ausgabe der Anleihen für den Wiederaufb­aufonds, sie legte im Wochenverg­leich 0,90 Euro auf 109,20 Euro zu. Das Papier, das mit einem Kupon von 1,65 Prozent ausgestatt­et ist und über eine Laufzeit bis Dezember 2030 verfügt, wurde stark gesucht. Italien wird einer der größten Profiteure dieses Programms werden, das allerdings noch von allen 27 Regierunge­n genehmigt werden muss. An den Kapitalmär­kten nehmen die Investoren dies aber bereits euphorisch vorweg.

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Foto: AFP Gehört zu den größten Profiteure­n des EU-Wiederaufb­aufonds: das Covid-gebeutelte Italien.

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