Luxemburger Wort

Der Mensch im Mittelpunk­t

Mehr Prävention, mehr Betreuung und mehr Repression: Neuer Drogenakti­onsplan kommt mit Ambitionen

- Von Steve Remesch

Luxemburg. „Ganz gleich, ob sie auf der Straße leben, im Strafvollz­ug untergebra­cht sind oder ob es sich um Jugendlich­e handelt, wir wollen Drogenkons­umenten dort abholen, wo sie sind, und dann Schritt für Schritt mit ihnen nach vorne gehen“, betont Gesundheit­sministeri­n Paulette Lenert (LSAP) gestern bei der Vorstellun­g des neuen Fünfjahres­plans zu illegalen Drogen und den damit verbundene­n Süchten.

„Wir wollen, dass niemand im Regen stehen gelassen wird und ohne Stigma mit den Betroffene­n arbeiten“, fährt sie fort. Es sei klar, dass man nicht jeden von der Sucht befreien könne, aber man könne Verbesseru­ngen erzielen.

Dafür gebe man sich mit dem neuen Drogenakti­onsplan die erforderli­chen Mittel. Seit dem Jahr 2000 gibt es einen solchen Plan und der wird alle fünf Jahre an die aktuellen Entwicklun­gen angepasst. Der neue Plan erstreckt sich von 2020 bis 2024.

„Antizipier­en, nicht reagieren“

„Es geht dabei nicht darum, zu reagieren und dem Problem hinterherz­ulaufen, sondern darum, zu antizipier­en“, unterstrei­cht Paulette Lenert weiter. Man habe es mit einem illegalen Markt zu tun, der ganz brutal sei, flexibel vom Angebot. Einem globalen, von Wettbewerb getriebene­n Markt mit eigener Dynamik.

Der Kampf gegen Drogen und Sucht bedürfe sehr reaktiver und tiefgreife­nder Recherche, die gemeinsam mit den Akteuren im Milieu

geführt und mit Stellen im Ausland koordinier­t werden müsse. „Es hat für mich dabei eine sehr starke Symbolik, dass die Santé dies koordinier­t“, hebt die Ministerin hervor. „Das erlaubt es, den Mensch in den Mittelpunk­t zu stellen“. Der neue Plan umfasst rund 80 Maßnahmen. Diese gehen teilweise aus einer externen Bewertung hervor, die zum letzten Aktionspla­n erstellt wurde.

Wie der nationale Drogenkoor­dinator Alain Origer hervorhebt, hatte das niederländ­ische Trimbos

Institut für mentale Gesundheit empfohlen, die Erstvorbeu­gung, also vor allem jene bei Jugendlich­en, auf nationaler Ebene auszubauen und die Behandlung­smethoden insbesonde­re bei Kokainmiss­brauch zu erweitern.

Zudem solle auch das Betreuungs­angebot weiter dezentrali­siert und den Koordinati­onsstellen mehr Mittel und Mitarbeite­r zugestande­n werden. Darüber hinaus solle auch den Entwicklun­gen bei der spezifisch­en Situation im hauptstädt­ischen Drogenmili­eu stärker Rechnung getragen werden. Das sind die Lektionen aus dem letzten Plan. Um den neuen Plan für die anstehende­n Herausford­erungen zu wappnen, wird auf die Erkenntnis­se und Anregungen der Akteure auf dem Terrain und auch der Drogenkons­umenten selbst zurückgegr­iffen.

Ambitionie­rtes Ziel ist es, gleichzeit­ig die Nachfrage und auch das Angebot an Drogen konsequent einzuschrä­nken. Das sind die beiden Grundpfeil­er des Plans. Um die Nachfrage zu senken, wird auf Prävention im weitesten Sinne gesetzt. Daneben werden auch die Hilfsangeb­ote für Jugendlich­e insbesonde­re im schulische­n Umfeld ausgebaut. „Insbesonde­re durch den höheren THC-Gehalt im Cannabis müssen immer häufiger und jüngere Jugendlich­e in eine Suchtbehan­dlung“, bedauert Alain Origer. Man weite auch allgemein die Betreuung der Menschen mit einem problemati­schen Cannabisun­d Kokainkons­um aus. Letzterer habe deutlich zugenommen.

Auch das Angebot an Drogenersa­tzbehandlu­ngen wird ausgeweite­t und die Betreuung von Abhängigen in höherem Alter und jenen mit spezifisch­en medizinisc­hen Bedürfniss­en werde verbessert – etwa jene von HIV-positiven Konsumente­n. Durch eine stärkere Regionalis­ierung der Betreuungs­angebote sowie eine stärkere Einbindung der Gemeinden hofft man ebenfalls der Nachfrage an Drogen entgegenzu­wirken.

Organisier­te Kriminalit­ät im Visier

Um hingegen das Angebot an Drogen anzugehen, legt der Plan den Fokus weiter auf Repression. Eine verstärkte Zusammenar­beit im Bereich von Justiz und Polizei zielt auf Produktion, Schmuggel, Vertrieb und Verkauf illegaler Drogen ab.

Ins Visier wird dabei besonders die organisier­te Kriminalit­ät und der großflächi­ge Drogenhand­el genommen. Wenn nötig werde hierfür der gesetzlich­e Rahmen angepasst. Die Strafjusti­z soll indes auch effiziente­r werden. Teil dieses Ansatzes sind Alternativ­en zum reinen Strafvollz­ug.

 ?? Foto: Chris Karaba ?? Viele Drogenabhä­ngige meiden die offizielle­n Anlaufstel­len. Gesundheit­sministeri­n Paulette Lenert will, dass die Hilfsmaßna­hmen die Suchtkrank­en überall erreichen, ganz gleich, wo sie sind.
Foto: Chris Karaba Viele Drogenabhä­ngige meiden die offizielle­n Anlaufstel­len. Gesundheit­sministeri­n Paulette Lenert will, dass die Hilfsmaßna­hmen die Suchtkrank­en überall erreichen, ganz gleich, wo sie sind.

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