Der Mensch im Mittelpunkt
Mehr Prävention, mehr Betreuung und mehr Repression: Neuer Drogenaktionsplan kommt mit Ambitionen
Luxemburg. „Ganz gleich, ob sie auf der Straße leben, im Strafvollzug untergebracht sind oder ob es sich um Jugendliche handelt, wir wollen Drogenkonsumenten dort abholen, wo sie sind, und dann Schritt für Schritt mit ihnen nach vorne gehen“, betont Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) gestern bei der Vorstellung des neuen Fünfjahresplans zu illegalen Drogen und den damit verbundenen Süchten.
„Wir wollen, dass niemand im Regen stehen gelassen wird und ohne Stigma mit den Betroffenen arbeiten“, fährt sie fort. Es sei klar, dass man nicht jeden von der Sucht befreien könne, aber man könne Verbesserungen erzielen.
Dafür gebe man sich mit dem neuen Drogenaktionsplan die erforderlichen Mittel. Seit dem Jahr 2000 gibt es einen solchen Plan und der wird alle fünf Jahre an die aktuellen Entwicklungen angepasst. Der neue Plan erstreckt sich von 2020 bis 2024.
„Antizipieren, nicht reagieren“
„Es geht dabei nicht darum, zu reagieren und dem Problem hinterherzulaufen, sondern darum, zu antizipieren“, unterstreicht Paulette Lenert weiter. Man habe es mit einem illegalen Markt zu tun, der ganz brutal sei, flexibel vom Angebot. Einem globalen, von Wettbewerb getriebenen Markt mit eigener Dynamik.
Der Kampf gegen Drogen und Sucht bedürfe sehr reaktiver und tiefgreifender Recherche, die gemeinsam mit den Akteuren im Milieu
geführt und mit Stellen im Ausland koordiniert werden müsse. „Es hat für mich dabei eine sehr starke Symbolik, dass die Santé dies koordiniert“, hebt die Ministerin hervor. „Das erlaubt es, den Mensch in den Mittelpunkt zu stellen“. Der neue Plan umfasst rund 80 Maßnahmen. Diese gehen teilweise aus einer externen Bewertung hervor, die zum letzten Aktionsplan erstellt wurde.
Wie der nationale Drogenkoordinator Alain Origer hervorhebt, hatte das niederländische Trimbos
Institut für mentale Gesundheit empfohlen, die Erstvorbeugung, also vor allem jene bei Jugendlichen, auf nationaler Ebene auszubauen und die Behandlungsmethoden insbesondere bei Kokainmissbrauch zu erweitern.
Zudem solle auch das Betreuungsangebot weiter dezentralisiert und den Koordinationsstellen mehr Mittel und Mitarbeiter zugestanden werden. Darüber hinaus solle auch den Entwicklungen bei der spezifischen Situation im hauptstädtischen Drogenmilieu stärker Rechnung getragen werden. Das sind die Lektionen aus dem letzten Plan. Um den neuen Plan für die anstehenden Herausforderungen zu wappnen, wird auf die Erkenntnisse und Anregungen der Akteure auf dem Terrain und auch der Drogenkonsumenten selbst zurückgegriffen.
Ambitioniertes Ziel ist es, gleichzeitig die Nachfrage und auch das Angebot an Drogen konsequent einzuschränken. Das sind die beiden Grundpfeiler des Plans. Um die Nachfrage zu senken, wird auf Prävention im weitesten Sinne gesetzt. Daneben werden auch die Hilfsangebote für Jugendliche insbesondere im schulischen Umfeld ausgebaut. „Insbesondere durch den höheren THC-Gehalt im Cannabis müssen immer häufiger und jüngere Jugendliche in eine Suchtbehandlung“, bedauert Alain Origer. Man weite auch allgemein die Betreuung der Menschen mit einem problematischen Cannabisund Kokainkonsum aus. Letzterer habe deutlich zugenommen.
Auch das Angebot an Drogenersatzbehandlungen wird ausgeweitet und die Betreuung von Abhängigen in höherem Alter und jenen mit spezifischen medizinischen Bedürfnissen werde verbessert – etwa jene von HIV-positiven Konsumenten. Durch eine stärkere Regionalisierung der Betreuungsangebote sowie eine stärkere Einbindung der Gemeinden hofft man ebenfalls der Nachfrage an Drogen entgegenzuwirken.
Organisierte Kriminalität im Visier
Um hingegen das Angebot an Drogen anzugehen, legt der Plan den Fokus weiter auf Repression. Eine verstärkte Zusammenarbeit im Bereich von Justiz und Polizei zielt auf Produktion, Schmuggel, Vertrieb und Verkauf illegaler Drogen ab.
Ins Visier wird dabei besonders die organisierte Kriminalität und der großflächige Drogenhandel genommen. Wenn nötig werde hierfür der gesetzliche Rahmen angepasst. Die Strafjustiz soll indes auch effizienter werden. Teil dieses Ansatzes sind Alternativen zum reinen Strafvollzug.