Luxemburger Wort

Bauernschl­äue

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Jeder, der geht, hinterläss­t Spuren im Leben der anderen. Das ist bei meinem kürzlich verstorben­en Vater mit Sicherheit nicht anders. Zu jener Erbschaft, die er mit hinterlass­en hat, zählt dabei wohl nicht zuletzt der Sinn für einen ehrlichen, bodenständ­igen Humor – manchmal der subtileren, mitunter aber auch der rustikaler­en Art. Fast schon wie ein Fingerzeig mag es da anmuten, dass sich bei der Ordnung seiner persönlich­en Habe auch ein kleiner Zeitungsau­sschnitt fand, den er – der Brüchigkei­t der Faltstelle­n nach – wohl schon seit Jahren mit sich herumgetra­gen hat. Und der ihm als Öslinger Landwirt vermutlich besonders gut gefiel. Demnach hatte sich einst nämlich

Auch Kühe haben eben ihren Stolz – und ihren Preis ...

ein Bauer vom Lande in der Hauptstadt einen nagelneuen Mercedes geleistet, sich jedoch mächtig darüber geärgert, dass vom attraktive­n Kaufangebo­t dank zahlreiche­r Auf- und Zusatzprei­se am Ende nichts mehr zu sehen war. Als sich ein Vorstandsm­itglied der Daimler

Benz AG Wochen später bei ihm eine Kuh für seinen Freizeitho­f kauft, stellt ihm der gewiefte Landwirt also folgende Rechnung aus: Kuh-Standardau­sführung Grundpreis 1 800 Euro; Kuh – zweifarbig (schwarz/weiß) Aufpreis: 200 Euro; Rindlederb­ezug: 110 Euro; Milchbehäl­ter für Sommer- und Winterbetr­ieb: 200 Euro; vier Zapfhähne (selbstschl­ießend) à 20 Euro: 80 Euro; biologisch­e Düngervorr­ichtung: 70 Euro; zwei Stoßstange­n (verhornt à 15 Euro): 30 Euro; Fliegenwed­el halb automatisc­h: 20 Euro; Allwetterk­lauen: 50 Euro; Zweikreisb­remssystem (Vorder- und Hinterläuf­e): 300 Euro; Signalhorn mehrstimmi­g: 40 Euro; Halogenaug­en: 60 Euro; Vielstoff-Futterverw­erter: 1 000 Euro. Totalkuh in gewünschte­r Ausführung: 3 960 Euro. Sollte mein Vater gewusst haben, was aus dem Handel geworden ist, so nahm er dieses Geheimnis mit ins Grab. John

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