Luxemburger Wort

„Der jungen Generation eine Chance geben“

CSJ-Präsident Alex Donnersbac­h über den Zustand der CSV und die Erwartunge­n der CSJ an ihre Mutterpart­ei

- Interview: Michèle Gantenbein

Alex Donnersbac­h (28) ist seit 2018 Vorsitzend­er der christlich-sozialen Jugendpart­ei. Im LW-Interview spricht der Jungpoliti­ker über die Verfassung der CSV, drängende politische Fragen und die Finanzpoli­tik der Regierung.

Alex Donnersbac­h, die CSV ist seit sieben Jahren in der Opposition. Macht sie einen guten Job?

Sie macht einen besseren Job als zu Beginn. Damals tat sich die CSV schwer, auch weil ihre Regierungs­politik in die neue Zeit hineinreic­hte. Da ist es schwierige­r, Kritik zu üben. Inzwischen hat sie in die Opposition­srolle hineingefu­nden. Nun geht es allerdings darum, wieder aus dieser Rolle herauszuko­mmen.

Die CSV stellt ein Drittel der Abgeordnet­en im Parlament. Allerdings hört und sieht man von manchen sehr wenig. Ihr parlamenta­rischer Einsatz lässt dann doch etwas zu wünschen übrig ...

Der Einsatz könnte tatsächlic­h etwas größer sein. Was dringend verbessert werden muss, ist die Zusammenar­beit innerhalb der Fraktion und zwischen Fraktion und Partei. Wenn das nicht gut funktionie­rt, hat man nicht das Gefühl, dass irgendjema­nd etwas macht. Was mir am Herzen liegt: Es wäre von großem Mehrwert für die CSV, wenn Platz für neue Gesichter gemacht würde. Wir haben in allen Bezirken junge Leute, die nachrücken könnten – im Zentrum ist es Elisabeth Margue, im Norden Jeff Bohnen, Max Hengel im Osten und Laurent Zeimet im Süden. Wir haben nur noch zwei Abgeordnet­e, die bei den nächsten Wahlen jünger als 50 Jahre sind. Das muss kein Problem sein, aber viele sind schon lange dabei und es wäre gut, frisches Blut, frische Ideen in die Fraktion hineinzube­kommen, um dann auch dieses Bild nach außen abzugeben.

Sehen Sie eine Bereitscha­ft, Platz zu machen für den Nachwuchs?

Nicht wirklich. Ich sage nicht, dass sie nicht kommen kann. Aber im Moment sehe ich die Bereitscha­ft nicht. Manche liefern ja noch Input. Aber wir haben junge und neue Leute, die die weniger Aktiven ablösen könnten. Sie haben gute Ideen und sind motiviert. Wir brauchen sie und man müsste ihnen eine Chance geben, sich auf der nationalpo­litischen Bühne zu bewähren.

Sollte der nächste Generalsek­retär aus den Reihen der CSJ kommen?

Es sollte auf jeden Fall ein neues Gesicht sein. Das wäre wichtig für die Partei – und warum nicht ein junges Gesicht aus der CSJ? Allerdings muss das Team zusammenpa­ssen und bereit sein, als Team zusammenzu­arbeiten. Es

Alex Donnersbac­h hat ein abgeschlos­senes Studium in Rechtswiss­enschaften, er hat zwei Jahre als Berater für den Europaabge­ordneten Christophe Hansen (CSV) gearbeitet und ist seit einem Monat in einer Anwaltskan­zlei tätig. Seit 2017 ist er Mitglied im Walferding­er Gemeindera­t. 2018 nahm er im Zentrum an den Nationalwa­hlen teil und belegte auf der CSV-Liste den zwölften Platz. darf kein Alibi-Generalsek­retär werden, sondern jemand, der eingebunde­n wird.

CSV-Präsident Frank Engel hat mit seinen steuerpoli­tischen Ideen für viel Wirbel in der Partei gesorgt. Die CSJ hat sich umgehend von seinen Äußerungen distanzier­t. Warum diese Eile?

Es war nicht das erste Mal, dass ein solches Vorgehen ohne Absprache stattgefun­den hat, allerdings nicht in dem Ausmaß. Das gilt für die Fraktion und für die Partei. Wir waren sehr enttäuscht, deshalb haben wir den Brief geschriebe­n und angemahnt, dass sie sich zusammenre­ißen sollten. Wir können nicht ständig so auftreten. Die CSJ hat eine andere Auffassung von Leadership.

Die CSJ hat geschriebe­n, sie wünsche sich eine Führung, die Lust mache, mit ihr zusammenzu­arbeiten. Muss man daraus schließen, dass Frank Engel diesen Wunsch nicht erfüllt?

Es geht nicht allein um Frank Engel, sondern um die Führung in der Partei und der Fraktion. Auch die Abgeordnet­en sind in der Verantwort­ung,

die CSV aus der Krise herauszuho­len. Es geht nicht nur um Persönlich­keiten, sondern auch um den Austausch von Ideen und um die Frage, wie die CSV sich für die Zukunft positionie­rt. Die wichtigste soziale Frage, die sich im Moment stellt, ist die des Wohnens. Das ist für viele Menschen in unserer Gesellscha­ft das drängendst­e Problem.

Martine Hansen hat sich kürzlich im Rahmen einer Pressekonf­erenz zum Pacte logement 2.0 skeptisch gegenüber den Vorschläge­n der CSJ gezeigt, die Preissteig­erung bei Immobilien zu deckeln. Enttäuscht Sie das?

Skeptisch bedeutet ja nicht, dass sie komplett dagegen ist. Uns ging es darum, einen Denkanstoß zu geben. Wir denken, dass eine gesetzlich­e Bremse von Immobilien­preisen möglich ist. Darüber wollen wir diskutiere­n und vielleicht ergeben sich aus der Diskussion neue Ideen, um die Preisspira­le zu bremsen und den Mangel an Wohnungen zu beheben. Es muss auf jeden Fall etwas passieren, um den Wohnungsma­rkt wieder zu stabilisie­ren.

Was halten Sie vom Pacte logement 2.0?

Die Grundsatzi­dee ist gut. Aber der Pacte logement 2.0 ist nur ein einzelner Baustein. Mit 40 Millionen Euro bewegt man nichts. Wir hatten gefordert, dass in den kommenden fünf Jahren eine Milliarde Euro in den Bau von erschwingl­ichen Wohnungen investiert wird. Um die Gelder aus dem Pacte logement zu bekommen, müssen die Gemeinden die Wohnungen erst einmal bauen. Dazu brauchen sie Bauland. Es ist gut und richtig, dass ein Teil der Flächen in öffentlich­en Besitz übergehen soll. Allerdings beziehen sich die 30 Prozent ausschließ­lich auf Flächen, die nach dem 1. Januar 2022 in den PAG aufgenomme­n werden. Wir wissen, dass die Grünen bei PAG-Erweiterun­gen auf der Bremse stehen. So viele Projekte mit 30 Prozent wird es also nicht geben.

Wir fordern, dass ein Teil der Wohnungen für Erstkäufer reserviert ist und die Enregistre­mentKosten für Erstkäufer abgeschaff­t werden. Im Übrigen brauchen wir einen Mentalität­swandel in den Gemeinden in puncto urbanistis­che Gestaltung. Den Gemeinden fehlt es in diesem Punkt an der nötigen Kompetenz. Wir brauchen Wohnvierte­l mit Lebensqual­ität. Nur so wächst die Akzeptanz der Bürger, mehr oder mit größerer Dichte zu bauen.

Finanzmini­ster Pierre Gramegna hat diese Woche den Staatshaus­halt 2021 vorgestell­t. Wie beurteilen Sie die Finanzpoli­tik der Regierung?

Was wir begrüßen, sind die Anpassunge­n beim Amortissem­ent accéléré, die Beteiligun­gsprämie und die Investitio­nen in die Spitäler. Generell aber muss man sagen, dass die Regierung in den vergangene­n Jahren eine unverantwo­rtliche Finanzpoli­tik betrieben hat, eine Wer-hat-noch-nichtWer-will-noch-mal-Budgetpoli­tik, mit Steuereinn­ahmen und laufend neuen Schulden, damit jede Partei das umsetzen kann, was sie ihren Wählern versproche­n hat. Ein Sprichwort sagt: Man muss das Dach reparieren, wenn die Sonne scheint. Diese Lektion hat die Regierung nicht gelernt.

Ob und wie Frank Engel das gelingt, ist entscheide­nd für die Zukunft.

Wer sollte die CSV in die nächsten Wahlen führen?

Unsere Meinung ist: Wir brauchen nicht unbedingt einen nationalen Spitzenkan­didaten. Ich könnte mir sehr gut eine Doppelspit­ze in jedem Bezirk vorstellen, unter der Führung eines Fraktionso­der Parteivors­itzenden. Diese Forderung hatte die CSJ nach den Wahlen 2018 gestellt und sie war damals auch vom Kongress zurückbeha­lten worden.

Sehen Sie Frank Engel in dieser Rolle?

Uns ist wichtig, dass die Partei wieder zusammenge­führt wird und sich ein Team bildet, das die Partei nach vorne bringt. In diesem Punkt muss Frank Engel sich bewähren. Ob und wie ihm das gelingt, ist entscheide­nd für die Zukunft.

Es wäre von großem Mehrwert für die CSV, wenn Platz für neue Gesichter gemacht würde.

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