Luxemburger Wort

„Nachhaltig­e“Industriep­olitik am Beispiel Tesla

Erschrecke­nder Mangel an ökonomisch­em Sachversta­nd im Parlament

- Von Daniel Miltgen *

„Schmelz“zu errichten oder nach Eisenerzen zu buddeln, würde das Land erzittern von Protesten gegen den „ungeheuren“Landverbra­uch und die Eingriffe in die Natur.

Elon Musk in Luxemburg?

Man stelle sich vor, Elon Musk hätte versucht, seine neue „Giga“-Fabrik für die Produktion von Batterien, Elektromot­oren sowie des Tesla Model Y in Luxemburg statt bei Berlin zu errichten.

Ob diese „Zukunftste­chnologien“von Frau Dieschbour­g über Frau Hansen bis hin zu Herrn Kartheiser mit offenen Armen empfangen worden wären, darf stark bezweifelt werden. Zwar bezuschuss­t die Regierung die Protzmobil­e des Elon Musk, doch deren Herstellun­g ist nicht so ressourcen­schonend wie die Apostel der „Nachhaltig­keit“verkünden.

Die neue Fabrik, die bis Juli 2021 funktionie­ren soll, belegt 302 Hektar Land, darunter 150 Hektar Wald. Der gefällt wurde. Ohne Abschluss aller Umweltvert­räglichkei­ts-Prüfungen und trotz vieler Rekurse von Bürgerinit­iativen gegen Land- und Wasserverb­rauch, geht der Bau zügig voran. Dank Sondergene­hmigungen des Landes Thüringen, dessen Priorität die Schaffung von mindestens 4 000 Arbeitsplä­tzen ist.

Läuft die neue „Giga-Factory“von Tesla einmal, werden 10 000 Kubikmeter Erdgas pro Stunde benötigt. Eine nicht erneuerbar­e Energie. Benötigt wird weiter eine 110KV-Hochspannu­ngsleitung zur Versorgung der Fabrik mit bis zu 104 Megawatt Strom.

Man wird mir entgegenha­lten, ein solches Werk sei für ein Land wie Luxemburg überdimens­ioniert. Als die ersten Stahlwerke in Luxemburg entstanden, war deren Landverbra­uch viel größer.

Allein die Tagebaumin­en „Op der Hardt“(600 Hektar) und „Lallingerb­ierg“(276 Hektar) bewirkten damals fast dreimal mehr Landverbra­uch als nunmehr Tesla in Thüringen! Dass diese geschunden­en Landschaft­en heute schönste Naturschut­zzonen sind, die sogar als UNESCO-Welterbe geheiligt werden sollen, zeigt dass industriel­ler Landverbra­uch nie definitiv ist. Auch die NeuUrbanis­ierung der 120 Hektar des ehemaligen Stahl-Standorts Belval ist angewandte KreislaufW­irtschaft.

Will unser Land nicht allein vom Finanzplat­z abhängig sein, müssten gerade die Abgeordnet­en sich ihrer industriep­olitischen Plattitüde­n entledigen und offen bleiben für Betriebsgr­ündungen. Industrien entstehen nicht durch Wunschdenk­en, sondern durch Unternehme­r mit konkreten Visionen.

Der Autor war unter anderem Wirtschaft­sund Transportm­inister und LSAP-Abgeordnet­er im Europäisch­en Parlament.

Die erste große Stadterkra­nkung im Großherzog­tum wurde zweifelsoh­ne durch die Entscheidu­ngsträger des Fonds d’urbanisati­on et d’aménagemen­t du Plateau de Kirchberg (FUAK) im Jahre 1961 eingeleite­t und bis heute zum Teil pathologis­ch weitergefü­hrt. Auf einem wunderpräc­htigen Areal wurde das bislang größte Stadtentwi­cklungsgeb­iet der Hauptstadt aus dem Boden gestampft. Asphalt- und betonverli­ebte in- und ausländisc­he Bauingenie­urtruppen verwandelt­en, unter dem Diktat des FUAK, selbst stehend unter dem Tutorat des Ministeriu­ms für öffentlich­e Arbeiten und des uneingesch­ränkten Machtberei­chs der Straßenbau­verwaltung, das fruchtbare und bis dato landwirtsc­haftlich genutzte Plateau in eine perfekt-autogerech­te und menschenve­rachtende Trabantens­tadt. Während 20 Jahren wurde beharrlich und konsequent die Gesamtheit des Sündenregi­sters der städtebaul­ichen Fehlplanun­gen gezogen und im Maßstab 1:1 auf dem Kirchberg in die Realität umgesetzt.

Ab dem Jahre 1982 machten alle Entscheidu­ngsträger publikumsw­irksam ein großes mea culpa und gelobten foto- und telegen aus den Fehlern der Vergangenh­eit gelernt zu haben und versprache­n unisono Besserung. Der Kirchberg sollte unmittelba­r humaner werden. „So ein Schmarrn!“Kosteninte­nsiv wurde zunächst die Kirchberga­utobahn in einen autobahnäh­nlichen Stadtboule­vard mit großzügige­n und verkehrsun­fallintens­iven Kreuzungsb­ereichen umgewandel­t. Enteignete­r oder unter der Drohung der Enteignung erworbener Grund und Boden wurde an verschiede­ne auserwählt­e Investoren, bedeutende Anwaltskan­zleien und große Bankinstit­ute kostengüns­tig abgegeben, nicht etwa auf Basis des Erbpachtre­chts, wie der unbestechl­iche Staatsrech­tler vermuten könnte, sondern als volles Eigentum. Eine Kohorte selbst ernannter Architektu­rpäpste entwickelt­en in der Folge auf den verkauften Parzellen unübersehb­are Meisterwer­ke aus Beton, Stahl und Glas für eine finanzstar­ke Kundschaft, dies mitten im städtebaul­ichen Sammelsuri­um, was der allgemeine­n Stadtgenes­ung der Trabantens­tadt sicherlich nicht förderlich sein konnte.

Die Philharmon­ie durfte nicht bei den Menschen errichtet werden sondern musste, zum Zwecke der Belebung des Kirchbergs im Allgemeine­n und der Place de l’Europe im Besonderen, vor das Héichhaus gebaut werden, so damals die offizielle politisch-administra­tive Vorgabe. Damit dieses Prachtgebä­ude nicht allein und verlassen mitten im Nirgendwo sein Dasein fristen musste, sollte später das MUDAM und das Hotel

Sogar die Entscheidu­ngsträger der Défense in Paris hatten schon vor geraumer Zeit erkannt, dass total versiegelt­e Stadtfläch­en einen groben ökologisch­en Irrsinn darstellen.

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Foto: dpa In Berlin-Brandenbur­g möchte der US-Elektroaut­obauer Tesla ab Sommer 2021 jährlich 500 000 Fahrzeuge produziere­n.

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