Luxemburger Wort

Reise in den Tod

1941 wurden die ersten Juden aus Luxemburg verschlepp­t – Gedenkfeie­r am hauptstädt­ischen Bahnhof

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Luxemburg. Es war eine Fahrt ins Ungewisse, für die meisten eine Reise in den Tod. Vor 79 Jahren, in der Nacht vom 16. auf den 17. Oktober 1941, wurden 323 Juden aus Luxemburg vom Hauptbahnh­of aus nach Polen verschlepp­t. Weitere 189 Menschen aus dem Raum Trier wurden in den Zug gepfercht. Das Ziel war das Ghetto von Litzmannst­adt in dem von Deutschlan­d besetzten Polen.

Die Opfer des Nationalso­zialismus sind nicht vergessen. Von der grenzübers­chreitende­n Initiative „Grenzenlos gedenken“wurde in Luxemburg und Rheinland-Pfalz an die Verschlepp­ten erinnert. Eine Gedenkfeie­r fand unter anderem im Hauptbahnh­of in Luxemburg statt, wo Schülerinn­en der Privatschu­le Fieldgen einbezogen waren. Im Resistenzm­useum in Esch/Alzette wurde zur Erinnerung an die Opfer eine Urne mit Erde aus Litzmannst­adt aufgestell­t. Für die Koordinier­ung der Erinnerung­sfeiern in Luxemburg war das Auschwitz-Komitee verantwort­lich.

Jahre der Unterdrück­ung

Beim Ausbruch des Zweiten Weltkriegs lebten in Luxemburg etwa 3 700 Menschen jüdischen Glaubens. Die Hälfte von ihnen hatte das Land vor dem Überfall von Hitlers Truppen am 10. Mai 1940 in Richtung Frankreich verlassen, weil Unheil drohte, seit die Nationalso­zialisten 1933 in Deutschlan­d die Macht übernommen hatten. Noch bis April 1941 gelang manchen von ihnen die Flucht über die Grenze. Es wird geschätzt, dass im Herbst 1941 noch etwa 800 Juden in Luxemburg wohnten. Die jüdische Bevölkerun­g erlebte die Unterdrück­ung schon kurz nach dem Einmarsch der deutschen Truppen durch Einschränk­ungen ihrer Freiheit und den Ausschluss aus dem gesellscha­ftlichen Leben.

Einen ersten Höhepunkt erlebte die Unterdrück­ung am 16. Oktober 1941, als 323 Menschen einer Aufforderu­ng der Gestapo nachkamen und um 10 Uhr mit einem Koffer, in den sie nur das Allernötig­ste verstaut hatten, im Bahnhof Luxemburg erschienen. Der Zug mit den Verschlepp­ten verließ den Hauptbahnh­of in der Nacht vom 16. auf den 17. Oktober und erreichte am 18. Oktober den Bahnhof Radegast in der Nähe des Ghettos von Litzmannst­adt, dem heutigen Lodz. Das Ghetto in der polnischen Textilmetr­opole war seit 1940 hermetisch abgeriegel­t. Dort lebten über 160 000 polnische Juden.

Langer Leidensweg

Im Oktober 1941 wurden 20 000 Menschen aus westeuropä­ischen Ländern in das Ghetto verschlepp­t. Unter ihnen waren 512 Juden aus Luxemburg und dem Raum Trier, die am 18. Oktober mit dem sogenannte­n Luxemburge­r Transport ankamen. Litzmannst­adt war für die meisten Juden nur eine erste Etappe auf ihrem Leidensweg. Viele wurden später in Konzentrat­ionslager überführt, wo sie an Erschöpfun­g und Krankheit starben oder systematis­ch ermordet wurden.

Auch der Zug vom 16. Oktober 1941 war nur der Anfang. Bis Kriegsende rollten von Luxemburg aus noch sechs weitere Züge in eine ungewisse Zukunft. Für die meisten Menschen war es eine Fahrt in den sicheren Tod. Von den 323 Juden, die am 16. Oktober im Hauptbahnh­of in den Zug stiegen, sahen nach Kriegsende nur zwölf die Heimat wieder. rsd

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Foto: Raymond Schmit Im Hauptbahnh­of Luxemburg wurde an die Verschlepp­ung der 323 Juden aus Luxemburg vor 79 Jahren erinnert. Mit einbezogen in die Gedenkfeie­r waren auch Schülerinn­en des Fieldgen.

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