Verwirrte Sportfans
Auf der ganzen Welt unterscheiden sich die Vorgaben, wie viele Zuschauer die Stadien oder Hallen besuchen dürfen
Ganz schön gezittert hatten sie, die Verantwortlichen der Bundesligavereine. Weil die Infektionszahlen in Deutschland aktuell bedenklich steigen, wurde der Corona-Gipfel mit Angela Merkel am Mittwoch mit Spannung erwartet. Doch die Kanzlerin gab vorerst Entwarnung: Die Rückkehr zu Geisterspielen im deutschen Sport blieb aus.
Es bleibt damit bei der Regelung der Bundesländer, dass die Stadien bis zu 20 Prozent der Kapazität mit Zuschauern gefüllt werden dürfen, solange die Corona-Infektionen im Rahmen bleiben. Zuletzt hatten immer mehr Standorte in Deutschland den Grenzwert überschritten, weshalb in Sachen Zuschauerzulassung ein Flickenteppich entstanden war.
So hatte beispielsweise die Stadt München angeordnet, den Fußball-Supercup Ende September in der Allianz-Arena ohne Fans stattfinden zu lassen. Das Dortmunder Heimspiel gegen Freiburg sahen nur vier Tage später 11 500 Zuschauer im Signal-Iduna-Park.
Gemeinden haben das Sagen
Dieses Konstellation zeigt, wie unwägbar die Situation rund um Sportzuschauer während der Corona-Krise ist. Wie viele Fans ihre Lieblingsmannschaften live verfolgen dürfen, hängt somit unmittelbar von der kurzfristigen Pandemie-Entwicklung im entsprechenden Gebiet ab.
Auch in Luxemburg gibt es keine allgemeine Regelung. Die Gemeinden bestimmen, wie viele
Menschen in die Stadien und Hallen gelassen werden. Dass Entscheidungsträger und Vereine dabei nicht immer an einem Strang ziehen, zeigt sich im Falle des Basketball-Erstligisten Musel Pikes.
Der Gemeinderat in Stadtbredimus hatte vor wenigen Tagen eine Anfrage der Pikes auf dem Tisch, das Zuschauerkontingent künftig von 150 auf 470 zu erhöhen. Mehr als 250 Fans seien aber wohl nicht drin, hieß es von den Politikern – inklusive Masken- und Sitzplatzpflicht.
Dass nicht jede Gemeinde auf die gängigen Regeln pocht, legt ein weiteres Beispiel aus dem Basketball nahe: Beim Männerderby gegen Arantia drängten sich am Wochenende in Heffingen 250 Besucher auf der Tribüne dicht nebeneinander. In den anderen Total-League-Spielen des vergangenen Spieltags empfingen die Heimteams zwischen 85 und 315 Anhänger.
Dass eine Nation bei diesem Thema auch gnadenlos sein kann, beweist die Vorgehensweise in England. Nachdem die CoronaZahlen auf der Insel in den vergangenen Wochen angestiegen waren, machte die Regierung dem geplanten Wiedereinstieg der Fußballfans in der Premier League einen Strich durch die Rechnung. Meister Liverpool und Co. müssen also weiterhin Geisterspiele austragen.
Auch in Spanien müssen die Clubs vor leeren Rängen spielen. Experten sagen sogar, dass sich die Zuschauer erst im Frühjahr wieder Hoffnungen auf eine Rückkehr machen können. In Italien hingegen sind pro Spiel 1 000 Besucher zugelassen. In Frankreich empfing der FC Metz vor zwölf Tagen gegen Lorient sogar die Maximalzahl von 5 000 Zuschauern.
Strikte Regeln bei der Vuelta
Blickt man über die Grenzen des Kontinents hinaus, sind die Fußballligen teilweise deutlich weiter von der Normalität entfernt. In Argentinien wird in der ersten Liga erst Ende Oktober wieder gespielt – und das vor leeren Rängen. In Mexiko hingegen gehen die Verantwortlichen ins Risiko und erlauben ab sofort, die Stadien zur Hälfte auszulasten. In Südkorea einigte man sich kürzlich auf 25 Prozent.
Dass nicht nur der König Fußball in der Zuschauerfrage um Antworten ringt, zeigt sich am Beispiel der Vuelta. Bei der am Dienstag beginnenden Spanien-Rundfahrt wird an einigen Startorten, Zielankünften und bei Bergetappen nur eine sehr begrenzte Anzahl von Radsportfans zugelassen.
Im Tennis verfolgten die Organisatoren der Grand-Slam-Turniere derweil unterschiedliche Strategien. Während bei den US Open in New York alle Tribünen unbesetzt blieben, durften kürzlich bei Roland Garros in Paris täglich 1 000 Zuschauer auf die Anlage.
Es ist also offensichtlich, dass sich die Sportliebhaber nicht nur in Luxemburg auf keinerlei pauschale Vorgaben verlassen können. Ob sie an den Wochenenden live mitfiebern dürfen oder an der Ticketkasse leer ausgehen, entscheidet sich im Zweifelsfall erst kurzfristig.