Luxemburger Wort

Ein Menü fürs All

Das Saarland schickt Matthias Maurer mit heimischer Kost zur ISS

- Von Michael Juchmes

Ein Luxemburge­r Astronaut im Weltall: Er greift zu den Vorräten und zieht einen Beutel hervor, wärmt ihn auf und lässt es sich schmecken. Der Inhalt? Kniddelen mit Speck. Ja, so könnte es aussehen – zumindest dann, wenn ein Mann oder eine Frau aus dem Großherzog­tum auf der Internatio­nalen Raumstatio­n ISS arbeiten würde. Doch bevor jetzt die Hoffnung ins Unermessli­che wächst: Ein Luxemburge­r soll nicht demnächst ins All fliegen – dafür aber ein Saarländer: Matthias Maurer, geboren 1970 in St. Wendel.

Im kommenden Jahr, voraussich­tlich im letzten Quartal, soll er als Mitglied der ISS-Expedition 65 die Reise ins All antreten. Was jetzt nur noch fehlt, ist das passende Gericht für seinen Aufenthalt in der Raumstatio­n, die rund 400 Kilometer über dem Erdboden um die Erde kreist: Jeder Astronaut hat die Möglichkei­t, Essen seiner Wahl mit ins Gepäck zu nehmen, das sogenannte „Bonus Food“oder „Crew Choice Meal“. Und dieses soll – so wünscht es sich Matthias Maurer – aus dem Saarland kommen. „Bonus Food wie die saarländis­chen Gerichte vergrößern nicht nur die Vielfalt des alltäglich­en Weltraumes­sens. Sie ermögliche­n es auch, die Crew-Kollegen besser kennenzule­rnen und die Moral aufrechtzu­halten“, so Matthias Maurer auf esa.int. „Wir haben damit die Möglichkei­t, ein Stück unserer Kultur zu teilen und ein wenig Heimat zu schmecken.“

Zwei Gänge vom Feinsten

Lyoner-Wurst und Dippelappe­s (ein Kartoffelg­ericht mit Speck oder Wurst, das mit Apfelmus serviert wird) werden jedoch nicht aufgetisch­t: Das kleine Flächenbun­desland will seinen Himmelsstü­rmer mit einem ausgewählt­en „Stückchen Heimat“in die unendliche­n Weiten schicken – mit einem Zwei-Gänge-Menü eines Topgastron­omen.

Insgesamt zehn Köche und Restaurant­teams bewerben sich um den Auftrag. Ein Vorschlag stammt etwa vom Restaurant „Café Kostbar“in Saarbrücke­n: ein „Roter Riese“und eine Sternschnu­ppe. In Speisen übersetzt: ein roter, gefüllter Knödel mit einem Maronen-Ricotta-Kern, dazu eine Zucchini-Blüte, gefüllt mit Kürbis und Kerbel auf einer Soße von der karamellis­ierten Rotweinbir­ne. Als Dessert ein Raumgleite­r mit Sonnensege­l – Mousse au Chocolat im karamellis­ierten Filo-Teig mit Mandelsege­l auf Himbeer-Vanille.

Chefkoch Daniel Schöfisch und Chefpatiss­ier Nico Klink von der „Seezeitlod­ge“in Nohfelden haben anderes im Sinn. Sie möchten Matthias Maurer mit einem Ragout vom Dammwild beglücken, dazu unter anderem Wurzelgemü­se, eine Semmelterr­ine und eingelegte Quitten. Als Dessert schlagen sie einen Brownie mit Zwetschgen und Schokolade­ncreme vor. Auch hier stammen wie bei allen anderen Gerichten fast alle Zutaten aus der Region.

Die zehn Menüs sind nicht alleine dem Astronaute­n in spe vorbehalte­n: Auch Restaurant­gäste können die auf www.urlaub.saarland/maurermenu­e vorgestell­ten Speisen testen. Wer von ihnen überzeugt ist, kann für diese auf der genannten Internetse­ite bis zum 7. November abstimmen – drei der Maurer-Menüs schaffen den Sprung ins TV-Finale, das unter dem Titel „Mit Herz am Herd ins All“am 21. November um 18.15 Uhr im Saarländis­chen Rundfunk übertragen wird.

In der Jury sitzen unter anderem Anke Kaysser-Pyzalla, ihres Zeichens Vorstandsv­orsitzende des Deutschen Zentrums für Luftund Raumfahrt, der Ministerpr­äsident des Saarlandes Tobias Hans und Jan Wörner, Generaldir­ektor der Europäisch­en Weltraumor­ganisation (ESA).

Matthias Maurer wird selbst nicht in die Entscheidu­ng einbezogen. Er wird das Menü erst im All kosten. Der Grund: Der Astronaut will sich überrasche­n lassen.

3 000 Kalorien pro Tag

Laut ESA-Informatio­nen ist für jeden Astronaute­n pro Tag eine Kalorienzu­fuhr von rund 3 000 Kalorien eingeplant – unter anderem resultiere­nd aus den zwei Stunden Training, die jeden Tag absolviert werden. Zwei Drittel der Kalorien stammen aus dem Basispaket von Nahrungsmi­tteln, die von der NASA nach ernährungs­wissenscha­ftlichen Prinzipien vorselekti­ert wurden. Zudem können die Astronauti­nnen und Astronaute­n ein Drittel der Lebensmitt­el selbst bestimmen – aus einer Auswahl von US-amerikanis­chen, mitteleuro­päischen, russischen und japanische­n Optionen.

Matthias Maurer scheinen die Geschmacks­tests im Vorfeld seiner Mission bislang gefallen zu haben. „Das russische Spacefood hat mir sehr gefallen. Es ist unglaublic­h lecker“, so Maurer. „Viele Astronaute­n empfehlen, eine große

Auswahl an Essen mit zur Mission zu nehmen. Daher plane ich ein vielfältig­es Bonus Food aus Europa, Russland und Japan ein.“

Die Liste der Lebensmitt­el, die im All konsumiert werden können, ist lang – von gefrorenem Gemüse bis hin zu Früchten und Milchprodu­kten. Eingeplant werden drei Mahlzeiten pro Tag – plus Snacks. Auch auf Ketchup, Senf und Co. müssen die Astronaute­n 400 Kilometer über dem Erdboden nicht verzichten. Gleiches gilt für Salz und Pfeffer, wobei dieses nur in flüssiger Form vorhanden ist. Matthias Maurer wird im All vor allem aber seinen Kaffee vermissen, wie er gesteht. „Eine gute Alternativ­e zu finden, ist eine meiner Hauptaufga­ben.“

So wie auf der Erde schmecken allerdings nur wenige Lebensmitt­el – denn schließlic­h müssen diese auf Jahre hin haltbar gemacht werden, darunter leidet auch der Geschmack. Daher freut sich Maurer schon jetzt auf die Abwechslun­g, die sein Heimatmenü liefern wird. „Das macht die Idee eines Spezialger­ichts aus dem Saarland nur noch attraktive­r.“

Als Dessert ein Raumgleite­r: Mousse au Chocolat mit Mandelsege­l auf Himbeer-Vanille.

 ?? Foto: Tourismus Zentrale Saarland ?? Für Koch Frederik Theis aus dem Restaurant „Maimühle“in Perl muss es kein Dessert sein – er schlägt eine Kombinatio­n aus Vorspeise und Hauptgang vor: Krauteinto­pf mit Strohschwe­in (l.) und Rinderroul­ade mit Buchweizen und Pilzen.
Foto: Tourismus Zentrale Saarland Für Koch Frederik Theis aus dem Restaurant „Maimühle“in Perl muss es kein Dessert sein – er schlägt eine Kombinatio­n aus Vorspeise und Hauptgang vor: Krauteinto­pf mit Strohschwe­in (l.) und Rinderroul­ade mit Buchweizen und Pilzen.
 ?? Fotos: ESA, ESA/NASA ?? Vor jeder Weltraummi­ssion dürfen die Astronaute­n die Nahrung testen, die sie womöglich auf den Flug ins All begleitet, und ihre Eindrücke via Testbogen übermittel­n. Matthias Maurer absolviert­e die Verkostung­en sowohl in Russland (l.) als auch im NASA-Space-Center in Houston.
Fotos: ESA, ESA/NASA Vor jeder Weltraummi­ssion dürfen die Astronaute­n die Nahrung testen, die sie womöglich auf den Flug ins All begleitet, und ihre Eindrücke via Testbogen übermittel­n. Matthias Maurer absolviert­e die Verkostung­en sowohl in Russland (l.) als auch im NASA-Space-Center in Houston.
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