Republikaner fürchten oder lieben Trump
Die Noch-Regierungspartei tut sich schwer damit, dem US-Präsidenten zu sagen, dass seine Zeit vorüber ist
Die einen lieben ihn, die anderen fürchten den US-Präsidenten. Gemeinsam haben beide Lager innerhalb der republikanischen Partei, dass sich niemand in der Position sieht, Trump mit der Realität zu konfrontieren, die er hartnäckig ignoriert: Der Amtsinhaber hat die Wahlen nicht nur knapp, sondern klar verloren.
Der bereits am Samstag von AP zum Wahlsieger erklärte Joe Biden eroberte nach Stand der Auszählung fünf Bundesstaaten, die Trump 2016 holte, darunter die traditionell republikanischen Staaten im Sonnengürtel Arizona und Georgia. Er hat mit 306 Wahlmännern 36 mehr als für seine Wahl benötigt werden und liegt bei den insgesamt abgegebenen Stimmen um fast 4,5 Millionen oder drei Prozent vor Trump.
Ungeachtet dessen trauen sich nur wenige Republikaner, Trumps fantastischen Behauptungen über angeblichen Wahlbetrug zu widersprechen. Der Gründungs-Direktor der Richard-Nixon-Bibliothek Timothy Naftali sagt, es sei angesichts rund 71 Millionen Stimmen für Trump schwierig für Senatoren und Abgeordnete, dem Amtsinhaber den Rücken zu kehren. „Es geht nicht so sehr um Trump als um die Loyalität zum Trumpismus“.
Angst vor Abstrafung
Dass der Präsident das Weiße Haus räumen muss, steht für Analysten und Experten, die mit seinen Klagen vertraut sind, außer Frage.
Sogar der Haussender Fox schaltet ab, wenn die Sprecherin im Weißen Haus, Kayleigh McEnany, haltlose Behauptungen und Lügen über die angebliche Manipulation der Wahlen verbreitet. „Aber die Republikaner wollen nicht riskieren, bei den nächsten Vorwahlen abgestraft zu werden“.
Nach einem Treffen mit Justizminister William Barr im Kongress sagte Senatsführer Mitch McConnell, der Präsident bewege sich „zu hundert Prozent in seinem Recht“, eine Nachzählung und Klagen zu verfolgen. Trump müsse nicht „unmittelbar, gut gelaunt vorläufige Wahlergebnisse anerkennen.“Barr seinerseits gab Bundesanwälten grünes Licht, tätig zu werden, wenn „substanzielle
Behauptungen“von Wahlbetrug vorliegen. Der für den Bereich im Justizministerium zuständige Abteilungsleiter Richard Pilger trat kurz darauf zurück, um gegen eine mögliche Politisierung der Justiz zu protestieren.
Bidens Rechtsberater Bob Bauer, der als Justiziar Barack Obamas tätig war, nennt Barrs Memorandum „unglücklich“, weil es „fantasievolle und weit hergeholte
Spekulationen“schüre. Die Washington Post zitiert Personen um Barr herum, die sagen, der Minister glaube selber nicht an „massiven Betrug“oder „ein größeres systematisches Problem“.
Drohungen an Mitarbeiter
Barr liefert damit nach Ansicht von Analysten Schlagzeilen, die sich an einen Empfänger richten, der persönlich nicht mit der Zurückweisung
zurechtkommt und wild um sich schlägt. Am Montag feuerte er Verteidigungsminister Mark Esper und ließ Mitarbeiter des Weißen Hauses vor dem Rausschmiss warnen, falls sie sich nach neuen Jobs umschauten.
Aus Sorge um die Reputation ihrer Firmen, erwägen die Großkanzleien „Jones Day“und „Porter Wright Morris & Arthur“ihre Mandate von Trump aufzugeben. Wie die New York Times berichtet, wollen sie nicht mit dem Versuch in Verbindung gebracht werden, „die Integrität der Wahlen zu unterminieren“. Bisher haben die Klagen des Präsidenten in fünf Bundesstaaten keinen nennenswerten Erfolg gehabt.
Es geht nicht so sehr um Trump als um die Loyalität zum Trumpismus. Timothy Naftali, Gründungs-Direktor der Richard-Nixon-Bibliothek
Das Übergangsteam des gewählten Präsidenten Biden arbeitet derweil um die Widrigkeiten herum, dass Trump bisher die Freigabe von Ressourcen, GeheimdienstUnterrichtungen und den Zugang zu anderen Informationen blockiert. Die Verzögerungen bei der Übergabe der Regierungsgeschäfte seien unnötig und politisch bedenklich, änderten aber nichts am Ausgang, hieß es aus dem Lager Bidens.
Der ehemalige CIA-Analyst David Priess nennt das Verhalten des Verlierers der Wahlen beispiellos in der Geschichte und bedenklich für die nationale Sicherheit. „Wie mit so vielen anderen Normen und Traditionen, lässt sich schwer sagen, was dieser Präsident noch im Sinn hat.“