Gegen das Virus gerüstet
In den Alten- und Pflegeheimen geht man gelassener mit der zweiten Corona-Welle um
Luxemburg. Die Zahl der täglichen Neuinfektionen in Luxemburg hält sich seit Wochen konstant auf hohem Niveau. Die Bevölkerung ist besorgt um ihre kranken, älteren und dadurch eben verwundbareren Mitbürger. Um ihre Eltern, Schwieger- und Großeltern in den Alten- und Pflegeheimen. Und was tun diese derweil?: Sie passen sich an. Das ist zumindest das überwiegende Echo aus den Heimen. Denn: Zwar trifft die zweite Welle diese Institutionen zahlenmäßig schlimmer als die erste, doch Angestellte und Bewohner sind vorbereitet. Die Moral ist bei den meisten bislang recht gut. Das Virus und der Umgang damit sind besser bekannt. Das nötige Material ist vorhanden.
Verschont vor den Risiken einer Infektion bleibt trotzdem niemand. „Genau wie im Rest der Bevölkerung ist die Zahl der Infizierten in den Alten- und Pflegeheimen höher als bei der vorigen Welle. Jedoch nicht überproportional“, erklärt Familienministerin Corinne Cahen (DP). „Von insgesamt rund 6 500 Bewohnern in landesweit 52 Alten- und Pflegeheimen waren am Freitagabend 288 Personen in 27 Institutionen infiziert.“Doch es kann auch von Glück im Unglück geredet werden, denn bei der zweiten Welle wurde nun festgestellt, dass auch unter den älteren Personen viele asymptomatisch sind, also keine Krankheitssymptome entwickeln. In der zweiten Welle werden die Bewohner, die einen Altersdurchschnitt von über 85 Jahren haben, viel systematischer getestet. Sobald es einen Fall in einer Institution gibt, werden die Bewohner alle durchgetestet. Nathalie Hanck, Sprecherin von Servior, dem landesweit größten Betreiber von Altenund Pflegeheimen, entkräftet demnach auch das Argument, dass ältere Menschen systematisch Covid-19-Risikopatienten sind. „Die Bewohner sterben nicht an Corona, sondern mit Corona. Sie hatten immer auch Vorerkrankungen. Oder waren zum Beispiel starke Raucher.“Corinne Cahen erzählt selbst von einer 100-jährigen Frau, die eine Corona-Infektion ohne Symptome durchstand.
Heime besser ausgestattet
Tatsächlich finden sich in den Daten des Statistikamts Statec keine Belege, dass die Sterblichkeitsrate in den Luxemburger Altenund Pflegeheimen in diesem Jahr bislang höher war als in den Jahren zuvor. So wurde die Periode zwischen März und Oktober mit den fünf Jahren davor verglichen. Damit dies aber so bleibt, müssen in den Alten- und Pflegeheimen Vorkehrungen getroffen werden, denn Fakt ist auch, dass viele der Bewohner Vorerkrankungen haben und somit gefährdete Personen sind.
„In den Strukturen gibt es ein sogenanntes Corona-Kit. Das bedeutet, dass die notwendigen Medikamente dort gelagert sind. Auch Sauerstoff für die Versorgung von Erkrankten ist vorhanden. Da sich der Zustand eines Infizierten jederzeit schnell verschlechtern kann, wurde auch ein Bereitschaftsdienst mit den Allgemeinmedizinern aufgestellt“, erklärt
Corinne Cahen. „Die Bewohner sollen so lange wie es nur möglich ist in ihrem gewohnten Umfeld behandelt werden und nur im äußersten Notfall ins Krankenhaus gebracht werden“, sagt Nathalie Hanck. Mehr nämlich, als dass die Bewohner nicht die notwendige Behandlung in ihrem Zuhause erhalten können, hat sie Sorge darum, was passieren wird, wenn die Krankenhäuser die Behandlung der Bewohner nicht mehr garantieren können. „Viele unserer Bewohner müssen regelmäßig für eine Behandlung ins Krankenhaus gehen“, sagt sie.
Für ältere Menschen, die in Alten- und Pflegeheimen zusammenleben, soll es nicht wieder zu einem generellen Besuchsverbot kommen, wie während der ersten Welle, hofft Nathalie Hanck (l.). Auch Familienministerin Corinne Cahen (r.) stimmt dem zu. Die Alten- und Pflegeheime seien jetzt mit Material und Medikamenten ausgestattet und hätten gelernt, besser mit dem Virus umzugehen.
Die Bewohner sterben nicht an Corona, sondern mit Corona. Sie hatten immer auch Vorerkrankungen. Nathalie Hanck, Servior
Darüber hinaus riskiert es in den Alten- und Pflegeheimen einen Personalmangel zu geben, sofern sich das Virus weiter in der Bevölkerung ausbreitet. „Momentan können wir nicht auf eine sanitäre Reserve zurückgreifen, wie bei der ersten Welle. Medizinstudenten sind an der Uni, andere Ärzte arbeiten etwa in ihren Praxen“, betont Cahen. Doch Nathalie Hanck kann vorerst beruhigen: „Von 15 Servior-Institutionen waren in den vergangenen Wochen fünf betroffen. Bis jetzt konnten bei Personalmangel in einer Institution die Mitarbeiter einer anderen helfen“.