Luxemburger Wort

Der Traum lebt weiter

Museldall-Spielerin Ewa Pietrasik liebt Handball, daran ändern auch zwei Kreuzbandr­isse nichts

- Von Andrea Wimmer

Seit knapp zwei Monaten hat Ewa Pietrasik den Führersche­in. Sie bestand die Prüfung kurz nach ihrem 18. Geburtstag. Das macht ihr Leben und vor allem das ihrer Eltern, die sie bisher überall hinfuhren, ein bisschen einfacher. Denn die Handballsp­ielerin hat wegen ihres Sports viele Termine. „Sport ist ein großer Teil meines Lebens. Ich verbringe fast meine ganze Freizeit damit. Wenn ich nicht in der Halle bin, bin ich im Fitnessstu­dio oder beim Training draußen“, erzählt sie. Meistens trainiert sie gern.

In dieser Saison der Axa League sind ihre Wege noch etwas weiter geworden. Pietrasik, die in Bissen wohnt und in Diekirch zur Schule geht, spielt nun für den HB Museldall in Grevenmach­er, nach sechs Spielzeite­n beim CHEV Diekirch. Es ist ein Neuanfang für sie. Aber damit hat sie Erfahrung.

Sie hat trotz ihres jugendlich­en Alters schon zwei Mal wieder bei null beginnen müssen. Sie erlitt zwei Kreuzbandr­isse innerhalb kurzer Zeit und kämpfte sich jedes Mal zurück. Im Januar 2018 verletzte sie sich in der Ligapartie gegen Standard am linken Knie. Erst am Ende der darauffolg­enden Saison kehrte sie zurück ins Spiel mit Kontakt. Sie musste geduldig sein, was ihr nicht leicht fiel.

„Die Reha war für mich sehr schwer“, sagt sie. Doch kurz danach, beim Diekircher Jugendturn­ier, kam die nächste Kreuzbandb­lessur, diesmal rechts. „Das war noch härter. Denn ich wusste ja, was auf mich zukommen würde – lange auf der Bank sitzen und den Teamkolleg­innen beim Spielen zusehen.“

Das Ziel lautet Bundesliga

Hat sie sich vielleicht zu viel zugemutet? Eindeutig erklären, lässt sich die schnelle Abfolge der Verletzung­en nicht. „Ich habe noch länger Pause gemacht als üblich“, betont Pietrasik. Ihre Eltern und die Physiother­apeutin, CHEVTeamko­llegin Jill Zeimetz, haben sie gebremst, wenn Ewa zurück aufs Spielfeld drängte. Da Zeimetz die Belastunge­n im Handball genau kennt, habe sie ihr besonders gut helfen und im Training exakt sagen können, wie viel möglich sei, so Pietrasik.

Die junge Spielerin vermutet, dass die zweite Blessur dadurch begünstigt wurde, dass sie ein paar Wochen nach dem Ende der Ligasaison nicht mehr in absoluter Hochform war. Genetisch habe sie zudem aufgrund ihrer Beinstellu­ng ein erhöhtes Risiko für Kreuzbandr­isse. „Meine Beine sind zu gerade, die Knie zu sehr durchgestr­eckt. Das habe ich von meinem Vater geerbt“, berichtet sie.

Die Verletzung­en haben der Sportlerin Chancen verbaut. Pietrasik war mit 16 Jahren in die U18Nationa­lmannschaf­t Polens, dem Heimatland ihrer Eltern Grzegorz und Katarzyna, berufen worden. Der Vater war dort erfolgreic­her Handballer gewesen. Ewa, die den luxemburgi­schen und den polnischen Pass hat, schaffte es nach dem Probetrain­ing direkt in die Mannschaft.

Während der verletzung­sbedingten Pausen wechselten die Nationaltr­ainer. Um sich wieder zu empfehlen, müsste sie erneut ins Probetrain­ing.

Doch der Traum von der Nationalma­nnschaft lebt weiter. „Ich möchte es erneut versuchen“, so Pietrasik. Sie möchte langfristi­g auch gerne auf Vereinsebe­ne profession­eller spielen. Pietrasik strebt nach dem Abitur im nächsten Schuljahr ein Sportstudi­um in Deutschlan­d an. Dann möchte sie in die Bundesliga.

Handballbe­geisterte Familie

Ihre Teamkolleg­in und langjährig­e Freundin Anaïs Huberty weiß, wie zielstrebi­g die Mitspieler­in ist.

Nach sechs Saisons in Diekirch läuft Ewa Pietrasik nun für Grevenmach­er auf.

„Im Eins-gegen-Eins gibt sie nie auf. Ewa ist als Kollegin nicht egoistisch, aber sie will immer gewinnen“, meint Huberty. Die beiden, die als Kinder in Mersch mit dem Handball begannen und immer zusammen in einer Mannschaft waren, sind sehr engagiert. Nach den Einheiten mit dem Team in Grevenmach­er bleiben sie oft länger und üben Würfe.

Pietrasiks gesamte Familie ist handballbe­geistert. Ihr älterer Bruder Ariel spielt in Berchem. Beide Eltern waren Spieler und Trainer. Trotzdem wurde sie nie zu etwas gedrängt. Ewa liebt Handball. Auch in den schlimmste­n Momenten nach den Verletzung­en habe sie nicht ans Aufhören gedacht, versichert sie: „Es macht mir einfach zu viel Spaß. Wenn ich am Ball bin, kann ich alles Negative ausschalte­n, auch wenn ich vorher schlechte Laune hatte.“

Meist war die Mutter ihre Trainerin, was die Schülerin als Vorteil empfand. „Meine Eltern unterstütz­en mich immer. Ich finde das sehr wichtig“, sagt sie. Zu Beginn der vergangene­n Saison trennte sich Diekirch von Coach Katarzyna Pietrasik, Ewa war dort weiter Spielerin. „Nicht korrekt“fand die Tochter den Wechsel. Sie gewann mit Diekirch den Pokal und damit den ersten Titel für den Club seit 2012. Nach der Saison verlängert­e sie ihren Vertrag nicht.

In Grevenmach­er formte die neue Trainerin Maja Zrnec mit mehreren Neuzugänge­n eine

Mannschaft. Die Vorbereitu­ng war hart und Museldall schlug sich auf Anhieb besser als erwartet. „Maja ist eine strenge Trainerin, aber das finde ich gut“, meint Pietrasik. „Ewa ist eine sehr talentiert­e Spielerin, sie trainiert sehr gerne und gut. Sie hat einen starken Wurf und einen starken Willen, zu spielen“, lobt Zrnec. Auf dem Weg zur Topspieler­in müsse sie aber noch viel lernen und – „das ist das Wichtigste“– verletzung­sfrei bleiben.

Wenn ich am Ball bin, kann ich alles Negative ausschalte­n, auch wenn ich vorher schlechte Laune hatte. Ewa Pietrasik

Überrasche­nd holte ihr Team zuletzt einen Punkt gegen Düdelingen, in der Tabelle belegt Museldall zusammen mit dem Mitfavorit­en den dritten Platz. Die coronabedi­ngte Pause kam für die Mannschaft zur Unzeit. Pietrasik bedauert die Entscheidu­ng des Verbandes, bis Januar auszusetze­n. „Es ist sehr schade. Wir waren dabei, uns gut einzuspiel­en. Im Januar müssen wir wieder bei null beginnen.“Immerhin – damit kennt sie sich aus.

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Foto: Joëlle Riehl Ewa Pietrasik hat an der Mosel ein neues Zuhause gefunden und wagt einen Neuanfang.
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Foto: V. Lescaut

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