„Lucky Luke“und Weihnachten
Netflix setzt auf Luke Mockridge und die deutsche Miniserie „ÜberWeihnachten“
Luke Mockridge ist so etwas wie die aktuelle Allzweckwaffe für die deutschsprachige Fernseh-Zielgruppe der gerne favorisierten unter 40-Jährigen. Mit den Einflüssen aus dem Bühnen- und Fernseherfahrungen seiner Eltern, Bill Mockridge und Margie Kinsky, aufgewachsen, schaffte er es von YouTube zum Stammplatz und
Huber – ein Bestseller der komischen Literatur in Deutschland.
Vor der Kamera jemand anders als er selbst sein zu müssen, fällt Mockridge dabei sichtlich schwer – zu oft verfällt er in Standardausdrücke, die man schon aus seinen Auftritten, Shows oder der Dokufiktion „Die Mockridges“kennt; Musikeinlagen als einigermaßen patenter Sänger inklusive. Oft ist das schlicht zu dick aufgetragen. Und da wo er denn dann mehr Intensität zeigen könnte, wirkt das durch den Kontrast zum Extrem nicht mehr – wie es gehen kann, zeigen erfahrene Kolleginnen und Kollegen wie Johanna Gastdorf und Lucas Reiber an seiner Seite.
Eigentlich soll Mockridge den erfolglosen Musiker Bastian darstellen, der sich besser schlecht als recht in Berlin durchschlägt und dann auch noch von seiner innig geliebten Freundin Fine (Cristina do Rego) verlassen wurde. Auch wenn die Trennung schon Monate her ist, leidet er. Einziger Trost: Weihnachten naht und damit die
Gelegenheit für Bastian, in seinem provinziellen Heimatort in der Eifel familiäre Gemütlichkeit und Bewunderung im Freundeskreis über die Feiertage aufzutanken. Da ist er nämlich der „Strahlemann“, der es nach Berlin geschafft hat.
Zwischen Klischee und Überzeichnung
Dass er sich eigentlich längst von der Familie – ob aus Scham, keine echte Karriere vorweisen zu können, oder Trotz unter anderem seinen Überflieger-Bruder Niklas gegenüber – entfremdet hat und die Freunde sich etwas aufgebaut haben und erwachsener als er geworden sind, hat er geflissentlich übertüncht.
Doch der schlimmste Schlag kommt gleich zu Beginn der Heimkehr: Niklas (Lucas Reiber) ist mit Fine zusammengekommen – und sie wird beim Familien-Weihnachtsfest dabei sein. So nehmen die Katastrophen ihren Lauf. Zwischen Klassikern der Weihnachtsklischees von Baumaufstellen, Plätzchen- und FesttagsbratenVöllerei,
ist ÜberWeihnachten die Geschichte eines späten Comingof-Age, die im Drehbuch als Mischung von „Sweet Home Alabama“und „Christmas Vacation“daher kommt. Für die 150 Minuten hätte ruhig mehr aus der BuchVorlage einfliessen können. Allzu viel Anspruch ist dann nicht mehr dabei; die Serienfassung plätschert vor sich hin und wirkt gelängt. Die überzeichnenden Kommentare von Oma Hilde (CarmenMaja Antoni), die pubertären Humor treffen, tragen dann dazu bei, dass diese Serie polarisiert. Für die einen ist sie eine Klischeeansammlung mit vorhersehbarem Plot ohne Raffinesse und für die anderen gute Weihnachtseinstimmung für die Generation Hashtag und die ganze Familie. Zumal es dann auch Wiedererkennungspotenzial mit der eigenen Weihnachtsheimkehr gibt. Und im Vergleich zu manch anderem Netflix-Weihnachtskitsch der letzten Jahre hat die Miniserie fast schon Tiefgang pur – man denke nur an den Netflix-Hit „A Christmas Prince“.