Leben, mit HIV
Am Welt-Aids-Tag wird mit der Unwissenheit über die Erkrankung aufgeräumt
Luxemburg. Wie viele Personen sich bislang in diesem Jahr mit dem HI-Virus (Humane Immundefizienz-Viren) angesteckt haben, das unbehandelt zu dem Immunschwächesyndrom Aids (Acquired Immune Deficy Syndrom) führen kann, ist noch nicht gewusst. Das Aids-Komitee ist jedoch besorgt, da die Zahl der durchgeführten HIV-Tests in den Krankenhäusern seit der Pandemie gesunken ist. „Im CHL sind zwischen März und Mai 48 Prozent weniger Tests durchgeführt worden als im Vorjahr. Zwischen Juni und August waren es 20 Prozent weniger“erklärt Carole Devaux, Präsidentin des Aids-Komitees.
49 Neuinfektionen 2019
In der vergangenen Woche stellte das Komitee seinen HIV/Aids-Bericht für Luxemburg von 2019 vor. Die Anzahl der Neuinfektionen bleibt, trotz steigender Bevölkerung, konstant. So wurden 2019 mit 49 Personen gleich viele infiziert, wie bereits 2018. 2019 handelte es sich dabei um 24 Personen, die sich bei heterosexuellem Geschlechtsverkehr infiziert hatten, 22 bei bioder homosexuellem Sex und drei beim Drogenkonsum durch eine mit Blut verunreinigte Nadel. Im vergangenen Jahr wurden 96 zusätzliche Personen wegen einer HIV-Infektion betreut. Auch diese Zahl ist über die vergangenen Jahre stabil geblieben.
2018 lebten hierzulande geschätzt rund 1 200 HIV-positive Personen. Geschätzt, da davon ausgegangen wird, dass 15 Prozent der Infizierten nichts von ihrer Erkrankung wissen. Umso wichtiger ist es, sich bei Unsicherheit etwa durch Kondome oder Präexpositionsprophylaxe-Medikamente (PEP/PrEP) zu schützen. Diese Medikamente dienen dazu, eine HIV-Infektion beim Geschlechtsverkehr zu verhindern. Aber auch sollten regelmäßig HIV-Tests durchgeführt werden, falls nötig.
Übertragungsrisiko verschieden
Über HIV und Aids gibt es viel Unwissenheit. Am heutigen WeltAids-Tag soll damit aufgeräumt werden und darüber informiert. So handelt es sich bei der HIV-Infizierung zwar um eine unheilbare Erkrankung, jedoch ist sie behandelbar – je früher, desto erfolgreicher. Das HI-Virus überträgt sich hierzulande überwiegend durch ungeschützten Geschlechtsverkehr oder durch verunreinigte Nadeln bei Drogenkonsumenten.
„Generell ist das Übertragungsrisiko von HIV bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr mit einer infizierten Person schwer zu definieren, da es sowohl von der Viruslast abhängt, als auch davon, ob der Erkrankte in Behandlung ist“, erklärt Sandy Kubaj von der HIV-Beratung des Roten Kreuzes. Das Risiko einer HIV-Übertragung ist erhöht, wenn sich besonders viele Viren im Blut oder in den Körperflüssigkeiten befinden. Das ist zwei bis vier Wochen nach einer frischen HIV-Infektion der Fall. Die meisten Menschen wissen zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nichts von ihrer Infektion.
Bei ungeschütztem Sex steigt das HIV-Risiko logischerweise generell mit der Häufigkeit der ungeschützten Kontakte. Aber auch die angewendeten Sexpraktiken spielen eine große Rolle beim Übertragungsrisiko. Falls es zu ungeschütztem Geschlechtsverkehr mit einer gewusst positiv-getesteten Person gekommen ist, sollte schnellstmöglich (und maximal nach 72 Stunden) ein Arzt aufgesucht werden. Der entscheidet dann, ob eine Post-ExpositionsProphylaxe (PEP) Behandlung eingeleitet wird. Eine solche reduziert das Risiko einer Infektion erheblich.
Im Blut kann eine Infektion in der Regel erst nach zwei bis vier Wochen nachgewiesen werden. So lange dauert es nämlich, bis sich spezifische Antikörper gegen HIV gebildet haben. Der Nachweis einer Infektion per Blutabnahme im Krankenhaus oder Labor wird frühestens sechs Wochen nach einem Risikokontakt durchgeführt. Anhand von Schnelldiagnosetests, die auch in den Apotheken und einigen Geschäften erhältlich sind, ist eine Infektion nach zwölf Wochen sicher nachweisbar.
Heimtückische Krankheit
Das heimtückische an der Krankheit ist die lange Inkubationszeit zwischen der Infektion und der Erkrankung. Bei einem Teil der Infizierten treten etwa zwei bis drei Wochen nach einer Infektion grippeähnliche Symptome wie zum Beispiel Fieber, Lymphknotenschwellungen oder schmerzhafte Schluckbeschwerden auf. Diese sind in der Regel jedoch auf eine bis zwei Wochen begrenzt und so schwach, dass oft kein Arzt aufgesucht wird. „Das symptomfreie Stadium der Infektion kann Monate bis Jahre andauern. Irgendwann können dann Symptome wie etwa Niedergeschlagenheit auftreten. Die individuellen Verläufe können aber sehr vielfältig sein und immer wieder abklingen“, erklärt Sandy Kubaj. Allen Patienten gemeinsam sind lediglich die irreversiblen Störungen der zellulären Immunabwehr. Die schwere, meist lebensbedrohliche Manifestation der Krankheit in einem weiter fortgeschrittenen Stadium wird als Aids bezeichnet. Zu einem solchen schweren Immundefekt kommt es bei der überwiegenden Zahl der Fälle, wenn keine antiretrovirale Behandlung stattfindet.
Behandlung möglich
Einige Studien zeigen, dass ohne Behandlung zehn Jahre nach der Infektion etwa die Hälfte der Infizierten an Aids erkrankt ist. In den ersten beiden Jahren nach einer Infektion ist der Anteil der Personen, die an Aids erkranken, gering, danach sind es laut Studien jährlich etwa sechs Prozent der Infizierten. Damit dies nicht passiert, ist eine lebenslange medikamentöse Behandlung notwendig. „Eine solche verhindert eine Ausbreitung der Erkrankung und vermindert die Viruslast, sodass die Person auch nicht mehr infektiös ist und andere Personen beim Geschlechtsverkehr anstecken kann“, sagt Sandy Kubaj.