Verordnete Ladehemmung
Jäger und Landwirte kritisieren Verbot von Treibjagden – Umweltministerin wehrt sich
An der Jagd im Generellen und an der Treibjagd im Speziellen scheiden sich bekanntermaßen die Geister. Der seit Mitte vergangener Woche geltende coronabedingte Teil-Lockdown vertieft den bestehenden Graben zwischen Jagdbefürwortern und -gegnern noch zusätzlich. Bis einschließlich dem 15. Dezember sind Treibjagden verboten, weil sie vom Umweltministerium als Freizeitaktivität eingestuft werden. Während die Jäger auf Vorgaben bei den Abschüssen verweisen, sorgen sich die Bauern um mögliche Schäden.
Georges Jacobs, Präsident der Jägerföderation FSHCL, zeigt sich „außergewöhnlich enttäuscht“über das Vorgehen von Umweltministerin Carole Dieschbourg (Déi Gréng), das er nicht nachvollziehen kann. Bei der Jagd handele es sich nicht, wie oft dargestellt, um ein Hobby, sondern um eine gesetzlich verankerte Pflicht der Jäger.
Rücktritt von Carole Dieschbourg gefordert Jacobs, von Berufs wegen Mediziner, behauptet, die Gefahr, sich bei einer Jagd mit dem Corona-Virus zu infizieren, sei gleich Null. Dies in erster Linie, weil sich die Jäger „perfekt verhalten“würden. Vor dem Verbot hätten sie sich stets dezentral in Gruppen von drei bis vier Personen auf Parkplätzen getroffen und sowohl dort als auch auf dem Weg zu ihren Posten im Wald stets eine Maske getragen. Während der Jagd selbst stünden die Teilnehmer 100 bis 200 Meter voneinander entfernt. Auch das sogenannte Aufbrechen der Tiere finde dezentral statt, wobei ebenfalls sämtliche Schutzmaßnahmen eingehalten würden.
Dass die Treibjagd trotzdem verboten wurde, sieht Jacobs rein ideologisch begründet. Die grüne Ministerin versuche lediglich ihre Klientel bei der Stange zu halten. „Ich schäme mich für Frau Dieschbourg, weil sie dazu selbst wahrscheinlich nicht mehr in der Lage ist und fordere ihren Rücktritt.“Ihm tue Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) leid, weil sie diese „unseriöse Herangehensweise“aus Koalitionsgründen mittragen müsse.
Das Treibjagdverbot sei gerade jetzt besonders ärgerlich, weil wegen des fehlenden Laubes an den Bäumen ideale Bedingungen herrschten. Wie nötig die Jagd sei, zeige ein Blick auf die Zahlen bei den Wildschweinen. In diesem Jahr habe man erst 2 500 bis 3 000 Wildschweine geschossen. Im gesamten Vorjahr waren es zwischen 8 000 und 9 000. Jacobs gibt zudem zu bedenken, dass rund zwei Drittel des Wildfleisches an Weihnachten und Silvester gegessen würde. „Wenn wir bis nach dem 15. Dezember abwarten, haben wir keinen Absatzmarkt mehr und bleiben auf dem Fleisch sitzen. Dann bekommen wir nicht einmal mehr einen Obolus für das, was wir für das Land tun.“
Über eine Anwaltskanzlei hat die Jägerföderation Premierminister
Xavier Bettel (DP), Paulette Lenert, Carole Dieschbourg und Landwirtschaftsminister Romain Schneider (LSAP) am Donnerstag eine fünfseitige Stellungnahme mitsamt Hygienekonzept zukommen lassen.
Guy Feyder, Präsident der Landwirtschaftskammer, bedauert, dass die Jagd als Freizeitbeschäftigung eingestuft wird. Er verweist auf die Wildschäden, die den Bauern vor allem durch Wildschweine entstehen. Wenn das Verbot alleine damit begründet werde, dass es sich bei der Jagd um eine Freizeitaktivität handelt, sei dies nicht nachvollziehbar. Über den möglichen finanziellen Impakt zusätzlicher Wildschäden wollte er aus Mangel an konkreten Zahlen nicht spekulieren.
Mit Blick auf die Afrikanische Schweinepest erklärt Feyder, dass sich die Situation in Belgien entspannt habe. Man betrachte jedoch mit Sorge, dass es zuletzt mehrere Fälle in Ostdeutschland gegeben hat, die wohl aus Polen eingeschleppt wurden. Hier ist es jedoch weniger die Angst, dass das Virus seinen Weg in die luxemburgischen Ställe findet, als vielmehr vor einem weiteren Preisverfall beim Schweinefleisch. Da der luxemburgische eng mit dem deutschen Markt verflochten ist, drohten die „Schockwellen“auch die heimischen Bauern zu treffen. „Wir haben noch etwas mehr als 20 Betriebe im Schweinesektor, wenn die Situation noch mehrere Monate anhält, wird die Hälfte wohl schließen müssen.“Der Rücktrittsforderung von Jacobs an die Umweltministerin schließt sich Feyder allerdings nicht an.
Carole Dieschbourg zeigt sich im Telefoninterview derweil überrascht vom „Mangel an Solidarität“seitens der Jäger. „Wovon reden wir denn hier überhaupt? Von einem Verbot der Treibjagd für drei Wochen.“Die Jäger forderten eine Ausnahme von den allgemeinen im Covid-Gesetz festgeschriebenen Beschränkungen. Es gehe darum zu verhindern, dass „die Zahlen in den Krankenhäusern explodieren“. Vor diesem Hintergrund sei es schon etwas bedenklich, dass die FSHCL teilweise mit dem Absatzmarkt für Wildfleisch argumentiere.
Keine Polizeieinsätze wegen Gesetzesverstößen
Man betrachte die Jagd als Freizeitaktivität, weil sie hierzulande nicht hauptberuflich ausgeübt werde, dies im Gegensatz zu vielen Aktivitäten aus dem Kulturbereich, die derzeit ebenfalls nicht stattfinden dürfen. Dieschbourg verweist zudem darauf, dass in anderen Ländern, beispielsweise in Belgien, ein komplettes Jagdverbot ausgesprochen wurde. In Luxemburg sind die Jagd vom Hochsitz und die Pirsch hingegen weiterhin erlaubt. Wenn die Infektionszahlen es zuließen, werde auch die Treibjagd im Januar wieder erlaubt. Auf Nachfrage hin ist es die Klarstellung, dass es in der Zeit vor dem Verbot nicht zu Polizeieinsätzen wegen Verstößen gegen die sanitären Vorschriften gekommen ist.
Die Umweltministerin ist vor allem darüber enttäuscht, dass sich die Jäger nicht zuerst an sie, sondern zunächst an das Landwirtschaftsministerium und die Santé gewandt hätten. Über die Situation der Bauern stehe sie überdies in regelmäßigem Austausch mit Romain Schneider. Man werde im Frühjahr untersuchen, ob und wenn ja, welche Schäden entstanden sind. Grundsätzlich zeigt sich die Ministerin für eine Diskussion mit allen Akteuren offen.
Ich schäme mich für Frau Dieschbourg, weil sie dazu selbst wahrscheinlich nicht mehr in der Lage ist. Georges Jacobs, Präsident der FSHCL