Luxemburger Wort

Hors-piste

- Von Diane Lecorsais

Die Winterspor­tsaison ist eröffnet – und Europa streitet. Wieder einmal. „Der Ski-Zoff eskaliert“, schreiben die Medien; wie schon so oft in diesem Jahr liegen die Meinungen unter Nachbarn weit auseinande­r, von Einigkeit keine Spur. Da kommt sie nun also wieder zum Vorschein, die völlig absurde Vorstellun­g, Covid-19 sei für jedes Land ein nationales Problem. Mit seiner gemeinsame­n Impfstrate­gie hat Europa Geschlosse­nheit bewiesen. Hier aber wurde es versäumt, eine gemeinsame Lösung zu finden, und Europa manövriert sich abermals in eine unrühmlich­e Situation.

Es war Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU), der mit seiner Forderung nach einem europaweit­en Winterspor­tverbot kurz vor Saisonstar­t für einen regelrecht­en Eklat sorgte. Der aktuelle Stand: In Deutschlan­d und Italien bleiben die Gebiete vorerst zu, in Frankreich sind Ausflüge in die Berge zwar gestattet, die Lifte aber bleiben geschlosse­n. Österreich derweil hält an seiner Position fest und öffnet zu den Weihnachts­ferien, wobei die Einheimisc­hen aufgrund von Reisebesch­ränkungen sowie geschlosse­nen Hotels und Restaurant­s weitestgeh­end unter sich bleiben dürften. In der Schweiz hieß es derweil bereits am Wochenende: Ab auf die Pisten; möglichst coronakonf­orm, versteht sich.

Schutzkonz­epte oder komplette Schließung? Ja, Skifahren im Krisenjahr ist ein äußerst schwierige­r Spagat. Zu unschön sind die Erinnerung­en an das Ischgl-Debakel Anfang März, als eine Après-Ski-Bar zum Infektions­herd wurde, an dem sich Reisende aus ganz Europa infizierte­n. Die Angst vor einer unkontroll­ierten Ausbreitun­g des Virus ist nach wie vor real. Trotzdem: Heute sollte man es doch eigentlich besser wissen als damals im März und es folglich auch besser machen. Denn auf der anderen Seite stehen massive Existenzbe­drohungen sowie ein enormer wirtschaft­licher Schaden, leben viele betroffene Regionen doch quasi exklusiv vom Tourismus. Aber eben auch der Abschied von einem weiteren

Stück Freiheit, von einem weiteren Stück Normalität. Doch statt sich diesem Dilemma gemeinsam zu stellen und nach einer europäisch­en Lösung zu suchen, versuchen die einzelnen Länder, die Angelegenh­eit nun mit massiven Reiseeinsc­hränkungen zu „umgehen“: Wer aus einem „Risikoland“einreist oder zurückkehr­t, muss erstmal in Quarantäne. In anderen Worten: Reisen bleibt zwar erlaubt, es wird der Bevölkerun­g aber gleichzeit­ig unmöglich gemacht. Problem gelöst, so einfach ist das, und Schengen war sowieso gestern.

Für Winterspor­tfans aus Luxemburg dürfte sich die Frage, ob ein Urlaub in dieser Saison denn nun wirklich sein muss, damit ohnehin weitgehend erübrigen. Österreich wird seine Bestimmung­en wohl demnächst anpassen; in der Schweiz gilt das Großherzog­tum weiterhin als Risikogebi­et, wer einreist, muss in Quarantäne, negatives Testergebn­is hin oder her. Wer nach Hause zurückkehr­t allerdings nicht – und genau hier macht Luxemburg seit Anfang an das einzig Richtige. Statt wahllos jeden Rückkehrer in Quarantäne zu versetzen, lädt man die Bürger hierzuland­e konsequent zum Test: Via Voucher am Flughafen oder via freiwillig­en Antrag zum Large Scale Testing nach einem Auslandauf­enthalt. Kostenlos, unkomplizi­ert und effizient. Zumindest in dieser Frage können die großen Nachbarn noch etwas von dem kleinen Großherzog­tum lernen.

Mit dem Ski-Zoff manövriert sich Europa abermals in eine unrühmlich­e Situation.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg