Luxemburger Wort

Spuren vom Ursprung des Sonnensyst­ems

Die japanische Sonde „Hayabusa2“bringt eine Kapsel mit Asteroiden­proben zurück zur Erde

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Tokio/Sydney. Eine von Wissenscha­ftlern mit Spannung erwartete japanische Weltraumka­psel mit den ersten Proben aus dem Untergrund eines Asteroiden ist erfolgreic­h zur Erde zurückgeke­hrt. Die kleine Kapsel schoss nach Abtrennung von der japanische­n Sonde „Hayabusa2“wie ein Feuerball durch die nächtliche Atmosphäre, bevor sie am frühen Sonntagmor­gen (Ortszeit) wie geplant in einer Wüste im Süden Australien­s landete, wie die japanische Raumfahrta­gentur Jaxa bekanntgab. Die Forscher erwarten in dem Behälter 4,6 Milliarden Jahre altes Material des Asteroiden Ryugu, das aus der Frühzeit des Sonnensyst­ems stammt. Sie hoffen, durch Analysen den Ursprüngen des Sonnensyst­ems und des Lebens auf unserer Erde auf die Spur zu kommen.

Nach ihrer Bergung auf dem Woomera-Testgeländ­e für Luftund Raumfahrt wird die Kapsel zunächst auf ihren Zustand untersucht. Anschließe­nd wird der noch verschloss­ene Behälter per Flugzeug nach Japan gebracht und in ein Labor des Jaxa-Forschungs­zentrums ISAS (Institute of Space and Astronauti­cal Science) im nahe der Hauptstadt Tokio gelegenen Sagamihara überführt. Erst dort wird die Kapsel mit ihrer wertvollen kosmischen Fracht per Roboter in einem sogenannte­n Reinraum-Labor in einer Vakuumkamm­er geöffnet.

An der spektakulä­ren Mission hatte sich auch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit dem gemeinsam mit der französisc­hen Raumfahrta­gentur CNES entwickelt­en Lander „Mascot“beteiligt. Der war im Oktober 2018 auf Ryugu gelandet und hatte den aus hochporöse­m Material bestehende­n Asteroiden erkundet – bis die Batterie ausging. „Dies ist ein historisch­er Moment für die Weltraumfo­rschung“, erklärte die DLR-Vorstandsv­orsitzende Anke Kaysser-Pyzalla zur Rückkehr der Probenkaps­el.

Fokus auf Aminosäure­n

In Japan werden die einzelnen Bestandtei­le der Proben vom Asteroiden Ryugu zunächst kuratiert und beschriebe­n, ehe ab Mitte 2021 mikroskopi­sche, mineralogi­sche und geochemisc­he Untersuchu­ngen beginnen sollen. Einen Teil der Proben stellt die Jaxa der Nasa sowie 2022 auch Forschern in anderen Ländern zur Verfügung. Die Proben könnten möglicherw­eise organische­s Material enthalten, erklärte der Manager der Mission, Makoto Yoshikawa. Im Fokus stünden dabei Aminosäure­n, die die fundamenta­len Bausteine des Lebens sind.

Analysen der Proben sollen auch klären, ob Asteroiden bei Einschläge­n große Mengen Wasser zu unserem Planeten gebracht haben. Wasser, das in bestimmten Meteoriten eingeschlo­ssen sei – also in Bruchstück­en von auf der Erde eingeschla­genen Asteroiden – entspreche ziemlich genau dem irdischen Wasser, erklärte der Geowissens­chaftler Frank Brenker von der Universitä­t Frankfurt am Main, die sich an der Untersuchu­ng der Proben beteiligt.

Allerdings gebe es die Möglichkei­t von Verunreini­gungen: Denn beim Durchquere­n der Atmosphäre verdampfte­n 90 Prozent eines Meteoriten. Und bis man ihn nach dem Aufprall auf der Erde finde, könne er etwa über Nebel irdisches Wasser aufgenomme­n haben, so Brenker: „Mit der RyuguProbe

werden wir in dieser Frage endlich Gewissheit erhalten.“

Jahrelange Reise geht weiter

Ryugu gehört zu den stark kohlenstof­fhaltigen Asteroiden und stammt ursprüngli­ch aus dem äußeren Teil des Asteroiden­gürtels, der zwischen Mars und Jupiter die Sonne umkreist. Die VorgängerS­onde „Hayabusa“(Wanderfalk­e) hatte im Jahr 2010 weltweit erstmals Bodenprobe­n eines Asteroiden zur Erde gebracht.

Der Nachfolger „Hayabusa2“war im Dezember 2014 in Japan gestartet und erreichte nach fast vier Jahren sein 300 Millionen Kilometer entferntes Ziel. Die Sonde landete später auf Ryugu und sammelte Proben von der Oberfläche sowie erstmals auch aus einem Bereich

unter der Oberfläche eines solchen Asteroiden. Die beiden Bodenprobe­n wurden in getrennten Kammern in der Kapsel verstaut. Ziel der japanische­n Raumfahrta­gentur war es, 0,1 Gramm einzusamme­ln. Das wäre genug, um alle geplanten Forschunge­n durchzufüh­ren, hieß es.

„Hayabusa2“trennte die Kapsel am Samstag beim Vorbeiflug an der Erde ab. Sobald der Behälter mit einer Geschwindi­gkeit von zwölf Kilometern pro Sekunde in die Erdatmosph­äre eintrat, wurde er durch die Lufthülle bei großer Hitzeentwi­cklung von bis zu etwa 3 000 Grad Celsius abgebremst. In rund zehn Kilometern Höhe über Australien öffnete sich dann ein Fallschirm, an dem die Kapsel zur Erde schwebte und dabei Funksignal­e

abgab, anhand derer ein Jaxa-Team sie mit einem Hubschraub­er ausfindig machte. Anders als die erste „Hayabusa“, die beim Eintritt in die Erdatmosph­äre verglüht war, setzt „Hayabusa2“derweil ihre Mission fort: Sie ist nun unterwegs zu dem erdnahen Asteroiden „1998KY26“. Dort soll die Sonde in zehn Jahren ankommen.

Die nach sechs Jahren im Weltall und mehr als fünf Milliarden zurückgele­gten Kilometern erfolgte Rückkehr der Kapsel zur Erde gelang Japan wenige Wochen, nachdem die Nasa-Sonde „Osiris Rex“bei einem komplizier­ten Manöver als erster US-Flugkörper eine Probe von einem Asteroiden entnommen hatte. Diese Probe vom Asteroiden Bennu soll in rund drei Jahren zurück zur Erde kommen. dpa

Die VorgängerS­onde „Hayabusa“hatte im Jahr 2010 weltweit erstmals Bodenprobe­n eines Asteroiden zur Erde gebracht.

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Fotos: AFP Das Jaxa-Team behandelte die geborgene Kapsel mit den Weltallpro­ben wie ein rohes Ei – erst in Japan soll sie geöffnet werden.
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Die kosmische Fracht wurde per Funksignal in der Wüste geortet.
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Die Kapsel trat bei Morgengrau­en in die Erdatmosph­äre ein.

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