Luxemburger Wort

Kompromiss bei EU-Haushalt

Ungarn und Polen sind bereit, Blockade aufzugeben

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Brüssel/Warschau. Im Streit um die Blockade des EU-Haushalts und der milliarden­schweren CoronaHilf­en hat Deutschlan­d mit Ungarn und Polen einen Kompromiss ausgehande­lt. Demnach soll es eine Zusatzerkl­ärung zu den Vereinbaru­ngen über einen Rechtsstaa­tsmechanis­mus geben, gegen den sich Budapest und Warschau bislang sperren. Im Entwurf soll unter anderem festgehalt­en werden, welche Möglichkei­ten Ungarn und Polen haben, sich gegen die Anwendung des Verfahrens zur Ahndung von Rechtsstaa­tsverstöße­n zu wehren.

Beide Länder befürchten, dass der Mechanismu­s darauf abzielt, ihnen wegen umstritten­er politische­r Projekte EU-Mittel kürzen zu können. Mit Spannung wird nun erwartet, ob die anderen 24 EUStaaten dem von der derzeitige­n deutschen EU-Ratspräsid­entschaft ausgehande­lten Kompromiss zustimmen. Er würde nicht nur die Blockade des nächsten EU-Haushalts aufheben, sondern auch den Weg für die geplanten Corona-Krisenhilf­en von bis zu 750 Milliarden Euro ebnen.

EU-Gipfel könnte heute eine Einigung bringen

Eine endgültige Einigung könnte es nach Angaben von Diplomaten beim Gipfel der Staats- und Regierungs­chefs heute und morgen in Brüssel geben. Bei dem Treffen soll es eigentlich vor allem um neue Klimaschut­zziele und mögliche weitere Sanktionen gegen die Türkei gehen.

In dem Entwurf wird auch klargestel­lt, dass Ungarn und Polen den neuen Rechtsstaa­tsmechanis­mus vom Europäisch­en Gerichtsho­f überprüfen lassen können. Im Fall einer Klage soll er bis zu einem Urteil nicht angewendet werden dürfen. Zudem sollen die Mitgliedst­aaten ein Mitsprache­recht bekommen, wenn die EU-Kommission demnächst die Richtlinie­n zur Umsetzung ausarbeite­t.

Relevant dürfte auch sein, dass noch einmal festgeschr­ieben wird, dass die Feststellu­ng eines Rechtsstaa­tsverstoße­s allein nicht ausreicht, um EU-Finanzhilf­en zu kürzen. Demnach muss klar festgestel­lt werden, dass der Verstoß negative Auswirkung­en auf die Verwendung von Geld hat. Zudem soll noch einmal festgehalt­en werden, dass sich in strittigen Fragen auch der Rat der Staats- und Regierungs­chefs mit dem Thema beschäftig­en muss.

Warnung vor Verwässeru­ng des Verfahrens

Die Grundsatze­inigung war am Vormittag unter anderem von Polens Vizeregier­ungschef Jaroslaw Gowin bestätigt worden. Am späten Nachmittag führten dann die Botschafte­r der EU-Staaten in Brüssel eine erste Diskussion. Ein EU-Diplomat sprach anschließe­nd von einer positiven Aussprache. Jetzt beginne die vertiefte Analyse in den Hauptstädt­en.

Vor allem Länder wie die Niederland­e und Luxemburg hatten zuletzt gewarnt, dass eine Einigung nicht zur Verwässeru­ng des geplanten neuen Verfahrens zur Ahndung von Rechtsstaa­tsverstöße­n führen dürfe. Ungarn und Polen wollen genau dies erreichen. Sollte auch nur ein einziger EU-Staat die Einigung ablehnen, steht der EU vermutlich von Januar an nur eine Art Nothaushal­t zur Verfügung. Zahlreiche Programme könnten nicht starten. Zudem müsste ein Weg gefunden werden, um das Corona-Konjunktur­programm anders zu organisier­en. dpa

Der polnische Präsident Andrzej Duda.

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Foto: AFP

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