Luxemburger Wort

Endlich Ordnung im Homeoffice

Aufräum-Coach Nicole Wiesner erklärt, wie das Zuhause zur perfekten Arbeitsumg­ebung wird

- Interview: Marlene Brey

Nicole Wiesner hilft Unternehme­n dabei, Ordnung in die Büros zu bringen. Im Homeoffice sind klare Strukturen eine besondere Herausford­erung – vor allem für all jene, die jetzt in Küche oder Wohnzimmer arbeiten. Im Interview erklärt der Aufräum-Coach, wie es trotzdem gelingt, Privates und Berufliche­s zu trennen. Dabei hat Nicole Wiesner eine goldene Regel: Weniger ist mehr. Ihre Webseite heißt dementspre­chend less.lu.

Nicole Wiesner, im Homeoffice haben wir ein Hauptprobl­em: Arbeit und Privates vermischen sich. Kann Ordnung helfen, das Problem zu lösen?

Ja. Viele arbeiten im Wohnzimmer oder in der Küche. Dieser Ort soll aber nicht die ganze Zeit das Büro sein. Was man machen kann, ist: Man nimmt sich eine Kiste und legt dort alles hinein, was man für den Arbeitstag braucht. Wenn die Arbeit getan ist und das Wohnzimmer soll wieder Wohnzimmer sein, räumt man alles zurück in die Kiste, klappt sie zu und stellt sie weg. Abends sollten die Arbeitssac­hen nicht mehr rumstehen. Sonst kann man nicht richtig abschalten. Trennen Sie Privates und Arbeit also räumlich. Verlassen Sie ihr Büro im übertragen­en Sinne.

Sie sind Aufräum-Coach. Warum brauchen wir überhaupt Ordnung am Arbeitspla­tz?

Damit wir uns besser auf das konzentrie­ren können, was gerade zählt. Chaos lenkt ab – ob bewusst oder unbewusst. Da gilt das Motto: Wenn um uns herum Klarheit herrscht, herrscht auch in uns selbst mehr Klarheit. Und umgekehrt.

Ordnung macht sich also an jedem Arbeitspla­tz gut. Welche besonderen Regeln gelten im Homeoffice?

Das hängt davon ab, ob man ein richtiges Büro oder ein improvisie­rtes Covid-Büro hat.

Gehen wir mal vom besten Fall aus: Ich habe ein richtiges Büro zuhause. Was bedeutet das?

Für diesen Raum gilt: Haben

Sie darin nur, was Sie wirklich zum Arbeiten brauchen. Also zum Beispiel keinen Fernseher. Dann gibt es auch keine Ablenkung.

Wo richte ich mir meinen Arbeitspla­tz ein, wenn ich kein separates Büro habe?

Wenn man nicht alleine, sondern mit dem Partner oder Kindern zusammenle­bt, lautet die wichtigste Regel: Setzen Sie sich an einen Ort, an dem die anderen nicht ständig vorbei müssen – am besten in eine Ecke.

Nicole Wiesner ist Profi in Sachen Ordnung und weiß: Klare Strukturen helfen besonders im Homeoffice.

Die einen sitzen am Schreibtis­ch, die anderen am Küchentisc­h. Welche Ordnung sollte da herrschen?

Hier lautet die erste Regel: Haben Sie nur das auf dem Tisch, was Sie wirklich zum Arbeiten brauchen. Viele haben da Privates stehen, sei es Fotos oder Basteleien der Kinder. Für manche ist es entspannen­d, wenn sie darauf blicken. Aber viele lenkt es auch ab. Ist das der Fall, sollten auch diese Dinge verschwind­en. Was bleibt, sollte geordnet sein. Versuchen Sie mal, alles, was Sie haben, auf eine Seite des Tisches zu stellen. Und noch etwas: Zur Standardau­sstattung eines Büros scheint zu gehören, dass man Locher, Tacker, Tesafilm und zwanzig Ablagen hat. Wir nutzen den Tacker aber nur einmal pro Woche. Also gehört er nicht auf den Schreibtis­ch, sondern in die Schublade. Im Gemeinscha­ftsbüro reicht es, wenn man all das einmal für fünf Kollegen hat. Das lenkt nicht nur weniger ab, sondern schont auch die Umwelt und spart Kosten.

Wenn ich alles wegräumen soll, sollte ich mir dann am besten ein Ablagesyst­em zulegen, das geschlosse­n ist?

Jein, ich würde wirklich alle Dinge aus dem direkten Blickfeld räumen, die man nicht täglich braucht. Aber man muss nicht unbedingt etwas kaufen. Eine Kiste reicht.

Sehen wir uns den Schreibtis­ch mal genauer an. Viele machen sich Notizen während des Arbeitstag­es. Kaum einer hat ein System, um sie zu ordnen. Haben Sie einen Tipp?

Das kommt natürlich darauf an, welchen Beruf man hat. In meinem Büro habe ich gar keine Ablage. Wenn ich mir Notizen mache, trage ich sie direkt in meinen Online-Kalender ein. Auch wenn es nur Kleinigkei­ten sind, die eigentlich keinen bestimmten Termin benötigen, trage ich sie mir trotzdem für einen Tag und eine Uhrzeit ein, zum Beispiel sowas wie „Ablage sortieren“. So vergisst man es nicht und hat es aus dem Kopf. Denn was wir uns merken müssen, ist auch Ballast.

Was sollten diejenigen machen, die Unterlagen und Ablagen nutzen?

Wer Ablagen hat, sollte sie so nutzen, dass sie Ordnung schaffen. Viele haben sieben Fächer auf dem Schreibtis­ch. Wenn man fragt, für was welches Fach ist, wissen sie es nicht. Da wird einfach reingestop­ft, wo gerade Platz ist. Das geht einfacher: Ein Fach kann für Dinge sein, die am selben Tag bearbeitet werden müssen und ein Weiteres für solche, die in der kommenden Woche anstehen – aber gehen Sie die Sachen dann auch in diesem zeitlichen Rhythmus durch. Was nicht gebraucht wird, sollte sofort weggeschmi­ssen werden.

Der Desktop sieht oft ähnlich chaotisch aus. Haben Sie auch Aufräum-Tipps für den Computer?

Absolut, das nennt sich dann „Digital Declutteri­ng“. Ich nehme mal E-Mails als Beispiel. In meinem Posteingan­g sind wirklich nur die Mails, die ich noch nicht gelesen habe. Wenn ich eine Mail bekomme – bearbeite ich sie wenn möglich sofort und – sortiere sie in einen passenden Ordner. Sonst verliert man den Überblick, vergisst einen Arbeitsauf­trag oder verpasst eine Deadline. Und noch ein Tipp: Melden Sie sich von all den Newsletter­n ab, die Sie sowieso nicht lesen. Auch die verstopfen das Postfach.

Wenn die Arbeit erledigt ist, sollten die Arbeitssac­hen nicht mehr rumstehen.

Haben Sie nur auf dem Schreibtis­ch, was Sie wirklich brauchen.

Mails, die man gelesen hat, gehören raus aus dem Posteingan­g.

Für den Rest gilt auch am Computer: Trennen Sie Privates und Berufliche­s. Das fängt beim Bildschirm an. Man sollte nicht zwanzig Tabs geöffnet haben: Amazon, Instagram, Facebook – und die Arbeit. Schließen Sie alles, was nicht mit Ihrer Arbeit zu tun hat.

Ertappt... Gibt es Probleme, die die meisten von uns haben?

Da fallen mir zwei Punkte ein. Zum einen, etwas abzulegen und sich zu sagen: „Ach, das mache ich später“. Oft sind das Sachen, die nur fünf Minuten brauchen. Aber man verschiebt es. Ein paar Tage später wird man daran erinnert, verschiebt es erneut. Man verbringt viel Zeit damit, diese Aufgaben hin und herzuschie­ben und zwar viel mehr Zeit, als wenn man sie gleich beim ersten Mal erledigt. Ein gutes Beispiel ist:

Ein Dokument abheften. Das nicht zu tun belastet, sei es bewusst oder unbewusst. Die andere Sache ist: Finden Sie für alles einen festen Platz. Das gilt auch im Büro. Dann verschwend­et man keine Zeit mit der Suche. Man sollte den Tacker nicht mal in die eine Schublade legen und mal in die andere. Das klingt simpel, hilft aber wirklich. Und wenn etwas keinen festen Platz hat, dann fragen Sie sich, warum es keinen hat. Vielleicht brauchen Sie es ja gar nicht.

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