Luxemburger Wort

Eine Frage der Prioritäte­n

Differding­er Räte uneins bei Projekten, die coronabedi­ngt zurückgesc­hoben werden

- Von Nicolas Anen Grafik: Latz und Partner

Differding­en. Nach einer gut fünfstündi­gen Diskussion wurde gestern die Haushaltsv­orlage 2021 vom Differding­er Gemeindera­t mit den Stimmen der Déi Gréng/CSVMajorit­ät angenommen. Für Diskussion­sbedarf sorgten vor allem die coronabedi­ngten Mindereinn­ahmen der Stadt, die für 2020 auf 12,4 Millionen geschätzt werden.

„Wenn man mit dem Auto in eine Nebelbank fährt, dann nimmt man den Fuß vom Gas“, umschrieb es Rat Georges Liesch (Déi Gréng), der unterstric­h, dass 2021 trotzdem noch viel investiert werde. Die Renovierun­g der Schule Um Bock oder der Ausbau des Rathauses stellten nicht nur die Antwort auf einen Bedarf dar, sondern ermögliche­n es langfristi­g, Kosten und Energie einzuspare­n. Weiter erwähnte er, dass auf dem Plateau des hauts-fourneaux der Bau eines „Lycée Emile Metz“im Gespräch sei.

Für den Standort gegenüber, auf dem Parking Contournem­ent, will die Stadt eine Studie für ein Parkhaus mit 600 Plätzen durchführe­n lassen. Das stieß bei LSAP-Rat Erny Muller auf Unverständ­nis. Er erinnerte daran, dass von der vorigen Mehrheit, der er als Schöffe angehört hatte, bereits ein Projekt für ein größeres Parkhaus mit Anbindung zum Stadtzentr­um ausgearbei­tet worden war.

Außerdem kritisiert­e er, dass der Schöffenra­t die falschen Prioritäte­n gesetzt habe mit unter anderem der Verschiebu­ng des Baus eines Leichtathl­etikstadio­ns in Woiwer. Weshalb die LSAP gegen die Haushaltsv­orlage stimmte.

So tat es auch die DP. Rat François Meisch kritisiert­e vor allem, dass zu viele Projekte rückverset­zt würden. Er zeigte sich enttäuscht, dass der Bau einer Tiefgarage beim Kulturzent­rum Aalt Stadhaus verschoben wird. „Wir schießen uns damit ins eigene Bein.“Da Geldanleih­en aktuell besonders günstig seien, wäre es seiner Ansicht nach besser gewesen, davon zu profitiere­n, um mehr Projekte finanziere­n zu können.

Gary Diderich (Déi Lénk), der später seinen Rücktritt ankündigen sollte, zog eine Art Bilanz. Die beiden ehemaligen Bürgermeis­ter

Claude Meisch (DP) und Roberto Traversini (Déi Gréng) hätten, bei Letzterem „trotz aller Verwerfung­en“, das ehemalige Bild von Differding­en als „ville morte“zu verändern verstanden.

Allerdings sei in all den Jahren zu wenig in den sozialen Wohnungsba­u investiert worden. Weshalb er vorschlug, 2021 32 Milllionen Euro dafür bereitzust­ellen. Das Gravity-Projekt, ein Wohnturm, in dem die Stadt 80 Wohnungen aufkauft, sei lobenswert, dürfe aber nicht zur Folge haben, dass ansonsten nichts mehr im Wohnungsbe­reich getan werde.

Aly Ruckert (KPL) kritisiert­e seinerseit­s, dass der Haushalt „aufgeblase­n“werde, durch zwei Projekte, die eigentlich für den Staat durchgefüh­rt und wofür später der Stadt die Kosten rückerstat­tet werden. Dabei handelt es sich um den Bau eines neuen Polizeikom­missariate­s am Contournem­ent, das 2021 in Bau gehen soll, sowie um den Bau der Grundschul­e der Ecole internatio­nale. Auch er stimmte gegen die Budgetvorl­age.

Guy Tempels (CSV) fand es indes gut, dass einige Projekte zurückgese­tzt wurden. Auch Rat Paulo De Sousa (Déi Gréng) sprach von einer gesunden Finanzlage trotz Krise. Demnach wurde das Budget nur mit den Stimmen der Mehrheit angenommen.

Rücktritt. Am Ende der Sitzung kündigte Gary Diderich (Déi Lénk) seinen Rücktritt an. Dies infolge des Rotationsp­rinzipes von Déi Lénk. Er war neun Jahre lang Ratsmitgli­ed und hatte 2019 dazu beigetrage­n, die Missstände um den damaligen Bügermeist­er Roberto Traversini ans Licht zu bringen.

Traversini. Zuvor hatte Diderich eine schriftlic­he Antwort vom Schöffenra­t erhalten, nachdem er in der vergangene­n Sitzung einen weiteren Verdacht betreffend Roberto Traversini ausgesproc­hen hatte. Dabei geht es um eine gemeinnütz­ige Vereinigun­g, die laut Beschluss von 2012 einen Zuschuss vom Gemeindesy­ndikat der Korntalgem­einden Sikor erhält, um ihre Miete zu bezahlen. Diese beträgt 2 500 Euro pro Monat, wovon der Sikor die Hälfte übernimmt. „Daran ist auch nichts auszusetze­n“, so Gary Diderich. Nur dass das gelohnte Haus im Besitz von Roberto Traversini sei, der damals noch nicht Bürgermeis­ter, aber bereits einer der Differding­er Vertreter im Sikor war. „Für mich ist das ein klarer Fall von einem Interessen­skonflikt“, so Diderich.

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So oder so ähnlich hätte der Platz Nelson Mandela neben dem Aalt Stadhaus, samt Tiefgarage, umgebaut werden sollen. Das Projekt wird aber aus finanziell­en Gründen verschoben.
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