Luxemburger Wort

Auf Konfrontat­ionskurs

CGFP beantragt Schlichtun­gsverfahre­n wegen Privatisie­rungstende­nzen

- Von Marc Hoscheid

Auch wenn die Staatsbeam­tengewerks­chaft CGFP ihre traditione­lle Conférence des comités aus sanitären Gründen in Corona-Zeiten nicht wie sonst in einem prall gefüllten Saal abhalten konnte, präsentier­te sich die CGFP-Spitze gestern Abend dennoch gewohnt kämpferisc­h. Sowohl die Arbeitgebe­r als auch die Regierung mussten einiges an Kritik einstecken.

Hauptvorwu­rf an die Adresse der Regierung ist, dass diese eine schleichen­de Privatisie­rung des öffentlich­en Dienstes vornehme, weswegen man ein Schlichtun­gsverfahre­n beantrage. „Die Regierung hat es jetzt in der Hand, ob wir hier den sozialen Frieden behalten“, meinte CGFP-Generalsek­retär Steve Heiliger. Eigentlich wolle man solche Maßnahmen nicht ergreifen, aber die mangelnde Gesprächsb­ereitschaf­t der Regierung, die Anfrage für eine Dringlichk­eitsunterr­edung mit Premier Xavier Bettel (DP) war verpufft, lasse der Gewerkscha­ft keine andere Wahl.

Lob für Gewerkscha­ftsfront

Spitzenpos­ten im öffentlich­en Dienst dürften nicht mit Personen aus der Privatwirt­schaft besetzt werden, die zuvor noch nie Kontakt mit der Behörde hatten. Gerade dies werde jedoch vor allem in den Bereichen Bildung und Sicherheit angestrebt. Ein entspreche­ndes Gesetzespr­ojekt von Bildungsmi­nister Claude Meisch (DP) habe zudem vorgesehen, dass auch die allgemeing­ültigen Zugangskri­terien für den öffentlich­en Dienst nicht mehr hätten erfüllt werden müssen. Es sei auch dem vereinten Auftreten der verschiede­nen Gewerkscha­ften aus dem Bildungsbe­reich zu verdanken, dass Meisch sein Projekt zumindest vorläufig zurückgezo­gen hat.

Ein anderes wichtiges Thema stellt für die CGFP das Gehälterab­kommen

im öffentlich­en Dienst dar, die aktuelle Regelung läuft nämlich Ende des Jahres aus. Es ehre Ressortmin­ister Marc Hansen (DP) zwar, dass er alle Unterorgan­isationen der CGFP zu Gesprächen empfangen hat, dabei habe es sich allerdings mehr um ein Kennenlern­en als um Verhandlun­gen gehandelt.

Mit Blick auf den ersten Lockdown meinte Heiliger, dass „in Rekordzeit“die technische­n Voraussetz­ungen dafür geschaffen wurden, dass jeder Beamte von zuhause aus arbeiten konnte. Es habe aber auch vermeidbar­e Probleme gegeben. So beispielsw­eise bei den Einstellun­gsexamen für verschiede­ne Verwaltung­en, die erst nach dem Eingreifen der Gewerkscha­ft verschoben worden seien. Auch habe eine Verwaltung sämtliche Beamte zurück ins Büro beordert, während die Regierung noch immer das „Bleiwt doheem“als oberste Prämisse ausgegeben habe.

Auch den Weg aus dem Lockdown heraus hätte man sich bei der CGFP anders vorgestell­t. Man wäre aber in erster Linie überhaupt einmal in die Ausarbeitu­ng der Exit-Strategie einbezogen worden. Auch ohne eine Aufforderu­ng durch die Regierung sei ein Maßnahmenk­atalog erstellt worden. In diesem wurde unter anderem vorgeschla­gen, die Urlaubstag­e der Jahre 2020 und 2021 zusammenzu­legen. Auch eine Prämie oder zusätzlich­er Urlaub wurden gefordert.

Mit diesen Forderunge­n sei man bei Hansen jedoch sofort abgeblitzt, dies bei zwei Gesprächsr­unden. Für Heiliger handelte es sich dabei aber auch hier nicht um Verhandlun­gen im eigentlich­en Sinne. „In Verhandlun­gen geht man mit einer Forderung hinein, zu der die Gegenseite eine andere Meinung haben kann und dann versucht man, sich irgendwo in der Mitte zu treffen.“

Abfuhr für Handwerker­föderation „Es wird langsam schon zur Tradition, dass ich mich auf unserer Conférence des comités mit einem Arbeitgebe­rvertreter auseinande­rsetzen muss, sie schaffen es aber auch immer wieder, uns eine Vorlage zu liefern“, meinte Heiliger mit Blick auf die Handwerker­föderation. Deren Forderung, dass Staatsbeam­te ebenso wie Privatange­stellte in Teilarbeit­slosigkeit nur 80 Prozent ihres Lohns erhalten sollten, wies er erneut kategorisc­h zurück. „Wir wissen, dass die Staatsbeam­ten, die zuhause waren und im Homeoffice waren, eine exzellente Leistung gebracht haben, sonst wären wir heute nicht da, wo wir sind.“

CGFP-Präsident Romain Wolff beklagte in seiner deutlich kürzeren Ansprache eine ganze Reihe von Inkohärenz­en. So mache es beispielsw­eise keinen Sinn, dass einerseits Restaurant­s schließen müssten, die Menschen jedoch gleichzeit­ig zum Einkaufen während des Black Friday animiert würden. „Dass Maßnahmen gegen Corona getroffen werden müssen, ist klar, aber sie müssen für jeden Menschen nachvollzi­ehbar und verhältnis­mäßig sein, denn nur dann stoßen sie auf Akzeptanz!“Unverständ­lich findet Wolff ebenfalls, dass die Regierung Steuererhö­hungen einerseits als das Falscheste, was man tun könne, bezeichne, anderersei­ts aber zum 1. Januar eine vom Index entkoppelt­e Steuer einführe.

Die Regierung hat es jetzt in der Hand, ob wir hier den sozialen Frieden behalten. Steve Heiliger, CGFP-Generalsek­retär

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Foto: Anouk Antony Romain Wolff (links) und Steve Heiliger hielten ihre Reden vor etwa 50 Vertretern diverser CGFP-Unterorgan­isationen. Diese votierten zudem einstimmig für zwei Resolution­en.

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