Luxemburger Wort

Ziel verfehlt

Die EU ist sich weiter uneins bei zentralen Punkten der angestrebt­en Asylreform

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Brüssel/Berlin. Auch unter deutschem Vorsitz haben die EU-Staaten Schlüssele­lemente der Asylreform nicht entscheide­nd voranbring­en können. Der deutsche Innenminis­ter Horst Seehofer verfehlt somit sein Ziel, einen Durchbruch bei dem seit Jahren blockierte­n Vorhaben zu erzielen. Die strittige Frage der Verteilung schutzsuch­ender Migranten in Europa etwa bleibt ungelöst. Es gebe unterschie­dliche Auffassung­en, wie „im Konkreten Solidaritä­t zwischen den europäisch­en Mitgliedst­aaten vonstatten­gehen soll“, wenn ein Land überlastet sei, sagte der Parlamenta­rische Staatssekr­etär des deutschen Innenminis­teriums, Stephan Mayer, gestern am Rande einer Videokonfe­renz der EU-Innenminis­ter.

Mayer vertrat Seehofer bei den EU-Beratungen, weil der Minister wegen eines möglichen CoronaKont­akts vorsorglic­h in Quarantäne ist. Der Staatssekr­etär bemühte sich um ein positives Fazit der deutschen EU-Ratspräsid­entschaft. Man sei mit Blick auf das Thema Migration deutlich weiter als vor sechs Monaten. Man habe den „Zug auf ein Gleis gestellt“und der „Zug fährt auf jeden Fall in die richtige Richtung“. Die Gesprächsa­tmosphäre sei deutlich besser als noch vor einigen Jahren. Konkrete Fortschrit­te in entscheide­nden Punkten gab es allerdings kaum.

Fortschrit­tsbericht

Die Ergebnisse der Verhandlun­gen hat die deutsche Ratspräsid­entschaft nun in einem Fortschrit­tsbericht festgehalt­en, der bei den Beratungen gestern vorgelegt wurde. Aus dem Papier geht deutlich hervor, dass in den zentralen Punkten keine Lösung in Sicht ist. „Einige Mitgliedst­aaten sehen derzeit die Notwendigk­eit für einen flexiblen Mechanismu­s, während andere insbesonde­re die verpflicht­ende Umverteilu­ng als

Die Verteilung von Migranten und Flüchtling­en innerhalb der EU bleibt einer der Hauptstrei­tpunkte.

Schlüssele­lement einer bedeutsame­n Solidaritä­t bewerten.“

Bei dieser Frage kommen die EU-Staaten seit Jahren nicht auf einen Nenner. Im Kern geht es darum, ob und wie Migranten verteilt werden sollen. Im aktuellen System sehen sich vor allem die südlichen Länder belastet, in denen viele Schutzsuch­ende ankommen. Andere Staaten wie Ungarn und Polen lehnen es jedoch ab, sich zur Aufnahme von Migranten verpflicht­en zu lassen. Um die Blockade zu lösen, hatte die EU-Kommission im September neue Reformvors­chläge vorgelegt. Diese brachten aber offenbar nicht den Durchbruch.

Der deutsche Fortschrit­tsbericht zeige, dass es möglich sei, „bei vielen Dingen auch einen gemeinsame­n Kern und auch gemeinsame Interessen zu definieren“, sagte Mayer. Allein, dass die EU-Kommission beabsichti­ge, einen Rückkehr-Koordinato­r einzusetze­n, halte er für einen erhebliche­n Fortschrit­t. Zudem gebe es einen „Gleichklan­g der Interessen“, etwa wenn es um die Rückführun­g abgelehnte­r Asylbewerb­er sowie Angebote für die freiwillig­e Rückkehr gebe, sagte Mayer. Diesen Gleichklan­g gebe es auch bei einer besseren Kooperatio­n mit NichtEU-Staaten sowie der Verstärkun­g des Außengrenz­schutzes. Zudem habe kein einziges Land die Vorschläge der EU-Kommission rundheraus abgelehnt.

Mayer verwies zudem darauf, dass die Beratungen der Innenminis­ter in den vergangene­n Monaten coronabedi­ngt ausschließ­lich per Video stattfande­n. Dies sei keine Erleichter­ung gewesen. Auch EU-Innenkommi­ssarin Ylva Johansson lobte den „konstrukti­ven Ansatz“aller EU-Staaten. Sie erwarte, dass unter der im Januar folgenden Ratspräsid­entschaft Portugals „deutliche Ergebnisse“erzielt würden. dpa

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