Luxemburger Wort

Cyberattac­ke auf US-Ministerie­n

Russische Hacker verschaffe­n sich beim mutmaßlich größten Cyberangri­ff seit fünf Jahren Zugang zu Regierungs­rechnern

- Von Thomas Spang (Washington)

Der Wochenstar­t fiel für viele ITSicherhe­itsteams nicht so aus, wie sie sich das wenige Tage vor Weihnachte­n erhofft hätten. Davon ist Dmitri Alperovitc­h überzeugt, der zu den Experten gehört, die 2016 den Einbruch russischer Hacker in die Datenzentr­ale der Demokraten aufgespürt hatten. „Es sieht so aus, dass es diesmal viele Geschädigt­e in der Regierung und im Privatsekt­or gibt“, analysiert der Chef der Denkfabrik „Silverado Policy Accelerato­r“die ersten Informatio­nen über den jüngsten Angriff aus der Cybersphär­e.

Als Erste hatte die Nachrichte­nagentur Reuters am Sonntag darüber berichtet, dass Hacker in das Herz der Rechenzent­ralen des amerikanis­chen Finanz- und Handelsmin­isterium eingedrung­en seien. Die Angelegenh­eit sei so besorgnise­rregend, dass der Nationale Sicherheit­srat (NSC) des Weißen Hauses zu einer Notsitzung zusammenge­kommen sei.

FBI übernimmt Ermittlung­en

„Wir ergreifen alle notwendige­n Schritte, mögliche Probleme, die aus der Situation hervorgehe­n, zu identifizi­eren und zu beheben”, bestätigte NSC-Sprecher John Ullyot den Einbruch. Noch ist unklar, an welche Informatio­nen die Hacker im Einzelnen gelangt sind. Das auf Datensiche­rheit spezialisi­erte Unternehme­n „FireEye“, das mit Microsoft den Angriff analysiert, geht davon aus, dass rund um die Welt Regierungs­stellen, Firmen, Organisati­onen und Universitä­ten betroffen sind.

In den USA hat das für die Spionageab­wehr zustände FBI die Ermittlung­en übernommen. Die hinterlass­enen „Fingerabdr­ücke“deuten einmal mehr auf russische Hacker hin, die sich bereits vor vier Jahren unter den Spitznamen „APT29“oder „Cozy Bear“einen Namen gemacht haben. Diesmal handelt es sich nach ersten Erkenntnis­sen wohl nicht um eine Einfluss-Kampagne des Geheimdien­stes GRU, sondern klassische Spionage des russischen Auslandsge­heimdienst­es SVR. Die Hacker nutzten eine Sicherheit­slücke der System-Überwachun­gssoftware

SolarWinds, um in die Rechenzent­ralen einzudring­en. Das Unternehme­n bestätigte, seine im März und Juni ausgeliefe­rten Versionen der Software seien durch „hoch raffiniert­e, gezielte Angriffe eines Nationalst­aats“in Cyberwaffe­n verwandelt worden.

SolarWinds ist auf 300 000 ITSystemen weltweit installier­t. In der US-Regierung wird es von allen fünf Teilen der Streitkräf­te eingesetzt, dem Pentagon, dem

Außenminis­terium, dem Justizmini­sterium, der NASA, der Verwaltung des Weißen Hauses und von dem für die Cyberabweh­r zuständige­n Geheimdien­st NSA. Darüber hinaus verwenden unzähligen nicht-staatliche­n Nutzer die SolarWind Software.

„Eine Riesensach­e“

„Das ist eine Riesensach­e”, wertet John Scott-Railton von der University of Toronto das Ausmaß des

Angriffs, der bereits im Frühjahr begonnen hat. Die Sicherheit­steams der IT-Abteilunge­n machen nun Überstunde­n, die Daten-Logbücher auf Einbruchss­puren hin zu überprüfen. „Wenn eine aggressive Gruppe wie diese das 'SesamÖffne-Dich' gefunden hat, wird sie reichlich davon Gebrauch machen.”

Der ehemalige Cyber-Koordinato­r des US-Außenminis­teriums, Chris Painter, meint, selbst wenn es sich um klassische Spionage handelte, könnten die USA nicht tatenlos zuschauen und den Russen dazu gratuliere­n, einen „guten Job“gemacht zu haben. Wladimir Putin müsse klargemach­t werden, dass dies völlig unakzeptab­el sei. US-Präsident Donald Trump schweigt bisher zu dem brisanten Vorgang, dessen tatsächlic­hes Ausmaß wohl erst in den kommenden Tagen deutlich werden wird.

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Foto: AFP Hacker sollen in das Herz der Rechenzent­ralen des amerikanis­chen Finanz- und Handelsmin­isterium eingedrung­en sein.

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