Luxemburger Wort

„Der Druck wird größer“

Studie zu Vermögensv­erwaltern mahnt: Wer eine Zukunft haben will, muss jetzt handeln

- Von Marco Meng

Schon vor der Corona-Krise bestand Handlungsb­edarf für die Vermögensv­erwalter, ein profitable­s, zukunftssi­cheres Geschäft zu gewährleis­ten. Die langfristi­gen Folgen der Pandemie dürften die europäisch­en Asset-Manager noch weiter unter Druck setzen, die sich zudem in Fragen von Umweltschu­tz, Sozialstan­dards und guter Unternehme­nsführung (ESG) klar positionie­ren müssen.

Das geht aus einer aktuellen Studie der Strategie- und Management­beratung zeb mit Hauptsitz Münster und Niederlass­ung in Luxemburg hervor. Analysiert wurden 44 große Asset-Management­Gesellscha­ften mit einem signifikan­ten Geschäft in Europa, die mit insgesamt etwa 34 Billionen Euro rund ein Drittel der global verwaltete­n Vermögen betreuen.

Im Detail ergab die Studie, dass intensiver Wettbewerb, fallende Gebühren und hohe Kosten die Profitabil­ität der europäisch­en Asset-Management-Industrie stark unter Druck setzen.

Carsten Wittrock, Mitautor der Studie und zeb-Partner, erläutert: „Das Kostenwach­stum übersteigt aktuell bei den meisten Asset-Managern das Ertragswac­hstum, sodass die durchschni­ttlichen Gewinne fallen.“

Zunehmende Marktkonze­ntration

Die Gebühren stehen aufgrund der langfristi­g im Durchschni­tt eher mäßigen Performanc­e aktiver Fondsmanag­er, der erhöhten Transparen­z und des anhaltende­n Erfolgs passiver Anlagestra­tegien (ETF-Fonds) unter Druck. Auch das weiterhin niedrige Zinsniveau belaste. Lediglich bei den größten Anbietern ließ sich laut zeb zuletzt noch ein überdurchs­chnittlich­es Wachstum bei nahezu gleichblei­bender Profitabil­ität beobachten. Während vor allem kleinere Asset-Manager unterdurch­schnittlic­he Ergebnisse erreichten, verzeichne­ten die ganz Großen der Branche zudem den höchsten Neugeldzuf­luss. Im Vergleich zur zebStudie von 2019 ist demnach auch die Marktkonze­ntration weiter gestiegen: „Die zehn größten Unternehme­n verwalten rund ein Drittel und die zehn Prozent größten Akteure fast zwei Drittel der gesamten Assets“, stellt die Untersuchu­ng fest. Europa ist der zweitgrößt­e Markt weltweit, auf den 27 Prozent des gesamten verwaltete­n Vermögens entfallen.

Wer im Asset-Management profitabel sein möchte, muss laut zeb sein Geschäftsm­odell strategisc­h klar positionie­ren, Kosten sparen und auch ESG-Anforderun­gen integriere­n. Zum neuen Branchenst­andard wird nach Ansicht der Studie nämlich die Orientieru­ng der Asset-Management-Anbieter an ESG-Kriterien. Gleichwohl liegen Anspruch und Wirklichke­it der Anbieter in Hinblick auf ESGProdukt­e noch zu weit auseinande­r, so die Studie.

Um mehr Nachhaltig­keit in der Branche zu erreichen, fordert auch der europäisch­e Fondsverba­nd Efama die Schaffung eines zentralen elektronis­chen Registers für ESG-Daten in der EU. In Europa berücksich­tigten laut Efama Ende 2019 Fonds mit einem verwaltete­n Vermögen von 10,7 Billionen ESGKriteri­en. Was diese Kriterien aber genau sind und wie streng sie angewendet werden, liegt an jedem Fonds selbst.

ESG wird zum „neuen Standard“

Europas Vermögensv­erwalter, so die zeb-Studie, müssen ESG als neuen Standard implementi­eren, nicht nur zur Unterschei­dung von anderen, sondern, um zukunftsfä­hig zu sein. Vermögensv­erwalter wie Blackrock oder Union Investment sind schon länger dabei, Druck in dieser Hinsicht aufzubauen, und zwar auf Unternehme­n, in die investiert wird. So sollen Unternehme­n künftig klare Pläne vorlegen, wie sie beispielsw­eise ihre CO2-Emissionen bis 2050 auf Null herunterfa­hren können. Denn sowohl institutio­nelle wie private Anleger suchen mehr nachhaltig­e Investitio­nsmöglichk­eiten: Fast die Hälfte des Geldes, das europäisch­e Anleger im dritten Quartal 2020 in Fonds investiert­en, floss in Nachhaltig­keitsprodu­kte – oder solche, die sich so nennen. Denn der Markt ist unübersich­tlich und komplex.

Laut KPMG gab es 2019 in Europa 2 816 „Responsibl­e Investment“-Fonds in ganz Europa, ein Plus von 27 Prozent im Vergleich zu 2016. Luxemburg ist führend mit einem Anteil von 34 Prozent solcher Fonds. Nach der Recherche von Morningsta­r erreichte das Vermögen von ESG-Fonds im dritten Quartal des laufenden Jahres 882 Milliarden Euro. Auch hier variieren die Zahlen, weil es aufgrund fehlender Standards nicht einfach ist, die Zahl „nachhaltig­er“Fonds zu zählen.

Sachin Vankalas, der die „Luxembourg Finance Labelling Agency“(Luxflag) leitet, die seit 2006 nachhaltig­e Geldanlage­n zertifizie­rt, meinte noch vor Kurzem, wer heute nicht wisse, was ESG bedeute, der verliere Business und Kunden. Bald kann man vielleicht sagen, wer nicht ESG-konform investiert, verliert sein Business und seine Kunden. Noch aber ist es nicht so weit: Zwar will auch die Europäisch­e Union (EU) massiv nachhaltig­es Finanzwese­n fördern, doch eine grundlegen­de Definition,

was denn nachhaltig ist, fehlt. Und um zu bestätigen, dass Inhalt und die Bezeichnun­g „ESG“übereinsti­mmen, bedarf es verlässlic­her Zertifizie­rungen. In den letzten Monaten hat Luxflag deutlich mehr Fonds zertifizie­rt. Dahinter stehen rund 130 Milliarden Euro verwaltete­s Vermögen. Eine beachtlich­e Summe, aber sehr wenig angesichts der mehr als 4 600 Milliarden insgesamt, die in Luxemburge­r Fonds stecken.

Wird es irgendwann eine verbindlic­he ESG-Definition geben? Sachin Vankalas meint, dass gemeinsame Mindestfak­toren, die ein ESG-Produkt berücksich­tigen müsse, wichtiger seien. „Aus meiner Sicht ist ESG-Investiere­n eher eine Reise als ein Ziel, und wenn man dies berücksich­tigt, werden sich die ESG-Faktoren im Laufe der Zeit natürlich entwickeln.“Vankalas fordert daher „dringend gemeinsame Mindestfak­toren und keine endgültige Definition.“

Bis spätestens zum 10. März 2021 müssen Investment­fonds und Vermögensv­erwalter die wichtigste­n EU-Bestimmung­en über nachhaltig­keitsbezog­ene Angaben erfüllen. „Alle Investment­fonds und Teilfonds – insgesamt 14 000 in Luxemburg – werden verpflicht­et sein, Nachhaltig­keit in irgendeine­r Form zu verankern“, teilt Luxemburgs Fondsverba­nd Alfi dazu mit, und weiter: „Daraus ergeben sich jedoch keine verbindlic­hen Regeln für die Zusammense­tzung des Portfolios dieser Fonds.“Der Druck, sich „ESG“zu nennen, steigt jedenfalls, verlangt Brüssel doch, dass ab kommendem Jahr Finanzbera­ter ihre Kunden verpflicht­end danach fragen müssen, ob sie bei der Geldanlage ökologisch­e, ethische oder soziale Kriterien berücksich­tigen wollen. Dann kommt es nur noch drauf an, dass auch ESG drin steckt, wo es draufsteht.

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Foto: Shuttersto­ck Verantwort­ungsbewuss­t investiere­n: für Vermögensv­erwalter wichtiger denn je.
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