Luxemburger Wort

Ein Fest der Toleranz

Die Botschaft des Films „The Prom“gerät zwischen Pop und Konfetti beinahe in Vergessenh­eit

- Von Michael Juchmes

Das Leben eines jungen Menschen, der sich als schwul, lesbisch oder trans definiert, ist kein Zuckerschl­ecken – selbst in einem Land wie Luxemburg. Das Outing ist ein Schritt, der viel Mut erfordert, und vor Diskrimini­erung ist man auch hier nicht gefeit. Noch schwierige­r ist die Situation in Ländern oder Regionen, die stark religiös geprägt sind. Dies musste 2010 auch Schülerin Constance McMillen aus dem US-Staat Mississipp­i erfahren, die ihre Freundin zum Abschlussb­all – im Englischen „prom“genannt – ausführen wollte. Als Projekt schlägt die ebenfalls nicht gerade vom Erfolg gekrönte Tänzerin Angie Dickinson (Nicole Kidman) vor, ins ländliche Indiana zu reisen, um Schülerin Emma (Jo Ellen Pellmann) doch noch die Teilnahme an dem ihr verwehrten Abschlussb­all zu ermögliche­n.

Die Broadway-Größen müssen schnell feststelle­n, dass ihr Einsatz – und ihr effekthasc­herischer Auftritt – bei den Landeiern nicht für Begeisteru­ng sorgt. Vom Gelingen ihres eigentlich­en Plans ganz zu schweigen. Die mutige Emma nimmt das Zepter schließlic­h selbst in die Hand und wählt das Internet als Medium, um ihr Anliegen bekannt zu machen.

Das Happy End, zu dem natürlich auch Dee Dee und ihre unermüdlic­h trällernde­n Kollegen beitragen, lässt da nicht lange auf sich warten.

Den Gesangsein­lagen ist es auch zu verdanken, dass der Film trotz einer Länge von rund 130 Minuten nicht zu einer lahmen TeenagerSc­hmonzette verkommt. Vor allem die Up-tempo-Nummern und mit Akrobatik versetzten Tanz-Sequenzen schaffen es, die Zeit wie im Fluge vergehen zu lassen.

Glanzleist­ung von Meryl Streep

Meryl Streep, die in „Mamma Mia!“noch recht ungelenk über eine griechisch­e Trauminsel tanzte, legt hier einen einmaligen Auftritt hin. Sie überzeugt sowohl stimmlich als auch darsteller­isch auf ganzer Linie. Gleiches gilt für Jo Ellen Pellmann in ihrer ersten großen Hauptrolle. Sie mimt glaubhaft einen starken Teenager, der in herzerweic­henden Balladen seinen Gefühlen Ausdruck verleiht.

Ob dagegen James Corden ein Glücksgrif­f war, darf bezweifelt werden. Darsteller­isch kann er – ebenso wie Nicole Kidmann – nicht mithalten. Zudem hinterläss­t seine Verpflicht­ung einen faden Beigeschma­ck: Warum eine schwule Rolle mit einem heterosexu­ellen Darsteller besetzen? Die Kritik der LGBTQ-Community ließ nicht lange auf sich warten – schließlic­h haben es offen homosexuel­le Schauspiel­er meist schwer, überhaupt ein Engagement zu ergattern.

Dass inmitten der opulenten Tanzeinlag­en und der Diskussion­en um die Besetzung die eigentlich­e Botschaft der Geschichte – nämlich Toleranz und Akzeptanz – beinahe ins Hintertref­fen gerät, ist schade. Trotzdem lohnt es sich, „The Prom“eine Chance zu geben ... vor allem dann, wenn man ein Fan von Musicals ist.

„The Prom“ist in Luxemburg bei Streaminga­nbieter Netflix abrufbar.

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Foto: Melinda Sue Cordon/Netflix Singen sich im kunterbunt­en Musical-Film „The Prom“die Seele aus dem Leib: Broadway-Darsteller Dee Dee Allen (Meryl Streep, l.) und Barry Glickman (James Corden).

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