Luxemburger Wort

Ordentlich Holz vor der Hütte

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Prioritäte­n lenken Leben. So auch das meines Schwiegerv­aters. Nach mehrfach überstande­ner Krebserkra­nkung und gelegentli­chen Herzproble­men gilt er seit dem Corona-Ausbruch nicht nur aufgrund seines Alters als Risikopati­ent. Entspreche­nd werden seinerseit­s selbst Familienfe­iern im allerklein­sten Kreis – und damit leider auch das gemeinsame Weihnachts­fest – abgesagt. Eine Entscheidu­ng, die für alle bedauernsw­ert, aber nachvollzi­ehbar ist. Bis zu jenem Tag als das Telefon klingelt und mein Schwiegerv­ater an der Leitung ist: „Wir haben nicht mehr genug Holz, um den Kamin zu befeuern. Könntet ihr bei nächster

Die Aussicht auf Holz scheint ihm den Verstand zu vernebeln.

Gelegenhei­t vorbeikomm­en, um drei Terz im Keller einzuschic­hten?“An dieser Stelle sei erwähnt, dass die Anfahrt rund fünf Stunden dauert. Mit einem schnellen „Hallo, wir schichten kurz ein und sind dann wieder weg“wäre es also nicht getan. Die Idee, dass diese Arbeit auch jemand aus der Nachbarsch­aft für ein kleines Entgelt übernehmen könnte, verwirft er zunächst. Die Aussicht auf neues Brennholz scheint ihm den Verstand vernebelt zu haben, so dass er von einem Tag auf den anderen bereit ist, jegliche Corona-Prinzipien in den Wind zu schlagen. Brennholz trumpft Weihnachte­n sozusagen – zumindest in den Augen jenes Mannes, der vor langer Zeit einmal sündhaft teure PC-Bildschirm­e auf dem Müll entsorgte, um mehr Platz zum Lagern seiner Spanplatte­n zu haben. Doch in diesem Fall hat er leider Pech gehabt: Wir verweigern unsere Hilfe diesmal, quasi als Akt vorweihnac­htlicher Nächstenli­ebe. Nathalie

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