Der Rausch hinter Gittern
Bericht beleuchtet Drogenkonsum in Gefängnissen und liefert Verbesserungsansätze
Luxemburg. Hohe Mauern umgeben die Strafvollzugsanstalt in Schrassig und trennen die Insassen von der Außenwelt. Doch auch die Absperrungen können nicht alles zurückhalten: Drogen und Dealer, es gibt sie auch hinter den Gefängnismauern. Der Handel mit dem Verbotenen geschieht drinnen ebenso wie draußen. Ein neuer Bericht des Contrôle externe des lieux privatifs de liberté des Ombudsman gewährt einen Einblick in den Umgang mit Rauschgift innerhalb der Strafvollzugsanstalten in Schrassig und Givenich.
Die Zielsetzung war pragmatisch. „Es geht nicht darum, ein absolut drogenfreies, cleanes Gefängnis zu schaffen. Das wäre nicht realistisch“, so Ombudsman Claudia Monti gestern während der Vorstellung des Gutachtens. Vielmehr sollte anhand einer Bestandsaufnahme das Ausmaß der Problematik festgestellt und auch Wege für eine Verbesserung der Situation aufgezeigt werden.
Deutlich flagrante Missstände seien jedoch bei der Ausarbeitung des Berichtes und bei den zahlreichen geführten Gesprächen nicht festgestellt worden. Luxemburg stehe im internationalen Vergleich sogar in vielen Punkten sehr gut da. Dennoch bestehe durchaus Handlungsbedarf.
Einfacher Zugang
Je nach Gefängnisblock würden die Gefangenen in Schrassig nämlich relativ einfach an Drogen kommen. Sowohl Alkohol als auch andere Rauschmittel wären verfügbar. Unter anderem würden Besucher die Substanzen hineinschmuggeln. Der Bericht erwähnt unter anderem aber auch verschiedene Warenlieferungen in die Haftanstalt als Möglichkeit.
Während der Ausarbeitung des Berichtes seien aber auch Vorwürfe gegen Gefängniswärter laut geworden, so Claudia Monti. Weitere Untersuchungen müssen nun zeigen, ob sich diese bewahrheiten. Die Unschuldsvermutung gelte bis zu einer Verurteilung.
Im offenen Vollzug in Givenich sei die Situation eine andere. Die Bewohner hätten natürlich viel mehr Möglichkeiten, sich Drogen zu beschaffen. Vor allem die Nutzung von synthetischen Drogen, sogenanntem Spice, sei dort ein Problem. Die Wirkung dieser Substanzen sei zum Teil unvorhersehbar und könne ein gesundheitliches Risiko darstellen.
Eigene Hundestaffel ab 2023
Um die Verfügbarkeit der Drogen innerhalb der Gefängnisse zu reduzieren, müssten die Kontrollen verstärkt werden – allerdings systematisch und mit festen Regeln.
So sollten etwa Gefangene anwesend sein dürfen, wenn ihre Zelle durchsucht wird. Dies sei derzeit nicht der Fall. Das Vorhaben der Gefängnisverwaltung, eine eigene Spürhundestaffel bis 2023 zu schaffen, begrüßte Claudia Monti des Weiteren.
Bisher seien solche Kontrollen nur durch einen externen Groupe canin möglich gewesen. Aber auch Besucher und Waren sollten intensiver unter die Lupe genommen werden. In diesem Zusammenhang solle spezielle, hochmoderne Ausrüstung zum Einsatz kommen. Ein Teil dieser Geräte habe die Gefängnisverwaltung bereits angeschafft.
Innerhalb der Gefängnismauern sei die Betreuung von drogensüchtigen Straftätern bereits gut aufgestellt, neben Therapiemöglichkeiten gebe es die Möglichkeit für die Gefangenen, anonym sterile Spritzen zu bekommen. Das Projekt werde gut angenommen.
Bei Untersuchungshäftlingen sei der Handlungsspielraum für das Personal allerdings weitaus eingeschränkter. Die eigentliche Arbeit könnten sie erst nach einer rechtskräftigen Verurteilung aufnehmen. Deshalb sprechen sich die Gutachter für eine Ausdehnung der entsprechenden Befugnisse aus.
Forderung nach neuem Gericht
Zu einer besseren Situation in den Gefängnissen könnte aber auch ein anderer Umgang der Gerichte mit drogenabhängigen Personen führen. Die Drogensucht solle in den Urteilen berücksichtigt werden und die Richter, wenn es die Umstände erlauben, vermehrt Bewährungsstrafen mit Therapieauflagen sprechen.
Der Bericht fordert ebenfalls die Schaffung eines neuen Gerichts, dass sich nur mit Strafsachen in Zusammenhang mit Drogen beschäftigt. Drogenabhängige würden unter einer Krankheit leiden, ein spezialisiertes Gericht könne besser auf die Bedürfnisse der Betroffenen eingehen.
Auch nach dem Ende der Gefängnisstrafe dürften die Straftäter nicht im Stich gelassen werden. Problematisch sei unter anderem, dass viele der ehemaligen Insassen nach ihrer Entlassung auf einen Schlag keine Sozialversicherung mehr hätten, sobald sie das Gefängnis verlassen.
Diese Personen seien allerdings weiterhin auf Betreuung angewiesen. Ohne sie sei ein Rückfall in die Drogensucht wahrscheinlich und damit unter Umständen die im Gefängnis unternommen Anstrengungen „fir d'Kaz“, so Claudia Monti.
Der Bericht umfasst rund 140 Seiten und ist online einsehbar.