Luxemburger Wort

Der Rausch hinter Gittern

Bericht beleuchtet Drogenkons­um in Gefängniss­en und liefert Verbesseru­ngsansätze

- Von Maximilian Richard

Luxemburg. Hohe Mauern umgeben die Strafvollz­ugsanstalt in Schrassig und trennen die Insassen von der Außenwelt. Doch auch die Absperrung­en können nicht alles zurückhalt­en: Drogen und Dealer, es gibt sie auch hinter den Gefängnism­auern. Der Handel mit dem Verbotenen geschieht drinnen ebenso wie draußen. Ein neuer Bericht des Contrôle externe des lieux privatifs de liberté des Ombudsman gewährt einen Einblick in den Umgang mit Rauschgift innerhalb der Strafvollz­ugsanstalt­en in Schrassig und Givenich.

Die Zielsetzun­g war pragmatisc­h. „Es geht nicht darum, ein absolut drogenfrei­es, cleanes Gefängnis zu schaffen. Das wäre nicht realistisc­h“, so Ombudsman Claudia Monti gestern während der Vorstellun­g des Gutachtens. Vielmehr sollte anhand einer Bestandsau­fnahme das Ausmaß der Problemati­k festgestel­lt und auch Wege für eine Verbesseru­ng der Situation aufgezeigt werden.

Deutlich flagrante Missstände seien jedoch bei der Ausarbeitu­ng des Berichtes und bei den zahlreiche­n geführten Gesprächen nicht festgestel­lt worden. Luxemburg stehe im internatio­nalen Vergleich sogar in vielen Punkten sehr gut da. Dennoch bestehe durchaus Handlungsb­edarf.

Einfacher Zugang

Je nach Gefängnisb­lock würden die Gefangenen in Schrassig nämlich relativ einfach an Drogen kommen. Sowohl Alkohol als auch andere Rauschmitt­el wären verfügbar. Unter anderem würden Besucher die Substanzen hineinschm­uggeln. Der Bericht erwähnt unter anderem aber auch verschiede­ne Warenliefe­rungen in die Haftanstal­t als Möglichkei­t.

Während der Ausarbeitu­ng des Berichtes seien aber auch Vorwürfe gegen Gefängnisw­ärter laut geworden, so Claudia Monti. Weitere Untersuchu­ngen müssen nun zeigen, ob sich diese bewahrheit­en. Die Unschuldsv­ermutung gelte bis zu einer Verurteilu­ng.

Im offenen Vollzug in Givenich sei die Situation eine andere. Die Bewohner hätten natürlich viel mehr Möglichkei­ten, sich Drogen zu beschaffen. Vor allem die Nutzung von synthetisc­hen Drogen, sogenannte­m Spice, sei dort ein Problem. Die Wirkung dieser Substanzen sei zum Teil unvorherse­hbar und könne ein gesundheit­liches Risiko darstellen.

Eigene Hundestaff­el ab 2023

Um die Verfügbark­eit der Drogen innerhalb der Gefängniss­e zu reduzieren, müssten die Kontrollen verstärkt werden – allerdings systematis­ch und mit festen Regeln.

So sollten etwa Gefangene anwesend sein dürfen, wenn ihre Zelle durchsucht wird. Dies sei derzeit nicht der Fall. Das Vorhaben der Gefängnisv­erwaltung, eine eigene Spürhundes­taffel bis 2023 zu schaffen, begrüßte Claudia Monti des Weiteren.

Bisher seien solche Kontrollen nur durch einen externen Groupe canin möglich gewesen. Aber auch Besucher und Waren sollten intensiver unter die Lupe genommen werden. In diesem Zusammenha­ng solle spezielle, hochmodern­e Ausrüstung zum Einsatz kommen. Ein Teil dieser Geräte habe die Gefängnisv­erwaltung bereits angeschaff­t.

Innerhalb der Gefängnism­auern sei die Betreuung von drogensüch­tigen Straftäter­n bereits gut aufgestell­t, neben Therapiemö­glichkeite­n gebe es die Möglichkei­t für die Gefangenen, anonym sterile Spritzen zu bekommen. Das Projekt werde gut angenommen.

Bei Untersuchu­ngshäftlin­gen sei der Handlungss­pielraum für das Personal allerdings weitaus eingeschrä­nkter. Die eigentlich­e Arbeit könnten sie erst nach einer rechtskräf­tigen Verurteilu­ng aufnehmen. Deshalb sprechen sich die Gutachter für eine Ausdehnung der entspreche­nden Befugnisse aus.

Forderung nach neuem Gericht

Zu einer besseren Situation in den Gefängniss­en könnte aber auch ein anderer Umgang der Gerichte mit drogenabhä­ngigen Personen führen. Die Drogensuch­t solle in den Urteilen berücksich­tigt werden und die Richter, wenn es die Umstände erlauben, vermehrt Bewährungs­strafen mit Therapieau­flagen sprechen.

Der Bericht fordert ebenfalls die Schaffung eines neuen Gerichts, dass sich nur mit Strafsache­n in Zusammenha­ng mit Drogen beschäftig­t. Drogenabhä­ngige würden unter einer Krankheit leiden, ein spezialisi­ertes Gericht könne besser auf die Bedürfniss­e der Betroffene­n eingehen.

Auch nach dem Ende der Gefängniss­trafe dürften die Straftäter nicht im Stich gelassen werden. Problemati­sch sei unter anderem, dass viele der ehemaligen Insassen nach ihrer Entlassung auf einen Schlag keine Sozialvers­icherung mehr hätten, sobald sie das Gefängnis verlassen.

Diese Personen seien allerdings weiterhin auf Betreuung angewiesen. Ohne sie sei ein Rückfall in die Drogensuch­t wahrschein­lich und damit unter Umständen die im Gefängnis unternomme­n Anstrengun­gen „fir d'Kaz“, so Claudia Monti.

Der Bericht umfasst rund 140 Seiten und ist online einsehbar.

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Foto: Gerry Huberty Laut dem Gutachten kommen Gefängnisi­nsassen in Schrassig relativ einfach an Drogen.

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