Vom Hasen auf den Menschen
Abbes, ein siebenjähriger, kastrierter Zwergwidder, hatte über seinen ganzen Rücken verteilt, genau über der Wirbelsäule, einen zweifingerbreiten Streifen haarlose, mit dichten Schuppen bedeckte, rötlich verfärbte Haut. Da an seiner Lebenspartnerin Bibi anfangs nichts zu sehen war, vermutete man, das Böckchen leide unter einer individuellen Unverträglichkeit gegenüber einer der Futteroder Streupflanzen. Aber auch die Umstellung auf Alleinfutter für empfindliche Kaninchen und Einstreu aus Biohobelspänen brachte keine Besserung. Als dann die kleine Zibbe auch anfing, schuppig veränderte Stellen am Rücken aufzuweisen, und das jüngste
Kind der Familie, das besonders gerne mit den Tierchen kuschelte, auf einmal zwei kreisrunde rote Flecken am Hals hatte, wurden Abbes und Bibi zur Sprechstunde gebracht. Unter dem Licht einer speziellen Diagnostikleuchte, mit der Hautveränderungen mit UVLicht angestrahlt werden, leuchteten die veränderten Gebiete typisch grüngelb fluoreszierend auf, ein Zeichen für eine Erkrankung mit dem auch für Menschen ansteckenden Hautpilz Trichophyton mentagrophytes. Zur definitiven Abklärung wurde eine Probe von Haut und Haaren ins Labor geschickt, das die Pilzdiagnose mittels Schnellanalyse bestätigte. An der Haut vieler Kaninchen finden sich Pilzsporen, ohne dass es zu Symptomen kommt. Wenn das Immunsystem der Tiere durch Stress beeinträchtigt wird – hier war es wahrscheinlich ein Umzug und die damit verbundene Umstellung von Außenhaltung auf ein Leben in der Garage –, breitet sich der Hautpilz plötzlich aus. Und das erst neuerdings häufige Herumtragen und Kuscheln durch die Kinder hatten die scheuen Tiere wahrscheinlich vollends aus dem Gleichgewicht gebracht. Die veränderten Hautareale wurden mit Schwarzkümmelöl und Calendulatinktur behandelt. Bei Abbes wurde zusätzlich noch Enilkonazol, ein bewährtes Mittel der klassischen Schultiermedizin bei Pilzbefall, lokal aufgetragen. Zuckerund stärkereiche Futtermittel wie Obst, Trockenfutter und Knollengemüse wurden zugunsten von blättrigem, krautigem Futter und Heu aus ihrer Ernährung gestrichen. Alle Maßnahmen wurden bis zwei Wochen nach der augenscheinlichen Abheilung beibehalten, da der Pilz sonst wahrscheinlich zurückgekehrt wäre.