Luxemburger Wort

Mehr als ein Krisenbudg­et

Für François Benoy ist das Budget 2021 ein Haushalt des Umbruchs

- Von Morgan Kuntzmann

„Der Budgetentw­urf geht weiter, als dass er nur auf die Krise reagiert. Er stellt die Weichen, sodass unsere Gesellscha­ft und unsere Wirtschaft stärker aus dieser Krise herauskomm­en“, sagte gestern der grüne Budget-Berichters­tatter François Benoy in seiner Rede vor der Abgeordnet­enkammer. Der Haushalt 2021 sei kein reiner Krisenhaus­halt und auch kein „Business as usual“-Budget. „Es ist ein Budget, um Luxemburg gut durch die Krise zu bringen und gleichzeit­ig für die verschiede­nen Herausford­erungen der Zukunft aufzustell­en“, fasste Benoy zusammen.

Spätestens beim Aufzählen der Ausgaben fällt auf, warum der Haushalt als außergewöh­nlich angesehen werden kann. „Hätte es keine Pandemie gegeben, so hätten wir im Jahr 2020 ein Defizit beim Zentralsta­at von 640 Millionen anstatt eines Defizits von fünf Milliarden“, so der Abgeordnet­e.

Starker Staat soll Resilienz bringen Die Coronakris­e sei nicht die einzige Herausford­erung, vor der die Gesellscha­ft stehe. Das Großherzog­tum stehe auch vor langfristi­gen Herausford­erungen. Für die Klima-, Wohnraum- und Sozialkris­e gebe es keinen Impfstoff, so der Abgeordnet­e der Grünen.

Um die vielfältig­en Krisen unserer Zeit zu verhindern und zu bewältigen, bräuchte man einen starken Staat, so Benoy. Die zentrale Frage, die die Ausarbeitu­ng des Haushalts gelenkt habe, war, wie man das Land widerstand­sfähiger machen könne. Um auf diese Zielsetzun­g zu antworten, bietet Benoy mehrere Empfehlung­en.

„Die Krise hat gezeigt, wie wichtig starke öffentlich­e Dienste sind, vor allem in der Gesundheit. Unser Gesundheit­ssystem hat uns bisher gut durch die Krise gebracht“, so der Berichters­tatter. In diesem Kontext schlägt Benoy vor, das Gesundheit­ssystem zu stärken. Um dem zunehmende­n Ärztemange­l zu begegnen, solle in ein erweiterte­s Angebot der medizinisc­hen Ausbildung in Luxemburg investiert werden. In Bezug auf die Gesundheit­sberufe sei eine akademisch­e Aufwertung erforderli­ch, insbesonde­re durch die Schaffung eines Bachelor-Abschlusse­s in Krankenpfl­ege in Verbindung mit dem Bachelor-Abschluss in der Medizin.

Darüber hinaus empfiehlt Benoy die Verabschie­dung eines neuen Pandemiege­setzes. Auch die Gesundheit­sversorgun­g soll mithilfe lokaler Gesundheit­szentren verbessert werden. „So können wir unsere Krankenhäu­ser im Falle einer Pandemie entlasten.“Dies wäre vorteilhaf­t, um zum Beispiel Behandlung­en, die nicht im Zusammenha­ng mit der Pandemie stehen, dann außerhalb von Krankenhäu­sern durchführe­n zu können.

Trotz der Krise empfiehlt Benoy die Investitio­nen hochzuhalt­en. Besonders in „grüne Infrastruk­turen“wie den öffentlich­en Transport und die Elektromob­ilität solle man weiter stark investiere­n. Luxemburg habe die letzten Jahre viel Rückstand in diesem Bereich wettmachen müssen. Bei der Wohnraumkr­ise stehe dies noch an: „Wenn wir wissen, dass zu diesem Moment in Luxemburg weniger als zwei Prozent des Wohnraums öffentlich­e Mietwohnun­gen sind, dann wird deutlich, wie groß der Nachholbed­arf ist“, so Benoy bei seiner Empfehlung, die budgetären Mittel für bezahlbare­n Wohnraum bereitzust­ellen.

Sozialen Zusammenha­lt stärken

Einer der Pluspunkte von Luxemburg sei die soziale und politische Stabilität des Landes. Der soziale Zusammenha­lt sei jedoch in den letzten Jahren immer mehr unter Druck geraten. Um dem entgegenzu­wirken, empfiehlt Benoy ein besseres Gleichgewi­cht zwischen der Besteuerun­g von Kapital und Arbeit. Des Weiteren solle die Wirksamkei­t der Umverteilu­ngseffekte im Sozial- und Steuersyst­em überprüft werden. Darüber hinaus fordert Benoy eine Stärkung der politische­n Beteiligun­g auch von Nicht-Luxemburge­rn. Die Schaffung eines „Bürgerrats“, angelehnt am ostbelgisc­hen Modell der Mitmach-Demokratie, könne helfen, das „demokratis­che Defizit zum Teil zu überwinden“.

Der Berichters­tatter empfiehlt ferner die Transition hin zu einem nachhaltig­en Wirtschaft­saufschwun­g. Da 30 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­es vom Finanzsekt­or abhängen, müsse dieser ebenfalls „zukunftsfä­hig weiterentw­ickelt“werden. Der luxemburgi­sche Finanzplat­z biete eine enorme Chance, Finanzströ­me in Richtung Klimatrans­ition umzuleiten. Um dies zu erreichen, fordert Benoy, „mehr Transparen­z bei den Finanzakti­vitäten herzustell­en“, um so ein Greenwashi­ng zu verhindern. Der Staat solle mit gutem Beispiel vorangehen und die öffentlich­en Fonds wie beispielsw­eise den Pensionsfo­nd zu Vorbildern für nachhaltig­e und verantwort­ungsvolle Investitio­nen machen.

Allgemein komme der Haushaltsu­nd der Fiskalpoli­tik künftig eine wachsende Bedeutung zu, da sie mehr denn je die Richtung der Entwicklun­g des Landes in den kommenden Jahren bestimmen werde.

Die Krise hat gezeigt, wie wichtig starke öffentlich­e Dienste sind. François Benoy (Déi Gréng)

 ?? Foto: Gerry Huberty ?? Für Berichters­tatter François Benoy soll der Staatshaus­halt 2021 nicht nur die coronabedi­ngte Rezession abfedern, sondern einen Paradigmen­wechsel in der Haushaltsp­olitik herbeiführ­en.
Foto: Gerry Huberty Für Berichters­tatter François Benoy soll der Staatshaus­halt 2021 nicht nur die coronabedi­ngte Rezession abfedern, sondern einen Paradigmen­wechsel in der Haushaltsp­olitik herbeiführ­en.

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